Seit 1949 garantiert das Nordatlantische Bündnis den Schutz seiner Mitgliedstaaten. Dabei muss sich die Allianz immer wieder auf neue sicherheitspolitische Herausforderungen einstellen. Das folgende Glossar erklärt, was sich hinter Begriffen wie enhanced Forward Presence, NATONorth Atlantic Treaty Organization Response Force oder Militärausschuss verbirgt.
„Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen werden wird“ – dieser Satz in Artikel 5 des Nordatlantikvertrages beschreibt das Prinzip der kollektiven Verteidigung. Im Bündnisfall leisten die Mitgliedstaaten Beistand, indem jeder unverzüglich für sich und zusammen mit den anderen Maßnahmen trifft, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebietes wiederherzustellen und zu erhalten – einschließlich Waffengewalt. In der Geschichte der NATONorth Atlantic Treaty Organization wurde der Bündnisfall bisher ein einziges Mal festgestellt: nach den Terroranschlägen auf die USA vom 11. September 2001.
Angesichts der wachsenden Unsicherheit im Zuge der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland und der anhaltenden Kämpfe der Separatisten im Donbass beschlossen die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten bei ihrem Gipfel 2016 in Warschau, die Präsenz des Bündnisses an der Ostflanke zu verstärken. Zur Abschreckung Russlands wurden 2017 vier multinationale Kampfverbände in Bataillonsstärke in Estland, Lettland, Litauen und Polen stationiert, wobei die Bundeswehr die Führung in Litauen übernahm. Nach Kriegsausbruch und dem Einmarsch Russlands in der Ukraine 2022 verstärkte die NATONorth Atlantic Treaty Organization zügig die vier Kampfverbände und beschloss, weitere Battlegroups in Bulgarien, Ungarn, Rumänien und Slowakei zu stationieren.
Ein Schwerpunkt bei eFPenhanced Forward Presence in Litauen liegt auf gemeinsamer Ausbildung und Übung unter Einbeziehung der Fähigkeiten der Partner und der Gastnation. Auf dem NATONorth Atlantic Treaty Organization-Gipfel in Madrid im Juni 2022 wurde beschlossen, die militärischen Kräftebeiträge an der östlichen Bündnisgrenze zu verstärken. Als enhanced Vigilance Activities (eVAenhanced Vigilance Activities)-Brigade werden alle Kräfte in Litauen bezeichnet, die nur zeitlich begrenzt im Rahmen von Übungen in Litauen ihren Dienst leisten.
Der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Generalsekretär ist der höchste Vertreter des Bündnisses und sitzt allen wichtigen Gremien wie dem Nordatlantikrat und der Nuklearen Planungsgruppe vor. Bei der Vorbereitung und der Umsetzung von Entscheidungen spielt er eine entscheidende Rolle. Nach innen hält er den Kontakt zu den Staats- und Regierungschefinnen und -chefs sowie den Außen- und Verteidigungsministerinnen und -ministern der Mitgliedstaaten, nach außen vertritt er die NATONorth Atlantic Treaty Organization gegenüber Drittstaaten und der Öffentlichkeit. Amtsinhaber ist seit 2024 der ehemalige niederländische Ministerpräsident, Mark Rutte. In der Regel kommt der Generalsekretär aus einem europäischen Mitgliedstaat. Er wird im Konsens aller Mitgliedstaaten ernannt. Bislang hat noch keine Frau den Posten bekleidet.
In Brüssel findet sich seit 1967 das politische und administrative Zentrum der Allianz. Zuvor war das Hauptquartier in London und ab 1952 in Paris beheimatet. Das Hauptquartier ist der Sitz des Nordatlantikrates und der nationalen Delegationen sowie der Verbindungsbüros und diplomatischen Missionen der Partnerstaaten. Rund 6.000 Treffen finden dort im Jahr statt. Der Stab im Hauptquartier wird vom Generalsekretär geleitet.
Das höchste militärische Gremium der Allianz berät den Nordatlantikrat und die Nukleare Planungsgruppe in allen militärpolitischen und strategischen Fragen. Der Ausschuss ist das Bindeglied zwischen den politischen Gremien der Allianz und den militärischen Strukturen. Er tagt regelmäßig auf der Ebene der nationalen militärischen Vertreterinnen und Vertreter und dreimal im Jahr auf der Ebene der Generalstabschefs. Den Vorsitz im Militärausschuss hat ein Vier-Sterne-General eines europäischen Staates inne, seit 2021 der niederländische Admiral Rob Bauer.
Der NATONorth Atlantic Treaty Organization gehören 32 Staaten an. Gegründet wurde die Allianz 1949 zunächst von zwölf Staaten: Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal und USA. Griechenland und die Türkei kamen 1952 hinzu, die Bundesrepublik Deutschland 1955, Spanien 1982. Nach dem Ende des Kalten Krieges traten ab 1999 in mehreren Runden Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes der NATONorth Atlantic Treaty Organization bei: Polen, Tschechien und Ungarn (1999), Rumänien, Bulgarien, Slowenien, die Slowakei, Estland, Lettland und Litauen (2004), Albanien und Kroatien (2009), Montenegro (2017), Nordmazedonien (2020 ) und Finnland (2023). Unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hatte neben Finnland auch Schweden 2022 die Aufnahme in die NATONorth Atlantic Treaty Organization beantragt. Am 7. März 2024 trat Schweden offiziell der Allianz bei.
Keine andere Entscheidung des Bündnisses ging so in die Geschichte ein wie der Doppelbeschluss von 1979. Er war eine Reaktion auf die Stationierung moderner sowjetischer Mittelstreckenraketen vom Typ SS-20, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden konnten. Auf diese neue Bedrohung reagierte die NATONorth Atlantic Treaty Organization mit einer Doppelstrategie aus Abschreckung und Dialog: Sie stationierte amerikanische Pershing-II-Mittelstreckenraketen und Cruise-Missile-Marschflugkörper in Westeuropa und forderte zugleich einen Dialog über die Reduzierung der atomaren Mittelstreckenraketen in Europa – ein Ansatz, der letztlich zur Abrüstung der kompletten Waffenkategorie führte.
Wenn der Nordatlantikrat auf der Ebene der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs tagt, also der höchstmöglichen Ebene, spricht man von einem NATONorth Atlantic Treaty Organization-Gipfel. Bei diesen Zusammenkünften werden für die Allianz grundlegende Entscheidungen getroffen – zum Beispiel zum strategischen Konzept der Allianz, zu Operationen, zur Aufstellung oder Verstärkung von NATONorth Atlantic Treaty Organization-Eingreifkräften oder zur Einladung weiterer Staaten als Mitglieder in das Bündnis. Gipfeltreffen finden unter dem Vorsitz des Generalsekretärs in einem der Mitgliedstaaten statt.
Die schnelle Eingreiftruppe der NATONorth Atlantic Treaty Organization kann im Konfliktfall zügig und flexibel weltweit verlegt werden, ihre 40.000 Soldatinnen und Soldaten leisten so einen wichtigen Beitrag zur Abschreckung sowie zur Landes- und Bündnisverteidigung. Beschlossen wurde ihre Einrichtung von den Staats- und Regierungschefinnen und -chefs beim Gipfel 2002 in Prag. Die NRFNATO Response Force besteht aus Boden-, Luft- und Seestreitkräften, die innerhalb kürzester Zeit militärische Operationen durchführen können – vom Krisenmanagement bis zur kollektiven Verteidigung. Von 2022 bis 2024 ist Deutschland verantwortliche Rahmennation. Auch die besonders kurzfristig einsetzbare Speerspitze der NRFNATO Response Force, die Very High Readiness Joint Task Force, wird 2023 von Deutschland geführt.
Als Instrument für ihre Zusammenarbeit richteten die NATONorth Atlantic Treaty Organization und Russland 2002 den NATONorth Atlantic Treaty Organization-Russland-Rat ein. Darin stimmten sie sich bei Sicherheitsfragen von gemeinsamem Interesse ab. Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland beendete die NATONorth Atlantic Treaty Organization die praktische Zusammenarbeit mit Russland. Trotzdem tagte der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Russland-Rat noch elf Mal, zuletzt im Januar 2022. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 betrachtet die NATONorth Atlantic Treaty Organization Russland nicht mehr als Partner, hält aber Kommunikationskanäle offen, um Eskalationen zu vermeiden.
Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine sind die Verbündeten zur Einschätzung gelangt, dass die NATONorth Atlantic Treaty Organization Response Force als Antwort auf wachsende Bedrohungen nicht mehr ausreicht. Nachfolger der NRFNATO Response Force wird das New Force Model mit rund 300.000 Soldatinnen und Soldaten. Die ab 2025 neue Kräftestruktur sieht regionale Verantwortlichkeiten vor. Der Schwerpunkt Deutschlands wird auf Zentral- und Nordosteuropa liegen. Für das NFMNATO Force Model stellt Deutschland bis zu 30.000 Soldatinnen und Soldaten sowie 85 Flugzeuge und Schiffe. Diese Zahlen beziehen sich auf die ersten 30 Tage, nachdem der Einsatz dieser Kräfte entschieden wurde.
Im höchsten Entscheidungsgremium der NATONorth Atlantic Treaty Organization sind alle Mitgliedstaaten vertreten. Der vom Generalsekretär geleitete Nordatlantikrat kommt mindestens einmal pro Woche auf der Ebene der Ständigen Vertreter, also der Botschafter, zusammen. Auf der Ebene der Außenministerinnen und -minister trifft sich das Gremium in der Regel zweimal im Jahr, auf der Ebene der Verteidigungsministerinnen und -minister dreimal. Bei Gipfeln tagt der Rat mit den Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der Mitgliedstaaten. Beschlüsse des Nordatlantikrates werden einstimmig gefasst und drücken den einheitlichen Willen der Mitgliedstaaten aus.
Mit dem Nordatlantikvertrag, auch Washingtoner Vertrag oder Nordatlantikpakt genannt, gründeten am 4. April 1949 in der US-Hauptstadt Washington zwölf Staaten das Verteidigungsbündnis. Im Vertrag bekennen sich die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten zu Frieden, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Kern des Vertrages ist das Prinzip der in Artikel 5 geregelten kollektiven Verteidigung (Bündnisfall). Dieses wiederum stützt sich auf die Charta der Vereinten Nationen, die UNUnited Nations-Mitgliedern im Falle eines bewaffneten Angriffes das „naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung“ gewährt.
Die nukleare Abschreckung ist seit der Gründung der NATONorth Atlantic Treaty Organization 1949 der Kern der gegenseitigen Sicherheitsgarantie und der kollektiven Verteidigung. Seit 1966 befasst sich die NPG mit allen Fragen rund um Atomwaffen. Dazu zählen die Nukleardoktrin der NATONorth Atlantic Treaty Organization, die im Lichte aktueller sicherheitspolitischer Entwicklungen ständig überprüft und gegebenenfalls angepasst wird, aber auch die Atomwaffenkontrolle und Proliferation. Alle NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten sind in der NPG stimmberechtigt, unabhängig davon, ob sie selbst über Nuklearwaffen verfügen oder nicht. Frankreich hat allerdings entschieden, sich nicht an der NPG zu beteiligen. Den Vorsitz der NPG führt der Generalsekretär.
Um schnell und flexibel auf Bedrohungen reagieren zu können, beschlossen die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten bei ihrem Gipfel 2014 in Wales eine militärische „Speerspitze“. Sie ist Teil der NATONorth Atlantic Treaty Organization Response Force und kann innerhalb von zwei bis drei Tagen eingesetzt werden. Die VJTFVery High Readiness Joint Task Force besteht aus rund 20.000 Soldatinnen und Soldaten, darunter einer 5.000 Mann starken Heeresbrigade, Luft- und Seestreitkräften sowie Spezialkräften. Die Führungsrolle rotiert unter den Verbündeten.
Zur von Deutschland geführten VTJF Land 2023 gehören ein deutscher, ein niederländischer und ein norwegischer Gefechtsverband, ein weiteres niederländisches Bataillon sowie teils multinational aufgestellte Aufklärungs-, Artillerie-, Versorgungs- und Pionierverbände sowie ein Einsatzverband der Heeresflieger. Hinzu kommen Unterstützungskräfte. Die deutsche Marine stellt für den maritimen Anteil der VJTFVery High Readiness Joint Task Force unter anderem Fregatten, Versorger und Tanker sowie Minenabwehreinheiten und Seefernaufklärer bereit. Die Luftwaffe unterstützt die VJTFVery High Readiness Joint Task Force mit den Fähigkeiten Luftangriff und -verteidigung, bodengebundene Flugabwehr und Lufttransportkapazitäten.
Beim NATONorth Atlantic Treaty Organization-Gipfel 2014 in Wales bekräftigten die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der Mitgliedstaaten das Ziel, in einer Dekade mindestens zwei Prozent des jeweiligen nationalen Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben. Dies war auch eine Reaktion auf das aggressive Vorgehen Russlands, das im Frühjahr 2014 die ukrainische Halbinsel Krim völkerrechtswidrig annektiert hatte. Seinen Ursprung hat das Zwei-Prozent-Ziel jedoch schon 2006, als die Verteidigungsminister der Mitgliedstaaten es vereinbarten.
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