Das Weißbuch ist das oberste sicherheits- und verteidigungspolitische Grundlagendokument der Bundesregierung. An seine Stelle tritt jedoch nach ihrer Fertigstellung die erste deutsche Nationale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung. Bis dahin formuliert das Weißbuch das sicherheitspolitische Programm für die nächsten Jahre. Es stellt Grundzüge, Ziele und Rahmenbedingungen deutscher Sicherheitspolitik, die Lage der Bundeswehr und Vorgaben für die Streitkräfte dar. Bis zur Fertigstellung der ersten deutschen Nationalen Sicherheitsstrategie steht das Weißbuch in der Hierarchie sicherheitspolitischer Grundlagendokumente an oberster Stelle, gefolgt von den Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPRVerteidigungspolitische Richtlinien).
Das vorherige Weißbuch wurde im Jahre 2006 veröffentlicht. Seither haben sich die nationalen und internationalen Rahmenbedingungen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik grundlegend verändert. Die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nannte bei ihrer Ankündigung des neuen Weißbuchs in diesem Zusammenhang konkrete Beispiele: Sie spannte in diesem Zusammenhang den Bogen von der Aussetzung der Wehrpflicht bis zur Neuausrichtung der Bundeswehr, von den Bedrohungen aus dem Cyber-Raum bis zur hybriden Kriegsführung und vom Terror des IS„Islamischer Staat“ bis zu Ebola. Sie erwähnte den Arabischen Frühling und die revisionistische Machtpolitik des Kremls; sie wies auf das strategische Konzept der NATONorth Atlantic Treaty Organization ebenso hin wie auf die Ambitionen der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Das Weißbuch ist von zentraler Bedeutung, da es verbindliche politische Vorgaben für die Ausgestaltung und Schwerpunktsetzung der militärischen Fähigkeiten der Bundeswehr macht. Dieser Zusammenhang wird bereits im Titel deutlich: „Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“.
Beim Weißbuch geht es „um den Beitrag der Bundeswehr zum Gesamtkonzept der Bundesregierung für die Sicherheit unseres Landes“, sagte die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen dazu bei der Bundeswehrtagung im Oktober 2014 in Strausberg. Weißbücher hat es in der deutschen Geschichte in unregelmäßigen Abständen immer wieder gegeben.
Das nun vorgelegte Partizipationsangebot des Bundesministeriums der Verteidigung als federführendem Ressort hat es bisher in Deutschland noch nicht gegeben. Diese breite Beteiligung am Erstellungsprozess entspricht einem modernen Strategieverständnis. Auch andere Staaten wie Großbritannien und Frankreich beziehen in die Erarbeitung ihrer sicherheitspolitischen Grundlagendokumente zahlreiche Akteure mit ein. Neben der ressortübergreifenden Zusammenarbeit und der Expertenbeteiligung kann sich auch die Öffentlichkeit mit Ideen und Impulsen einbringen.
Bisher sind in Deutschland zehn Weißbücher erschienen, das erste im Jahr 1969 unter dem damaligen Verteidigungsminister Gerhard Schröder. Damals trug es den Titel „Weißbuch zur Verteidigungspolitik der Bundesrepublik“. In späteren Weißbüchern wurde der Betrachtungshorizont auf die Perspektive der Sicherheitspolitik erweitert, beginnend bereits mit dem Dokument des Nachfolgers im Jahr 1970, Helmut Schmidt. Weißbücher erschienen im Anschluss in unregelmäßigen Abständen und mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen 1971/72, 1973/74, 1975/76, 1979, 1983, 1985, 1994. Das bisher letzte Weißbuch datiert aus dem Jahr 2006.
Generell gilt erst einmal: Das Weißbuch beschränkt sich keineswegs darauf, den Ist-Zustand zu erfassen und die relevanten Entwicklungslinien seit Veröffentlichung des letzten Weißbuchs im Jahr 2006 nachzuvollziehen. Der Blick richtet sich vor allem perspektivisch in die Zukunft. Wichtige Themenfelder sind die vertiefte internationale Zusammenarbeit in Bündnissen und Partnerschaften und die Ausrichtung der Bundeswehr als Instrument der deutschen Sicherheitspolitik insgesamt.
Der Entstehungsprozess für das Weißbuch verläuft zweistufig: Der Schwerpunkt des ersten Halbjahres 2015 liegt auf der Partizipationsphase. Der großen Auftaktveranstaltung am 17. Februar 2015 werden bis zum Herbst dann eine ganze Reihe von Diskussionsveranstaltungen und Workshops folgen. Zudem werden – um die breite Einbindung von Experten und auch der Bevölkerung sicherzustellen – flankierend eine Experten- und eine Bevölkerungsumfrage durchgeführt werden. Die Ergebnisse werden dann bei einer ähnlichen Veranstaltung wie im Februar im Herbst vorgestellt. Eine umfassende Abstimmung zwischen den Ressorts der Bundesregierung ist notwendig und vorgesehen. Die Veröffentlichung ist – nach der Verabschiedung im Kabinett – für Sommer 2016 geplant.
Selbstverständlich findet während der Erstellungsphase des Weißbuchs ein enger Austausch mit Deutschlands Partnern in NATONorth Atlantic Treaty Organization und EUEuropäische Union statt. Impulse werden dabei von beiden Seiten aufgenommen. Voraussetzung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im internationalen Rahmen ist zum einen die eigene Positionierung und zum anderen die Beteiligung der Partner.
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