Deutschland und Großbritannien rücken in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik enger zusammen. Am Mittwoch (23. Oktober 2024) unterzeichnen Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein britischer Amtskollege John Healey in London eine neue Verteidigungsvereinbarung. Die sogenannte „Trinity House Vereinbarung“, benannt nach dem Ort der Unterzeichnung, ist die erste Vereinbarung dieser Art. Sie stellt die Weichen für eine noch engere Zusammenarbeit beider Länder. Sie ist auch Ausdruck der britischen Neuausrichtung gegenüber Europa.
In Zeiten immer größer werdender Bedrohungen, vor allem durch Russland, müssen und werden wir Europäer verstärkt in unsere Sicherheit investieren. Nur gemeinsam werden wir den europäischen Pfeiler in der NATONorth Atlantic Treaty Organization nachhaltig stärken und weiterentwickeln. Gemeinsam sind wir am schnellsten, effektivsten und erzielen die kostengünstigsten Lösungen. Die Projekte, die sich Großbritannien und Deutschland vornehmen, sind auch für andere Alliierte und EUEuropäische Union Partner offen, auch für unser Format E3 (European3) mit Frankreich.
Die Vereinbarung enthält konkrete Schlüsselprojekte für die engere Zusammenarbeit in allen Dimensionen (Luft, Land, See, Weltraum und Cyber):
- Stärkung unserer Sicherheits- und Verteidigungsindustrie: Wir bauen die Industriekooperationen aus, insbesondere im Bereich Heer. Rheinmetall stellt in seinen britischen Werken in Dorset, Telford, Bristol und im Nordosten des Landes militärische Fahrzeuge her, darunter den Transportpanzer Boxer und – zusammen mit BAE – den Challenger 3 Kampfpanzer. Das britische Heer hat 500 Boxer bestellt. Großbritannien und Deutschland werden im Rahmen der neuen Vereinbarung bei der Entwicklung zukünftiger Anpassungen und Fähigkeiten noch enger zusammenarbeiten. In Großbritannien entsteht ein neues Artillerierohrwerk mit 400 zusätzlichen Arbeitsplätzen.
- Stärkung der Ostflanke: Unsere Landstreitkräfte werden noch enger zusammenarbeiten, vor allem in den baltischen Staaten, um die Ostflanke der NATONorth Atlantic Treaty Organization weiter zu stärken. Durch gemeinsame Übungen stellt die Vereinbarung sicher, dass die Landstreitkräfte an der Ostflanke der NATONorth Atlantic Treaty Organization effektiv abschrecken und im Falle eines Angriffs auf NATONorth Atlantic Treaty Organization-Territorium in der Lage sind, uns zu verteidigen. In diesem Zusammenhang wollen wir auch eine bessere Drohnen-gestützte Vernetzung unserer Panzerverbände sicherstellen. Zudem werden wir unsere Kräfte bündeln, das heißt die gemeinsame Nutzung von Logistik, Lagerung und Versorgung.
- Entwicklung neuer Langstreckenwaffen: Wir entwickeln mit unseren Partnern neue Systeme mit noch größerer Reichweite und höherer Präzision als derzeit marktverfügbar.
- Schutz kritischer Unterwasserinfrastruktur: Wir tragen gemeinsam zum Schutz der kritischen Unterwasserinfrastruktur und wichtiger Seehandelsrouten bei, indem wir sicherstellen, dass es ein klares und umfassendes Unterwasser-Lagebild gibt.
- Deutsche Flugzeuge in Schottland: Deutsche P8A-Seefernaufklärer werden regelmäßig von Lossiemouth aus zum Schutz des Nordatlantik beitragen. Damit verkürzen wir die Transitzeit und vereinfachen gemeinsame Übungen und Einsätze.
- Unbemannte fliegende Systeme und deren Vernetzung: Beide Länder verpflichten sich zur engen Zusammenarbeit bei der Forschung und Entwicklung von unbemannten Flugsystemen und wollen deren Interoperabilität mit zukünftigen Kampfflugzeugsystemen sicherstellen. Diese Arbeiten erfolgen in enger Abstimmung mit unseren Verbündeten und Partnern (v.a. Frankreich). Hierbei kommt es besonders darauf an, dass unsere heutigen und zukünftigen Luftfahrzeuge und die zu entwickelnden Drohnen miteinander kommunizieren und operieren können.
- Zusammenarbeit bei Luftverteidigungssystemen: Zusammen mit anderen Partnern werden wir an der Integration von Luftverteidigungssystemen arbeiten, um den europäischen Luftraum besser vor der Bedrohung durch Flugkörper großer Reichweite schützen zu können. Die Grundlage dafür wurde vergangene Woche beim NATONorth Atlantic Treaty Organization-Verteidigungsministertreffen gelegt.
- Weitere Unterstützung der Ukraine: Wir arbeiten gemeinsam daran, dass der von Deutschland an die Ukraine abgegebene Sea-King Hubschrauber mit modernen Flugkörpern ausgestattet werden kann und bauen unsere Zusammenarbeit im Rahmen von Fähigkeitskoalition aus.
- Neue Gesprächsformate für die Zusammenarbeit: Die Vereinbarung schafft neue Gesprächsformate für die langfristige Kooperation. Vorgesehen sind regelmäßige jährliche Treffen in verschiedenen Formaten bis zur Ministerebene, um die rasche Umsetzung und Weiterentwicklung der gemeinsamen Projekte zu gewährleisten und neue Initiativen zu fördern. Zeit ist für uns ein kritischer Faktor und durch diese Gesprächsformate werden wir schneller werden.
Die Vereinbarung ist ein weiterer Schritt von der Joint Declaration of Intent vom 24. Juli 2024 hin zu dem völkerrechtlich bindenden bilateralen Vertrag zwischen den Regierungen Großbritanniens und Deutschlands, dessen Unterzeichnung für Januar 2025 geplant ist.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius erklärt dazu:
„Großbritannien und Deutschland rücken enger zusammen. Mit verschiedenen Projekten in den Bereichen Heer, Luftwaffe, Marine und Cyber erhöhen wir gemeinsam unsere Fähigkeiten. Wir tragen damit gemeinsam dazu bei, den europäischen Pfeiler innerhalb der NATONorth Atlantic Treaty Organization zu stärken. Unsere Kooperationsprojekte sind für andere Partner offen, denn nur gemeinsam können wir unsere Handlungsfähigkeit nachhaltig ausbauen.
Die Sicherheit in Europa ist keine Selbstverständlichkeit. Russland führt Krieg gegen die Ukraine, steigert seine Waffenproduktion immens und greift unsere Partner in Osteuropa, aber auch uns immer wieder mit hybriden Mitteln an.
Wir zeigen mit der „Trinity House Vereinbarung“: Die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Länder haben die Zeichen der Zeit erkannt, sie verbessern ihre Fähigkeiten zu Abschreckung und Verteidigung. Die Vereinbarung trägt einen wichtigen Teil dazu bei, auch weil sie die richtigen Weichen für die Vorhaben der Zukunft stellt.
Mir ist dabei besonders wichtig, dass wir noch mehr tun, um die Ostflanke der NATONorth Atlantic Treaty Organization zu stärken und wichtige Fähigkeitslücken wie etwa bei den weitreichenden Abstandswaffen zu schließen.“
Verteidigungsminister des Vereinigen Königreiches John Healey erklärt dazu:
“The Trinity House Agreement is a milestone moment in our relationship with Germany and a major strengthening of Europe’s security.
It secures unprecedented levels of new cooperation with the German Armed Forces and industry, bringing benefits to our shared security and prosperity, protecting our shared values and our boosting defence industrial bases.
This landmark agreement delivers on the Government’s manifesto commitment to strike a new defence relationship with Germany – less than four months of winning the election in July – and we will build on this new cooperation in the months and years ahead.
I pay tribute to our negotiating teams who have worked hard at pace to deliver this.”
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