Eine deutsche Brigade für Litauen, dauerhaft dort stationiert, ist ein Umbruch in der Geschichte der Bundeswehr. Von Eckdaten und Hintergründen zur Brigade bis hin zu Bedeutung und Konsequenzen für Deutschland – in den Frequently Asked Questions erklärt das Verteidigungsministerium das ambitionierte Vorhaben.
Im Juni 2023 hat Verteidigungsminister Boris Pistorius die dauerhafte Stationierung einer Brigade in Litauen angekündigt. Deutsche Soldatinnen und Soldaten sowie zivile Mitarbeitende werden vor Ort dienen und leben. Ihr Auftrag: der Schutz der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke. Ihre Familien werden sie vielfach mitbringen. Sie werden dort einkaufen, ihre Freizeit gestalten, ihre Kinder werden zum Teil in Litauen zur Schule gehen und aufwachsen. Diese dauerhafte Stationierung eines Großverbandes im Ausland zeigt: Die Landes- und Bündnisverteidigung ist wieder Kernauftrag der deutschen Streitkräfte. Damit beginnt auch ein neues Kapitel in der Geschichte der Bundeswehr: Noch nie zuvor hat die Bundeswehr einen Verband in dieser Größenordnung im Ausland stationiert. Das wirft Fragen auf. Antworten gibt es hier.
Mit seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine seit Februar 2022 hat Russlands Präsident Wladimir Putin die internationale regelbasierte Ordnung in ihren Grundfesten erschüttert. Die NATONorth Atlantic Treaty Organization ist seitdem fester denn je entschlossen, ihre Bürgerinnen und Bürger zu schützen, jeden Zentimeter des Bündnisgebiets zu verteidigen sowie Freiheit und Demokratie zu sichern. Das Motto der Stunde lautet: Abschreckung und Verteidigung.
Deutschland hat schon vor einiger Zeit in besonderem Maße Verantwortung in Litauen übernommen. Seit 2017 ist die Bundeswehr in Litauen im Einsatz. Deutschland hat dort die Führung der multinationalen eFPenhanced Forward Presence-Battlegroup zum Schutz der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke übernommen – mehr als 800 deutsche Soldatinnen und Soldaten bilden den Kern der Vorauspräsenz des Bündnisses. Eingekeilt zwischen der russischen Exklave Kaliningrad und Russlands Verbündetem Belarus, ist Litauen der gefährdetste Staat an der Ostflanke der NATONorth Atlantic Treaty Organization. Indem Deutschland fest und solidarisch an der Seite des Partnerlandes steht, bekennt es sich klar zum Bündnis und seinen Verpflichtungen.
Die Soldaten, Soldatinnen und Mitarbeitenden der Brigade Litauen werden – je nach Laufbahn und Verwendung – für mehrere Jahre in das baltische Land versetzt. In den klassischen Auslandseinsätzen wie in Afrika und auf dem Balkan, die lange das Bild der Bundeswehr prägten, ist das anders: Dort wird die Truppe nach ihrer im Schnitt dreimonatigen Auslandsverwendung vom nächsten Einsatzkontingent abgelöst. Das Personal kehrt dann wieder zu den jeweiligen Einheiten nach Deutschland zurück, wo es eigentlich stationiert ist.
Am 8. April 2024 begann die Stationierung der Brigade Litauen mit einem Vorkommando von etwa 20 Personen. Bis Ende 2024 wird dieses zu einem Aufstellungsstab von rund 150 Personen aufgewachsen sein. Im Jahr 2025 wird die Brigade dann mit einem Aufstellungsappell in Dienst gestellt. Die Stationierung der 5.000 Bundeswehrangehörigen wird schrittweise erfolgen. Gemäß der gemeinsam mit LTU gezeichneten Roadmap soll die Brigade bis 2027 einsatzfähig sein. Dies ist abhängig von der Bereitstellung der zivilen und militärischen Infrastruktur.
„Krieg führen können, um keinen Krieg führen zu müssen“ – so erklärte Verteidigungsminister Boris Pistorius das Prinzip der Abschreckung einmal kurz und knapp. Mit einer allzeit kampfbereiten Brigade, die dauerhaft an der Ostflanke des Bündnisgebiets steht, trägt Deutschland maßgeblich zur Abschreckung im Bündnis bei. Dort setzt die NATONorth Atlantic Treaty Organization auf die erhöhte Präsenz und Bereitschaft ihrer Streitkräfte. Die Botschaft nach außen: Die NATONorth Atlantic Treaty Organization steht geeint zusammen. Ein Angriff auf ein einzelnes Mitglied ist ein Angriff auf die NATONorth Atlantic Treaty Organization als Ganzes. Die NATONorth Atlantic Treaty Organization kann und wird sich erfolgreich verteidigen, wenn nötig.
Indem die Brigade Litauen also zur Abschreckung und damit auch zum Schutz des Bündnisgebiets beiträgt, schützt sie auch Deutschland. Nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags würde ein Angriff auf einen Bündnispartner als Angriff auf alle gewertet und somit den Bündnisfall auslösen, die gemeinschaftliche Verteidigung der Verbündeten. Indem Deutschland also dazu beiträgt, einen Aggressor von einem Angriff auf die NATONorth Atlantic Treaty Organization abzuschrecken, trägt es dazu bei, einen Krieg zu verhindern.
Andere NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner engagieren sich ebenfalls intensiv an der Ostflanke des Bündnisses – so beispielsweise Kanada und Großbritannien in den anderen baltischen Staaten. Kanada ist Rahmennation für eFPenhanced Forward Presence in Lettland, Großbritannien in Estland. Kanada plant außerdem, bis 2025 zwei Bataillone einer Brigade in Lettland zu stationieren, Großbritannien wird eine Brigade zur schnellen Verlegung ins Baltikum bereithalten.
Die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Russland-Grundakte aus dem Jahr 1997 beinhaltet kein Stationierungsverbot für die NATONorth Atlantic Treaty Organization. Als politische Absichtserklärung beschreibt sie aus damaliger Perspektive lediglich, dass das Bündnis „in dem gegenwärtigen und vorhersehbaren Sicherheitsumfeld“ seine Aufgaben eher darin sieht, die erforderliche Interoperabilität im Bündnis herzustellen, als dauerhaft NATONorth Atlantic Treaty Organization-Kampftruppen zu stationieren.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat dieses Sicherheitsumfeld jedoch eklatant verändert. Russland hat sein Versprechen aus der Grundakte, keine Gewalt gegen andere Staaten anzuwenden, gebrochen. Die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Russland-Grundakte ist unter diesen Umständen kein beschränkender Faktor mehr für den Ausbau der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Präsenz an der Ostflanke.
Weitere Informationen, Fragen und Antworten rund um die Brigade Litauen finden Sie hier:
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