Durch das Ende der Blockkonfrontation ergab sich 1990 die historische Chance auf eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. Eine der wesentlichen vertraglichen Grundlagen der Deutschen Einheit war der Zwei-plus-Vier-Vertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR sowie den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs. Er gilt bis heute als eine Sternstunde der Diplomatie.
„In dem Bewusstsein, dass ihre Völker seit 1945 miteinander in Frieden leben (…) eingedenk der jüngsten historischen Veränderungen in Europa, die es ermöglichen, die Spaltung des Kontinents zu überwinden (…) unter Berücksichtigung der Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte in Bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes und der entsprechenden Vereinbarungen und Beschlüsse der Vier Mächte aus der Kriegs- und Nachkriegszeit (…)“.
Die Präambel des Zwei-plus-Vier-Vertrags vom 12. September 1990 ist ein Abbild der gesellschaftlichen Umbrüche und der daraus resultierenden hoffnungsvollen Stimmung nach dem Ende des Kalten Kriegs. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag heißt so, weil die beiden deutschen Staaten und die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs Vertragsparteien wurden. Die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten schufen gemeinsam mit Großbritannien und Frankreich die Voraussetzungen für die Deutsche Einheit und für die volle Souveränität Deutschlands.
Das war 1990 keine Selbstverständlichkeit, denn auch 45 Jahre nach Kriegsende war in Teilen Europas die Sorge vor einem wieder geeinten und damit mächtigen Deutschland groß. Vor allem in Frankreich und Großbritannien waren Widerstände zu überwinden. Auch deshalb enthält der Zwei-plus-Vier-Vertrag detaillierte Regelungen zu territorialen Fragen, zur Bündniszugehörigkeit des vereinten Deutschlands und zur Größe der Bundeswehr.
So verpflichtete sich das vereinte Deutschland, die Ostgrenze zu Polen entlang der Flüsse Oder und Neiße anzuerkennen, was kurze Zeit später durch einen Vertrag mit Polen auch umgesetzt wurde. Der ebenfalls im Vertrag besiegelte Verzicht auf die ehemaligen deutschen „Ostgebiete“ war zu jener Zeit in der alten Bundesrepublik noch ein Politikum. Neben der vertraglich fixierten Unverletzlichkeit der bestehenden Grenzen wurde auch die künftige militärische Macht Deutschlands im Zwei-plus-Vier-Vertrag geregelt.
Artikel 3 des Vertrags bestimmte unter anderem, dass die Armee des geeinten Deutschlands höchstens 370.000 Mann zählen darf und somit nach der Wiedervereinigung bei der Bundeswehr ein massiver Personalabbau zu bewerkstelligen war. Außerdem verzichtete Deutschland auf den Besitz von atomaren, biologischen und chemischen Waffen. Einen inhaltlichen Schwerpunkt des Artikels 4 bildete die Vereinbarung über den Abzug der zur Zeit des Vertragsschlusses auf dem Gebiet der DDR stationierten sowjetischen Streitkräfte. Dieser sollte bis Ende 1994 beendet sein.
Artikel 5 enthielt weitere Regelungen zu den Aufenthaltsrechten der Armeen der Siegermächte bis zum vollständigen Abzug der sowjetischen Truppen. Für das Gebiet der bei Vertragsschluss noch existenten DDR ergaben sich zudem Sonderregelungen, die bis heute fortwirken. So dürfen ausländische Truppen nicht dauerhaft im Beitrittsgebiet stationiert werden. Auch die Stationierung von Atomwaffen ist nach dem Vertrag in Ostdeutschland nicht erlaubt.
Im Artikel 7 des Zwei-plus-Vier-Vertrags verzichteten die Siegermächte schließlich auf ihre Rechte aus dem Besatzungsstatut. Im Ergebnis wurde damit – fast ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende – die deutsche Souveränität in inneren und äußeren Angelegenheiten wiederhergestellt. Nach alledem erwies sich der Vertrag als der wohl zentralste Schritt zur deutschen Wiedervereinigung. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag wurde somit zu einem Schlüsseldokument für die europäische Neuordnung zum Ende des Kalten Kriegs. Aufgrund seiner Bedeutung wurde der Vertrag 2011 von der UNESCO in das Weltdokumentenerbe „Memory of the World“ aufgenommen.
Dass das vereinte Deutschland NATONorth Atlantic Treaty Organization-Mitglied bleiben sollte, lässt sich implizit aus den Bestimmungen des Vertrags herauslesen. Im Vertragswerk selbst werden keine rechtlich bindenden Aussagen zur NATONorth Atlantic Treaty Organization-Osterweiterung oder zur Aufnahme anderer Mitglieder gemacht. Schon mit dem Beitritt von Ländern wie Polen, Tschechien und Ungarn zur Allianz in den 1990er-Jahren mehrten sich aber die Spannungen zwischen NATONorth Atlantic Treaty Organization und Russland, das die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Erweiterung zu einer Verletzung informeller Zusicherungen erklärte und im Rahmen verzerrender Narrative bis heute als Bedrohung seiner Sicherheitsinteressen darstellt.
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