Nach dem Blankeneser Erlass vom 21. März 1970, dem Berliner Erlass vom 21. Januar 2005 und dem Dresdner Erlass vom 21. März 2012 ist der Osnabrücker Erlass vom 30. April 2024 der vierte Erlass zur Regelung des Verhältnisses zwischen der militärischen und der zivilen Führung der Bundeswehr.
Hintergrund: Der bisherige Erlass aus dem Jahr 2012 spiegelte die Rolle der Bundeswehr als Armee im Einsatz wider. Er wurde den sicherheitspolitischen Realitäten seit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine und den daraus resultierenden Strukturentscheidungen nicht mehr gerecht. Der neue Erlass richtet die Spitzengliederung daher auf die auf zeitgemäße Landes- und Bündnisverteidigung fokussierte Bundeswehr der Zeitenwende aus.
Wichtigste Inhalte: Der Erlass schreibt die konsequente Fokussierung auf den Kernauftrag der Streitkräfte zur Landes- und Bündnisverteidigung und die Grundsätze, die in der am 4. April 2024 bekannt gegebenen Neustrukturierung der Bundeswehr zum Ausdruck gekommen sind, für den gesamten Geschäftsbereich verbindlich fest. Ferner regelt er die Verantwortlichkeiten im Verteidigungsministerium und in der Führung des neustrukturierten nachgeordneten Bereichs, einschließlich der Zusammenarbeitsbeziehungen der Akteure untereinander. Erstmals bezieht er sich auch auf den Verteidigungsfall, fokussiert die zivilen Organisationsbereiche auf ihre Rolle in der Unterstützung des Verteidigungsauftrags der Streitkräfte und treibt die Koordinierung zwischen zivilen Organisationsbereichen und Streitkräften voran.
Hintergrund: Die Neuausrichtung der Bundeswehr, in deren Folge die Zahl der Soldaten reduziert und die Führungsstrukturen angepasst wurden, hat die Notwendigkeit einer weiteren Stärkung der streitkräftegemeinsamen Leitung gezeigt.
Wichtigste Inhalte: Als ranghöchster Soldat der Bundeswehr wurde der Generalinspekteur nun truppendienstlich Vorgesetzter aller Soldaten. Daneben erhielt er die Verantwortung über die ministeriellen Abteilungen „Planung“, „Führung Streitkräfte“ und „Strategie und Einsatz“. Fortan steuert er die Einsätze der Bundeswehr als wichtigste streitkräftegemeinsame Aufgabe. Dafür wurde die operative und taktische Ebene in das Einsatzführungskommando – außerhalb des Ministeriums – verlagert. Die Inspekteure der Teilstreitkräfte sind aus dem Ministerium herausgelöst und in ihrer Eigenständigkeit gestärkt worden.
Hintergrund: Im Rahmen der Umwandlung der Bundeswehr zu einer Armee im Einsatz ist dem Generalinspekteur, als Verantwortlichem für streitkräftegemeinsame Aufgaben, 2002 das Einsatzführungskommando unterstellt worden. Die Verantwortung für die Vorbereitung und Durchführung von Auslandseinsätzen wurden bis 2005 erweitert, aber in der Spitzengliederung nicht umfassend geregelt.
Wichtigste Inhalte: Der Generalinspekteur erhielt das Recht, nicht nur konzeptionelle Entscheidungen zu treffen, sondern auch konkrete Weisungen zur Führung der Truppe im Einsatz, zur Streitkräfteplanung und zur Sicherstellung der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu erlassen. Dies schloss die Bereiche der Fähigkeitsanalyse, Bedarfsermittlung und Beschaffung mit ein.
Hintergrund: Die Spitzengliederung im Verteidigungsministerium erwies sich in der Praxis als nicht klar genug definiert. Dies betraf insbesondere die Verantwortung des Generalinspekteurs. Bei der Gründung der Bundeswehr wurde er als Berater des Ministers und der Bundesregierung bestimmt, aber aus der truppendienstlichen Befehlskette herausgehalten. Als ministerieller Abteilungsleiter stand er neben den Inspekteuren der Teilstreitkräfte, die für ihre Bereiche selbst verantwortlich waren. Darüber hinaus wurde der Bedarf erkannt, die Stabsstruktur der Bundeswehr an die der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner anzupassen.
Wichtigste Inhalte: Die Befugnisse des Generalinspekteurs wurden erweitert. Fortan war er dem Minister gegenüber verantwortlich für die Gesamtkonzeption der Bundeswehr und als Hauptabteilungsleiter gegenüber den Inspekteuren der Teilstreitkräfte weisungsberechtigt. Die Inspekteure verfügten jeweils über einen eigenen Führungsstab. Innerhalb des Ministeriums diente dieser als Abteilung, während er in der Bundeswehr die höchste militärische Kommandostelle der Teilstreitkraft bildete. Die Führungsstäbe konnten auf diese Weise ministerielle Entscheidungen zielgerichtet in die Truppe transportieren.
Inhalte teilen via