Schon lange bevor Afrika in den sicherheitspolitischen Fokus der deutschen Öffentlichkeit geriet, engagierte sich die Bundeswehr in Einsätzen auf dem Kontinent. Tausende Soldatinnen und Soldaten dienten bei bekannten und weniger bekannten Missionen auf dem Kontinent. Die Bundeswehr half zum Beispiel bei humanitären Katastrophen und der Bekämpfung einer Epidemie, bildete Streitkräfte afrikanischer Staaten aus, rettete Menschen aus Seenot, bekämpfte Piraten und sicherte freie Wahlen. Ein Überblick.
Infolge eines Bürgerkrieges und des Zerfalles staatlicher Strukturen kam es zu einer humanitären Katastrophe. Als Teil der UNUnited Nations-Friedensmission UNOSOMUnited Nations Operation in Somalia II betrieben deutsche Soldatinnen und Soldaten eine Luftbrücke zwischen Kenia und Somalia und unterstützten UNUnited Nations-Truppen logistisch. Im Einsatz waren rund 1.700 Soldatinnen und Soldaten des Heeres in Belet Uen (Somalia), 600 Marinesoldatinnen und -soldaten sowie etwa 120 Soldatinnen und Soldaten der Luftwaffe in Dschibuti und Mombasa (Kenia). Im Rahmen dieses Einsatzes wurden 650 Hilfsflüge durchgeführt und über 18.000 medizinische Behandlungen geleistet.
Nachdem die ethnischen Konflikte zwischen der Bevölkerungsmehrheit, den Hutus, und den Tutsis 1994 ihren Höhepunkt erreicht hatten und 800.000 Tutsis bei einem Völkermord zu Tode kamen, marschierte eine Tutsi-Armee aus Uganda ein und beendete das Morden. Zur Unterstützung der UNUnited Nations-Mission UNAMIRUnited Nations Assistance Mission for Ruanda richtete die Luftwaffe 1994 eine Luftbrücke von Nairobi (Kenia) und Johannesburg (Südafrika) nach Goma (Zaire) und Kigali (Ruanda) zur Versorgung ruandischer Flüchtlinge ein. 30 deutsche Soldaten waren im Einsatz.
Die von Somalia ausgehende Piraterie und der Terrorismus bedrohten die Schifffahrt und die internationale Sicherheit. Schon als Teil der Anti-Terror-Mission Operation Enduring Freedom, die als Reaktion auf die Terrorangriffe vom 11. September 2001 gestartet wurde, operierte die Bundeswehr ab 2002 am Horn von Afrika. Für die Gesamtmission, deren Einsatzgebiet sich auch auf die arabische Halbinsel und Mittel- und Zentralasien erstreckte und die 2010 endete, waren 3.900 Soldatinnen und Soldaten vorgesehen.
Ab 2008 entschloss sich die Europäische Union zu einem verstärkten Engagement in der Region, um Somalia beim Aufbau funktionsfähiger Sicherheitsstrukturen zu unterstützen. Bis 2022 beteiligte sich die Bundeswehr an der EUEuropäische Union-Mission Atalanta am Horn von Afrika. Der Kernauftrag war der Schutz der Schiffe des Welternährungsprogramms entlang der somalischen Küste. Alle Schiffe des Programms konnten dadurch ihre Zielhäfen erreichen. Zeitweise konnten bis zu 950 Soldatinnen und Soldaten bei dieser Mission eingesetzt werden.
Dem Ziel der Piraterie-Bekämpfung diente auch die Beteiligung der Bundeswehr an der Mission EUCAP NestorRegional Maritime Capacity Building for the Horn of Africa and the Western Indian Ocean. Von 2012 bis 2015 unterstützen deutsche Soldaten die Nachbarstaaten Somalias dabei, mit anderen internationalen Akteuren leistungsfähige Organisationen zur Bekämpfung von Piraterie, zum Schutz der Küsten und zur Kontrolle des Seeraumes zu schaffen.
Die 2010 ins Leben gerufene Europäische Ausbildungsmission EUTM SOMEuropean Union Training Mission Somalia war darauf ausgerichtet, die somalischen Streitkräfte taktisch auszubilden und strategisch zu beraten. Die Bundeswehr war bis 2018 daran mit durchgehend ungefähr zehn Soldatinnen und Soldaten beteiligt.
Einer der größten Bundeswehr-Einsätze in Afrika fand in der Demokratischen Rebublik Kongo statt. Im zweitgrößten afrikanischen Staat überwachten die Soldatinnen und Soldaten als Teil der EUEuropäische Union-Mission EUFOREuropean Union Force 2006 die freien Präsidentschaftswahlen. Diese waren im Rahmen des Friedensprozesses zwischen den Konfliktparteien vereinbart worden. Bis zu 780 Bundeswehr-Angehörige waren im Raum Kinshasa im Einsatz.
Im Kongo war die Bundeswehr bereits zuvor gefordert. Im Rahmen der ersten autonomen EUEuropäische Union-Operation namens Artemis halfen Soldatinnen und Soldaten im Sommer 2003 dabei, in den östlichen Provinzen Ituri und Kivu eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. 35 Soldatinnen und Soldaten wurden für Lufttransporteinsätze, 60 für medizinische Evakuierung und zwei im Artemis-Hauptquartier in Frankreich eingesetzt.
2005 waren deutsche Soldaten an der europäischen Mission EUSECEuropean Union Security Sector Reform Mission in the Democratic Republic of the Congo beteiligt. Die Mission, in deren Rahmen von 2005 bis 2014 insgesamt 24 deutsche Soldatinnen und Soldaten Dienst leisteten, beriet und unterstützte bei der Reform der kongolesischen Streitkräfte.
Mit zwei Militärbeobachterinnen und -beobachtern beteiligte sich die Bundeswehr von 2004 bis 2008 an der UNUnited Nations-Mission UNMEEUnited Nations Mission in Ethiopia and Eritrea in Äthiopien und Eritrea. Das Ziel war, die Einhaltung des vereinbarten Waffenstillstands zwischen Äthiopien und Eritrea zu überwachen.
Um die von Kämpfen zwischen Rebellen und der Regierung des Sudan geplagte Region Darfur zu stabilisieren, unterstützte die Bundeswehr ab 2004 die von der Afrikanischen Union geführte Mission AMISAfrican Union Mission in Sudan. Ziel war die Einhaltung eines Waffenstillstands. Zeitweise waren bis zu 200 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz.
Ab 2008 sollte als eine der größten UNUnited Nations-Missionen überhaupt die UNAMIDNations-African Union Hybrid Mission in Darfur-Mission Frieden in die Region Darfur bringen. Dabei handelte es sich um eine Kooperation von Afrikanischer Union und UNUnited Nations. Rund 150 Angehörige der Bundeswehr wurden eingesetzt, vor allem in Führungsstäben und als Experten mit Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben. 2020 endete die militärische Beteiligung Deutschlands.
Schon 2005 wurden bis zu 75 deutsche Soldatinnen und Soldaten in den Sudan entsandt, um sich an der UNUnited Nations-Mission UNMISUnited Nations Mission in Sudan zu beteiligen. Sie hatte den Auftrag, ein Friedensabkommen umzusetzen, das den Weg für Wahlen und ein Referendum bereitete und schließlich 2011 zur friedlichen Unabhängigkeitserklärung Südsudans führte. Im Südsudan ist die Bundeswehr seither in der Folgemission UNMISSUnited Nations Mission in South Sudan im Einsatz.
In Mali ist die Bundeswehr nach wie vor Bestandteil der EUEuropäische Union-Ausbildungsmission EUTMEuropean Union Training Mission Mali und der UNUnited Nations-Stabilisierungsmission MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali. Ein Einsatz aber ist bereits beendet: Bis zu 150 Bundeswehrangehörige halfen der afrikanisch geführten Mission AFISMAAfrican-led International Support Mission to Mali 2013 beim Lufttransport von benachbarten Staaten nach Mali und innerhalb Malis beim Lufttransport französischer Kräfte sowie bei der Luftbetankung französischer Aufklärungs- und Kampfflugzeuge.
Für den Kampf gegen die Ebola-Epidemie in Westafrika stellte die Bundeswehr 2014 und 2015 Lufttransportkapazitäten bereit und richtete eine Luftbrücke ein. Die Flugzeuge der Bundeswehr transportierten für Hilfsorganisationen insgesamt 825 Tonnen Hilfsgüter vorrangig zwischen dem Lufttransportstützpunkt Dakar und Monrovia, der Hauptstadt Liberias. Zudem stellte die Bundeswehr das Material für eine Bettenstation für die Aufnahme von bis zu 50 Patienten bereit.
Nach einem Putsch 2013 kam es zu einem blutigen Konflikt zwischen Christen und Muslimen. Bei Massakern wurden mehr als 1.000 Menschen getötet. Die EUEuropäische Union-Staaten beschlossen 2014 die Entsendung von etwa 1.000 Soldatinnen und Soldaten nach Zentralafrika. Die Mission EUFOR RCAEuropean Forces Republic of Central Africa sollte ein sicheres Umfeld für humanitäre Hilfsleistungen schaffen. Gleichzeitig sollten weitere Verbrechen an der Zivilbevölkerung vermieden werden. Bis 2015 waren bis zu 80 deutsche Soldaten im Einsatz.
Die UNMILUnited Nations Mission in Liberia-Mission in Liberia gilt als eine der erfolgreichsten Friedensmissionen der Vereinten Nationen. Sie garantiert nach dem Ende des Bürgerkriegs 2003 Stabilität. Deutschland beteiligte sich bereits seit 2004 mit Polizisten an der Mission, 2015 traten deutsche Soldaten hinzu: ein Brigadegeneral und zwei ihn unmittelbar unterstützende Soldaten.
Die Operation Active Endeavour (OAEOperation Active Endeavour) war eine Antwort auf die Terroranschläge vom 11. September 2001. Sie hatte das Ziel, NATONorth Atlantic Treaty Organization-Solidarität und Entschlossenheit zu demonstrieren und terroristische Aktivitäten im Mittelmeer aufzuklären. Das Einsatzgebiet umfasste das östliche Mittelmeer und die Straße von Gibraltar. 2016 wurde der Einsatz durch die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Operation Sea Guardian mit einem weiter gefassten Auftrag abgelöst.
Wegen des Anstiegs der Flüchtlingsströme von Afrika nach Europa und aufgrund der humanitären Situation von Schiffbrüchigen im Mittelmeer entsandte die Bundeswehr 2015 zwei Schiffe zur Seenotrettung ins Mittelmeer, die nach wenigen Wochen der EUEuropäische Union-Mission EUNAVFOREuropean Union Naval Force MEDMediterranean Operation Sophia unterstellt wurden. An ihr beteiligte sich die Bundeswehr bis 2019. In diesem Zeitraum retteten die deutschen Besatzungen 22.534 Menschen aus Seenot und trugen dazu bei, dass mehr als 150 mutmaßliche Schleuser ergriffen und der Strafverfolgung übergeben werden konnten.
Im Rahmen der UNUnited Nations-Unterstützungsmission UNSMILUnited Nations Support Mission in Libya in Libyen stellte die Bundeswehr von 2018 bis 2019 den militärischen Berater, einen Generalmajor. Die politische Mission sollte die Stabilisierung des Landes unterstützen und die Einheitsregierung bei Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen helfen.
In Mali war die Bundeswehr Bestandteil der EUEuropäische Union-Ausbildungsmission EUTMEuropean Union Training Mission Mali (European Union Training Mission Mali) und der UNUnited Nations-Mission MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali (Mission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali).
Der EUTMEuropean Union Training Mission-Einsatz der Bundeswehr begann am 28. Februar 2013 und endete am 30. Mai 2023. Die Kernaufgaben der EUEuropäische Union-Mission waren Ausbildung und Beratung der malischen Streitkräfte beim Wiederherstellen der Sicherheit. Neben Mali erstreckte sich die Mission auch auf Niger. Dort wurden bereits Ende 2022 der Beitrag deutscher Spezialkräfte zur Ausbildung eines nigrischen Partnerverbands sowie die Unterstützung der Bundeswehr beim Aufbau einer Spezialkräfteschule abgeschlossen.
Bei der UNUnited Nations-Mission MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali engagierte sich die Bundeswehr seit dem 1. Juli 2013. Nach mehr als zehn Jahren wurde der Einsatz am 15. Dezember 2023 beendet. Der Auftrag der Bundeswehr bei MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali bestand im Wesentlichen darin, die malische Regierung beim Umsetzen des Friedensabkommens im Norden des Landes sowie beim Wiederherstellen der staatlichen Autorität im Zentrum Malis zu unterstützen.
MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali hatte seinerzeit am 1. Juli 2013 die afrikanisch geführte Mission AFISMAAfrican-led International Support Mission to Mali (African-led International Support Mission to Mali) abgelöst. Die Bundeswehr unterstützte AFISMAAfrican-led International Support Mission to Mali beim Lufttransport von benachbarten Staaten nach Mali und innerhalb Malis – sowie beim Lufttransport französischer Kräfte und bei der Luftbetankung französischer Aufklärungs- und Kampfflugzeuge.
Inhalte teilen via