Sechs Jahre nach Entstehung des Nordatlantikpaktes wurde die Bundeswehr in den Kreis des Atlantischen Bündnisses aufgenommen: Der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur NATONorth Atlantic Treaty Organization fand vor rund 65 Jahren statt. Diese internationale Allianz zur kollektiven Verteidigung trug, neben effektiver Abschreckung und Friedenssicherung bis zum Ende des Ost-West-Konfliktes, dazu bei, dass vor allem die europäischen Mitgliedsstaaten ein freundschaftliches Verhältnis entwickelten. Doch auch heute ist der Zusammenhalt der North Atlantic Treaty Organization enorm wichtig. Denn die Welt ist nach wie vor nicht frei von Konflikten.
Im Namen [...] des deutschen Volkes möchte ich den im Nordatlantikrat vertretenen Mächten unsere Dankbarkeit dafür zum Ausdruck bringen, dass sie Deutschland auf den Weg geleitet haben, der schließlich zur Aufnahme in diese Gemeinschaft der Nationen der freien Welt führte und zugleich auch dafür, dass sie sich der Erreichung unseres Zieles angeschlossen haben: der Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit.Konrad Adenauer,
Vor rund 65 Jahren, am 6. Mai 1955, wird die Bundesrepublik Deutschland offiziell in die NATONorth Atlantic Treaty Organization aufgenommen. Der Ostblock reagiert wenige Tage später mit der Gründung des Warschauer Paktes. Im geteilten Deutschland beginnt der offizielle Aufbau von Streitkräften. Die Gegensätze zwischen Ost und West werden zementiert, die Lösung der deutschen Frage verschwindet für Jahrzehnte von der Tagesordnung.
Zuvor scheitert Ende August 1954 der Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVGEuropäische Verteidigungsgemeinschaft) in der französischen Nationalversammlung. Dadurch wird in der jungen Bundesrepublik das Besatzungsrecht beibehalten und der geplanten Wiederbewaffnung droht das Aus. Dabei sind vor allem die USA und Großbritannien an einem deutschen Beitrag zur Verteidigung des Westens interessiert.
Die Westmächte suchen mit der Bundesregierung unter Konrad Adenauer einen Ausweg und berufen dazu im Herbst 1954 die Londoner Neun-Mächte-Konferenz ein. Belgien, Großbritannien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande und die Bundesrepublik sowie Kanada und die USA verhandeln über eine Lösung. Sie findet sich in der Schlussakte der Konferenz vom 3. Oktober wieder: Westdeutschland wird eingeladen, der NATONorth Atlantic Treaty Organization beizutreten. Die Bundesrepublik erkennt in London die Charta der Vereinten Nationen an und verzichtet damit insbesondere auf Gewalt in der Außenpolitik. Auf die Übereinkunft folgen am 23. Oktober die Pariser Verträge, mit denen Bundeskanzler Adenauer unter anderem die Aufhebung des Besatzungsstatutes erreicht. Der junge westdeutsche Staat kann seine Angelegenheiten nun bald selbst regeln und vollzieht seine ersten Schritte in die neu gewonnene Souveränität.
Alliierte Vorbehalte bleiben allerdings mit den Notstandsrechten (bis 1968) und für „Deutschland als Ganzes“. Die Beziehungen zu den Westmächten werden im Deutschland-Vertrag geregelt. Weitere Dokumente gelten der deutschen Truppenstärke, dem Saar-Statut, finanziellen Regelungen und Stationierungsfragen sowie dem Verzicht auf die Herstellung atomarer, biologischer und chemischer Waffen.
Mit der Aufnahme in die Allianz werden die Voraussetzungen für die Wiederbewaffnung geschaffen und die aufzubauenden deutschen Streitkräfte der NATONorth Atlantic Treaty Organization assigniert. Die Kontrolle der Aufrüstung übernimmt die neue Westeuropäische Union (WEUWesteuropäische Union). Auch die Bundesrepublik gehört zu dieser Organisation, die 1948 als „Brüsseler Pakt“ zum Schutz gegen eine erneute deutsche Aggression gegründet wurde.
Die Pariser Verträge sind in Westdeutschland heftig umstritten. Zum ersten Mal seit Gründung der Bundesrepublik 1949 bildet sich eine außerparlamentarische Initiative. Der Widerstand kommt vor allem aus der SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands, den Gewerkschaften und der evangelischen Kirche. Die Angst vor einem Wiedererstarken des deutschen Militarismus geht schon seit den EVGEuropäische Verteidigungsgemeinschaft-Verträgen um. Viele Gegner fürchten die Zuspitzung des Ost-West-Konfliktes und lehnen eine Wiederbewaffnung im Hinblick auf die ungelöste deutsche Frage rigoros ab. Konrad Adenauer wird in seinen Erinnerungen auf diese schwierigste Periode seiner Amtszeit feststellen, dass der Gedanke einen Verteidigungsbeitrag in Europa leisten zu wollen „im deutschen Volk sehr unpopulär“ gewesen sei.
Die Bundesregierung setzt sich trotz der Proteste durch. Das Vertragswerk wird am 27. Februar 1955 vom Bundestag mit 314 gegen 157 Stimmen bei zwei Enthaltungen verabschiedet. Es tritt am 5. Mai in Kraft. Adenauer verkündet voller Freude: „Heute, fast zehn Jahre nach dem politischen und militärischen Zusammenbruch des Nationalsozialismus, endet für die Bundesrepublik Deutschland die Besatzungszeit.“ Am 9. Mai weht vor dem Pariser NATONorth Atlantic Treaty Organization-Hauptquartier im Palais de Chaillot erstmals die schwarz-rot-goldene Fahne, eine britische Militärkapelle spielt das Deutschlandlied. Die Bundesrepublik wird als 15. Mitglied nun feierlich in die nordatlantische Verteidigungsallianz aufgenommen und Adenauer nutzt die Gelegenheit, um die Politik der neuen Verbündeten zu würdigen. „Im Namen ... des deutschen Volkes“, führt der Kanzler aus, „möchte ich den im Nordatlantikrat vertretenen Mächten unsere Dankbarkeit dafür zum Ausdruck bringen, dass sie Deutschland auf den Weg geleitet haben, der schließlich zur Aufnahme in diese Gemeinschaft der Nationen der freien Welt führte und zugleich auch dafür, dass sie sich der Erreichung unseres Zieles angeschlossen haben: der Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit.“
Mit der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Mitgliedschaft der Bundesrepublik schließt sich die Front gegen die kommunistischen Staaten in Westeuropa. Die Sowjetunion macht ihre Ankündigungen wahr und schafft in ihrem osteuropäischen Vorfeld neue Sicherheitsstrukturen. Dazu beschließen die Ostblockstaaten in Warschau am 14. Mai ein eigenes Paktsystem. Die DDR wird zunächst nur als politisches Mitglied aufgenommen. Der Kreml will damit deutlich machen, wer durch seine Vertragspolitik eine mögliche Lösung der Deutschlandfrage in Frage stellt: die Bundesrepublik und ihre Verbündeten. Doch die Beteuerungen aus Moskau und Ost-Berlin sind nicht mehr als Lippenbekenntnisse, die Eigenständigkeit der DDR steht nicht zur Debatte. Die in Ostdeutschland erzielten Fortschritte im Sozialismus gelten als unumkehrbar.
Die Annäherung der beiden deutschen Staaten ist nach Ansicht der sozialistischen Machthaber zukünftig nur noch durch direkte deutsch-deutsche Verhandlungen möglich. Der Verlauf der Geschichte macht dies jedoch für Jahrzehnte zur Illusion. Der eiserne Vorhang zwischen den beiden Machtblöcken wird immer dichter. Bundesrepublik und DDR entfernen sich weit voneinander.
Die Wiedervereinigung wird erst durch die Wende 1989 möglich. Die Verteidigungs- und Wertegemeinschaft NATONorth Atlantic Treaty Organization überlebt den 1991 aufgelösten Warschauer Pakt. Heute, 65 Jahre nach Aufnahme der Bundesrepublik, ist das geeinte Deutschland nach wie vor fest in der nordatlantischen Allianz verankert.
Bilder sprechen mehr als tausend Worte – vor allem, wenn sie bewegt sind. Die Redaktion der Bundeswehr erzählt daher die 65-jährige Geschichte Deutschlands innerhalb der NATONorth Atlantic Treaty Organization in einem Videobeitrag.
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