Die Bundesregierung richtet ihre Sahel-Politik neu aus. Das Bundeskabinett hat heute die letztmalige Verlängerung des Minusma-Einsatzes der Bundeswehr beschlossen. Zugleich wird die Bundesregierung die zivile Unterstützung für die Region vertiefen und den Fokus ihres Engagements im Sicherheitsbereich verstärkt auf Niger, Mauretanien und die Staaten am Golf von Guinea legen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius: „Nach dem möglichen Ende von EUTMEuropean Union Training Mission Mali und dem absehbaren Abzug der deutschen Kräfte bei MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali wollen wir in der Sahel-Region dennoch unseren militärischen und verteidigungspolitischen Beitrag leisten.
Die jüngste Eskalation im Sudan hat uns vor Augen geführt, wie plötzlich die Instabilität eines Landes zu einer existenziellen Bedrohung für das Leben unserer Staatsangehörigen werden kann.
Entscheidend ist, dass wir durch unser Engagement im Sahel die wachsende Eigenverantwortung der Afrikaner für Sicherheit und Stabilität auf ihrem eigenen Kontinent weiter fördern und befördern. Das schaffen wir nur gemeinsam in einer Partnerschaft auf Augenhöhe! Daher engagieren wir uns nicht nur im Rahmen der Bündnisse, sondern auch bilateral. So bilden wir weiterhin nigrische Spezialkräfte aus und geben so unser Know How weiter.“
Außenministerin Annalena Baerbock: „Wenn im Sahel Staaten zerfallen, dann spüren wir das Beben auch hier in Europa. Deswegen werden wir uns auch in Zukunft weiter für die Menschen in der Region engagieren – zivil und militärisch. Dass sich dort Terrorgruppen ausbreiten und russische Kräfte einnisten, bedroht nicht nur die Menschen in der Region. Ob wir es wollen oder nicht, was im Sahel passiert geht uns etwas an. Wir richten daher unser Engagement in der Region neu aus und lassen unsere Beteiligung an MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali über die nächsten 12 Monate strukturiert auslaufen. Wir stärken unsere Zusammenarbeit mit Niger, Mauretanien und den Staaten am Golf von Guinea. Gemeinsam wollen wir verhindern, dass die Krisen der Region weiter auf diese Länder übergreifen und zum Flächenbrand werden.“
Entwicklungsministerin Svenja Schulze: „Viele Menschen im Sahel schließen sich Terrorgruppen nicht aus Überzeugung an, sondern weil sie ein Einkommen brauchen. Hier kann Entwicklungspolitik dazu beitragen, dem Terrorismus den Nährboden zu entziehen. Wir werden unser entwicklungspolitisches Engagement für die gesamte Region ausweiten. Dabei sind wir erfolgreicher, wenn wir gemeinsam mit internationalen Partnern agieren als jeder für sich allein. Wir sind daher bereit, politisch mehr Verantwortung zu übernehmen in der Sahel-Allianz, dem zentralen Koordinierungsgremium der Geber für die Region.“
Die Lage im Sahel hat gewichtigen Einfluss auf die Stabilität im Norden und Zentrum Afrikas sowie am Golf von Guinea und damit auch mittelbar auf die europäische Sicherheit. Die Auswirkungen des Klimawandels, Ressourcenknappheit und das starke Bevölkerungswachstum schüren die Konflikte in der Region weiter. Zuletzt haben zudem Militärputsche in Mali und Burkina Faso die demokratische Entwicklung dort zurückgeworfen, in einigen Ländern des Sahel verschlechtert sich die Sicherheitslage und die humanitäre Lage in der Region bleibt angespannt.
Die Bundesregierung richtet ihr Engagement im Sahel neu aus und nimmt dabei vor allem zivile Stabilisierungsmaßnahmen, das Angehen von Krisenursachen und bedarfsorientierte humanitäre Hilfe in den Blick. Verlässliche Partner wie Niger wird Deutschland auch weiter militärisch unterstützen, und zwar bilateral wie auch im Rahmen der EUEuropäische Union. Gleichzeitig will die Bundesregierung regionale Ansätze z.B. im Rahmen von ECOWASEconomic Community of West African States fördern, die darauf abzielen, dass die Region selbst verstärkt Verantwortung im Sicherheitsbereich übernimmt. Auch dort, wo die Förderung zentralstaatlicher Strukturen aufgrund von autoritärer Regierungsführung, russischen Einflusses oder Menschenrechtsverletzungen keine positiven Effekte für die Bevölkerung verspricht, zieht Deutschland sein ziviles Engagement nicht völlig zurück, wird aber verstärkt auf eine Zusammenarbeit mit dezentralen Strukturen sowie die direkte Unterstützung der Bevölkerung aufbauen.
Auch wenn die Bundeswehr ihren Einsatz bei MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali absehbar beendet, wird Deutschland weiterhin seinen militärischen und verteidigungspolitischen Beitrag im Umgang mit den vom Sahel ausgehenden Herausforderungen – dem internationalen Terrorismus, der staatlichen Fragilität sowie der organisierten Kriminalität - leisten.
Unter dem Leitprinzip „African Ownership“ wird das Engagement im Sahel im Dienste einer wachsenden Eigenverantwortung der Afrikaner für Sicherheit und Stabilität stehen. Die jetzt auf den Weg gebrachte EUEuropäische Union-Mission „EUEuropäische Union Military Partnership Mission Niger spiegelt dies wider. Die Mission orientiert sich eng an den Bedürfnissen des Niger und unterstützt die nigrischen Streitkräfte bei ihrem selbstverantworteten Kapazitätsaufbau. Dabei unterstützt Deutschland beim Aufbau einer technischen Schule, bei der Ausbildung von Soldatinnen und Soldaten sowie beim Aufbau eines Führungsunterstützungsbataillons. Gleichzeitig engagiert sich die Bundeswehr bilateral: Die Ausbildung nigrischer Spezialkräfte unter dem Namen GAZELLE wurde Ende Dezember erfolgreich beendet. In diesem Geist wird die Bundeswehr die Ausbildung der nigrischen Spezialkräfte - auf nigrischen Wunsch – im Rahmen der Mission „TORIMA“ weiterführen und die Nachhaltigkeit sicherstellen. Der Instrumentenkasten für diesen partnerschaftlichen Ansatz geht aber weit über Ausbildungsmissionen hinaus. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung sowie die Instrumente Ausstattungshilfe und Ausbildungshilfe.
Das Entwicklungsministerium (BMZBundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) wird in der Sahel-Region einen Schwerpunkt auf die Schaffung von Jobs und Ausbildungsplätzen für die junge Bevölkerung legen - etwa in der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte, im Bauhandwerk oder beim Aufbau von Infrastruktur wie Wasserpumpen. Zusammen mit Partnern sollen so Alternativen geschaffen werden zu den Rekrutierungsstrategien extremistischer Gruppen. Soziale Sicherungssysteme sollen zudem die Schwächsten in der Bevölkerung dabei unterstützen, besser mit Krisen wie den Folgen des Klimawandels zurechtzukommen. Mit seiner „Sahel-Plus-Initiative“ nimmt das BMZBundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung dabei die gesamte Region in den Blick, also die Sahelstaaten plus die westafrikanischen Küstenländer Senegal, Côte d’Ivoire, Ghana, Togo und Benin. Denn die Terrorgruppen der Region machen nicht an Landesgrenzen halt.
Für eine bessere Wirkung des Engagements setzt die Bundesregierung auf starke Allianzen mit Partnern vor Ort und multilateralen Organisationen. Deutschland geht dabei auch politisch in die Verantwortung. Entwicklungsministerin Schulze wird im Sommer für den Vorsitz der Sahel-Allianz kandidieren, dem Koordinierungsgremium der 18 wichtigsten Geberstaaten und Organisationen.
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