Die EUEuropäische Union-Verteidigungsinitiative „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“, kurz PESCOPermanent Structured Cooperation (Permanent Structured Cooperation), bildete 2017 einen wesentlichen Schritt hin zu einer weitgehend gemeinsamen Verteidigungspolitik der EUEuropäische Union. PESCOPermanent Structured Cooperation setzt einen auf Freiwilligkeit basierenden Rahmen zur gemeinsamen Planung und Entwicklung kollaborativer Fähigkeiten sowie zur Verbesserung der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte Europas.
Mit PESCOPermanent Structured Cooperation gehen die teilnehmenden Mitgliedstaaten verbindliche Verpflichtungen in den Bereichen Verteidigungsausgaben, Planung und Harmonisierung, operative Zusammenarbeit, gemeinsame Behebung von Fähigkeitsdefiziten und Stärkung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ein. Was PESCOPermanent Structured Cooperation von anderen Formen der Zusammenarbeit unterscheidet, ist die Rechtsverbindlichkeit dieser Verpflichtungen.
Zudem bietet PESCOPermanent Structured Cooperation den Mitgliedstaaten einen Rahmen, bei Projekten gemeinsam Fähigkeiten zu planen und zu entwickeln. Diese dienen unter anderem zur Unterstützung der Operationen und Missionen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik). Seit 2017 wurden unterschiedliche Projekte gestartet. Mittlerweile gibt es über 60 laufende Projekte – einige Projekte wurden bereits erfolgreich abgeschlossen.
PESCOPermanent Structured Cooperation stellt einen bedeutenden Schritt für die europäische Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit und Verteidigung dar, da erstmalig verbindlich Absprachen getroffen wurden. PESCOPermanent Structured Cooperation ist eine der wichtigsten Verteidigungsinitiativen der EUEuropäische Union und wurde in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. 26 EUEuropäische Union-Mitgliedstaaten beteiligen sich an ihr und den Projekten, mit denen die Verpflichtungen umgesetzt werden. Eine Auswahl der Projekte, die Deutschland koordiniert oder an welchen Deutschland teilnimmt beziehungsweise teilgenommen hat, finden Sie hier:
Für „Permanent Structured Cooperation“, also die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ von EUEuropäische Union-Mitgliedstaaten im Bereich der Sicherheit und Verteidigung.
An PESCOPermanent Structured Cooperation beteiligen sich 26 der 27 EUEuropäische Union-Mitgliedsstaaten. Malta hat aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken eine Teilnahme bislang abgelehnt. Seit dem Referendum 2022 zum Beitritt in die „Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ (GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik) der EUEuropäische Union kann sich auch Dänemark an PESCOPermanent Structured Cooperation-Projekten beteiligen. Auch Staaten, die nicht EUEuropäische Union-Mitglieder sind, können an einzelnen Projekten teilnehmen.
Die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit beruht auf den Artikeln 42.6 und 46 des Vertrages über die Europäische Union, kurz EUEuropäische Union-Vertrag (EUVVertrag über die Europäische Union), und dem dazugehörigen Protokoll Nummer 10, die sich mit der GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EUEuropäische Union beschäftigen.
Die EUEuropäische Union soll in einem sicherheitspolitischen Umfeld handlungsfähig bleiben, das sich insbesondere seit 2014 (russische Annexion der Krim) und 2022 (russischer Angriffskrieg auf die Ukraine) nochmals verschärft hat. Ein Instrument in dem breiten zivil-militärischen Instrumentenkasten der EUEuropäische Union ist das Militär. Derzeit bestehen in Europa allerdings noch zu viele Doppelungen und Fragmentierungen in der Rüstungsindustrie. Das ist teuer und ineffektiv. Die europäischen Streitkräfte sollen deshalb organisatorisch und in Bezug auf Ausrüstung kompatibler gemacht werden, damit sie gemeinsam besser sicherheits- und verteidigungspolitische Verantwortung übernehmen können. Mehrfachstrukturen sollen abgebaut und Bürokratie auf das Nötigste beschränkt werden. PESCOPermanent Structured Cooperation ist dabei eng mit weiteren Initiativen wie dem Europäischen Verteidigungsfonds (EVFEuropäische Verteidigungsfonds) und der Koordinierten Jährlichen Überprüfung der Verteidigung CARDCoordinated Annual Review on Defence (Coordinated Annual Review on Defence) verknüpft.
Die PESCOPermanent Structured Cooperation-Staaten haben sich auf 20 verbindliche Verpflichtungen geeinigt, unter anderem darauf, ihre Verteidigungsfähigkeiten dauerhaft weiterzuentwickeln – zum Beispiel durch die Teilnahme an Kooperationsprogrammen der Europäischen Verteidigungsagentur (EDAEuropäische Verteidigungsagentur). Daneben müssen sie in der Lage sein, militärische Einheiten für multinationale Einsätze stellen zu können. Das Engagement der PESCOPermanent Structured Cooperation-Mitglieder wird durch den Hohen Vertreter beziehungsweise die Hohe Vertreterin der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik mit Unterstützung des PESCOPermanent Structured Cooperation-Sekretariats jährlich ausgewertet. Die Basis hierfür bilden unter anderem die Nationalen Implementierungspläne (NIP), die die PESCOPermanent Structured Cooperation-Mitglieder jährlich vorlegen, um über ihre Fortschritte in der Umsetzung der 20 verbindlichen Verpflichtungen zu berichten.
Die Unterzeichner der PESCOPermanent Structured Cooperation-Vereinbarung haben sich unter anderem verpflichtet, ihren Verteidigungshaushalt regelmäßig zu erhöhen um die gemeinsamen Ziele zu erreichen und Investitionsausgaben für Verteidigungsgüter schrittweise auf 20 Prozent zu steigern. Zudem sollen zwei Prozent der Verteidigungsbudgets in Forschung investiert werden. Darüber hinaus sind sich die Unterzeichner zum Beispiel einig, die gemeinsame Nutzung bestehender Fähigkeiten zu verbessern und die Interoperabilität der EUEuropäische Union-Battlegroups weiter zu erhöhen. Vor dem Hintergrund der Erhöhung der Interoperabilität haben sich die teilnehmenden Staaten auch zur Einhaltung von NATONorth Atlantic Treaty Organization-Standards verpflichtet.
Politische Richtungsentscheidungen werden durch den Rat für Auswärtige Angelegenheiten im Format der an der PESCOPermanent Structured Cooperation teilnehmenden Mitgliedsstaaten getroffen. Umgesetzt werden diese Entscheidungen durch die EUEuropäische Union-Institutionen sowie auf der Projektebene durch die an den Projekten beteiligten Mitgliedstaaten. Diese behalten die volle Souveränität über ihre Streitkräfte. Die Zusammenarbeit wird durch EUEuropäische Union-Institutionen unterstützt. Jedes der Projekte wird von einer unterschiedlichen Gruppe von PESCOPermanent Structured Cooperation-Mitgliedstaaten vorangetrieben und von einem oder mehreren PESCOPermanent Structured Cooperation-Mitgliedstaaten koordiniert. Die Projektmitglieder können untereinander vereinbaren, anderen Mitgliedstaaten den Beitritt als Projektmitglieder oder als Beobachter zu gestatten.
In fünf Projektrunden wurden bislang über 70 PESCOPermanent Structured Cooperation-Projekte beschlossen. Insgesamt dienen sie dazu, die von der Europäischen Verteidigungsagentur identifizierten Fähigkeitslücken zu schließen und damit die Handlungsfähigkeit der EUEuropäische Union zu stärken. Das Spektrum reicht von der Entwicklung von Unterwasserdrohnen zur Seeminenbekämpfung über den Aufbau eines Katastrophenschutzzentrums bis hin zur Entwicklung eines Schutzsystems für Häfen und Seewege. Kern der Projekte ist, dass die EUEuropäische Union und ihre Mitgliedstaaten in Operationen und Missionen erfolgreich (miteinander) agieren können. Grundvoraussetzung dafür sind gemeinsame Fähigkeiten, Interoperabilität, gleiche Standards, Ausbildung und vor allem: Vertrauen. Alles dies soll durch die PESCOPermanent Structured Cooperation-Projekte und die Zusammenarbeit in diesem Rahmen gefördert werden.
Für jedes PESCOPermanent Structured Cooperation-Projekt hat ein teilnehmender Mitgliedstaat die Koordination übernommen. Mehrere PESCOPermanent Structured Cooperation-Projekte werden derzeit von Deutschland koordiniert. Gemeinsam mit den Niederlanden und weiteren Projektpartnern wird zum Beispiel an der Verbesserung der militärischen Mobilität in Europa gearbeitet, um Truppen und Material schneller an ihren Bestimmungsort bringen zu können. Dazu gehört auch die Entwicklung eines Netzwerks von Logistik-Knotenpunkten (Logistic Hubs).
Darüber hinaus hat Deutschland die Koordination für die Verbesserung der geographischen, meteorologischen und ozeanografischen Informationsunterstützung GeoMETOCGeo-Meteorological and Oceanographic (Geo-Meteorological and Oceanographic) von Missionen und Operationen sowie für die Entwicklung der Kooperation zu Betrieb und Nutzung der Eurodrohne übernommen. Außerdem hat Deutschland in seiner koordinierenden Funktion den Aufbau eines Zentrums CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre (Cyber and Information Domain Coordination Centre) für die Koordination des Informationsaustausches in den Bereichen Cyber und ITInformationstechnik maßgeblich vorangebracht.
Das Projekt zur Koordination der Ausbildung von Soldaten für EUEuropäische Union-Trainingsmissionen (European Union Training Mission Competence Centre) konnte inzwischen abgeschlossen werden. Ebenso wurden der Aufbau eines Europäischen Sanitätskommandos EMCEuropean Medical Command (European Medical Command) und das Projekt zur Verbesserung der Krisenreaktionsfähigkeit der EUEuropäische Union-Mitgliedsstaaten EUFOR CROCEuropean Forces Crisis Response Operation Core (European Union Force Crisis Response Operation Core) erfolgreich abgeschlossen.
Die militärische Zusammenarbeit der EUEuropäische Union-Mitglieder ergänzt jene im nordatlantischen Verteidigungsvertrag NATONorth Atlantic Treaty Organization. Die beiden Organisationen stehen nicht in Konkurrenz zueinander. Vielmehr profitiert auch die NATONorth Atlantic Treaty Organization von einer handlungsfähigeren EUEuropäische Union, deren alliierte Mitglieder eine militärisch starke europäische Säule in der transatlantischen Allianz bilden und mehr internationale Verantwortung übernehmen.
Eigenständige europäische Handlungsfähigkeit ist zunehmend Voraussetzung für die Sicherheit Deutschlands und Europas. Dazu gehören moderne, leistungsfähige Streitkräfte der EUEuropäische Union-Mitgliedstaaten ebenso wie eine leistungs- und international wettbewerbsfähige europäische Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, die Grundlagen der militärischen Fähigkeiten der Streitkräfte schafft.Nationale Sicherheitsstrategie
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