Bei der 14. Spießtagung haben sich rund 200 Kompaniefeldwebel und Wachtmeister der Bundeswehr mit der militärischen Führung der Streitkräfte und der Organisationsbereiche ausgetauscht. In diesem Jahr stand die Tagung unter der Überschrift: „Unteroffizier ohne Marschrichtung? Standortbestimmung und Zielausrichtung“.
Bietet der militärischen Führung eine Plattform, um über zentrale Themen zu diskutieren: die Spießtagung des Generalinspekteurs.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, eröffnete seinen gut 30-minütigen Vortrag im Scharnhorstsaal in Hannover mit einem Überblick über die Einsatzlage – die er als absehbar fordernd beschrieb. „Ich erwarte nicht, dass wir uns in nächster Zeit aus Einsätzen verabschieden werden“, sagte er mit Verweis auf den Sitz Deutschlands im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und die EUEuropäische Union-Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr. Auch vor dem Hintergrund der gleichbleibend hohen Anforderungen sei die Einsatzbereitschaft der Truppe sein Kernanliegen. General Zorn führte weiter aus, was dies für die Bereiche bedeutet, auf denen Einsatzbereitschaft beruhe, nämlich Personal, Material und Ausbildung.
Beim Personal sei er trotz aller demografischen Herausforderungen zufrieden, sowohl in Bezug auf die Quantität, als auch auf die Qualität. Auch im Bereich Rüstung sei die Lage besser, als es manche Pressemeldung vermuten lasse. „Das Material läuft zu“, sagte Zorn, „zwar nicht jeden Tag an jedem Standort – wie auch bei über 200 Standorten? Aber es kommt etwas an in der Truppe“. Probleme bereiteten nach wie vor lange, zum Teil überkomplizierte Prozesse bei der Beschaffung sowie die Versorgung mit Ersatzteilen. Doch auch hier werde bereits mit Hochdruck an Abhilfe gearbeitet. Bei allem, was mit der Einsatzbereitschaft der Truppe zu tun habe, sei der richtige Mindset von zentraler Bedeutung, stellte der Generalinspekteur heraus. Er meinte damit eine Haltung, die Dinge stets pragmatisch und zielorientiert anzugehen. Statt immer nur Bedenken und Absicherung in den Vordergrund zu stellen und abzuwarten, wünsche er sich mehr die Einstellung „einfach machen“.
Sie wird an der Schulter und ausschließlich von Kompaniefeldwebeln getragen – die goldgelbe „Spießschnur“.
Übergreifendes Thema der Tagung war die künftige Rolle der Unteroffiziere. Kompaniefeldwebel, wie sie in Hannover versammelt waren, sind Vorgesetzte aller Unteroffiziere und Mannschaften ihrer Einheit. Sie gelten als „Mutter der Kompanie“ und „rechte Hand“ des Kompaniechefs. Ihre Erfahrung macht sie zum Ansprechpartner, Berater und Vermittler zwischen den Dienstgradgruppen. Ihr Berufsbild ist derzeit im Wandel. „Wir brauchen ein klares Rollenverständnis, was es heißt, Unteroffizier zu sein“, sagte Oberst i.G.im Generalstabsdienst Robert Sieger, Beauftragter des Generalinspekteurs für Erziehung und Ausbildung. Denn Unteroffiziere setzten besonders wichtige Impulse für die Entwicklung der Truppe. Oberstabsfeldwebel Kai Bratzke, Sprecher der Beratergruppe Spieße, betonte die Rolle der Unteroffiziere als Erzieher und Führer von Soldatinnen und Soldaten. „Sie gehen gemeinsam durch dick und dünn.“ Pflichtgefühl und Disziplin seien von jedem einzuhalten. Bratzke verwies besonders auf das Einhalten der Anzugordnung als Ausdruck der inneren Haltung von Soldaten. Er verlangte von jedem Vorgesetzten, dass sie Werte vorlebten und einforderten. Für ihn seien Feldwebel das „Rückgrat der Armee“ und „Vorbilder für junge Soldaten, aber auch für junge Offiziere“.
Für Generalleutnant Jörg Vollmer ist der Unteroffizier „Führer, Erzieher und Ausbilder“.
Generalleutnant Jörg Vollmer, Inspekteur des Heeres, sieht den Unteroffizier als „Führer, Erzieher und Ausbilder, statt als Arbeitnehmer, denn am Ende stehen wir im Gefecht“. Es sei Rolle der Feldwebel, „Vertrauen nach unten und nach oben zu geben, zu fordern und zu fördern“, sagte Vollmer. Für Generalleutnant Ingo Gerhartz, Inspekteur der Luftwaffe, ist das Unteroffizierkorps „Träger der Einsatzbereitschaft“. Dabei seien beide Rollen gefordert: der Führer genauso wie der Spezialist. Die fachliche Kenntnis der Unteroffiziere sei durch „nichts zu ersetzten“, in Zukunft müsse sich diese aber besonders im Zuge der steigenden Multinationalität beweisen. Vizeadmiral Andreas Krause, Inspekteur der Marine, machte deutlich, dass die Marine mehrheitlich aus Unteroffizieren bestehe. Auf einigen Schiffen und Booten machten Unteroffiziere fast 80 Prozent der Gesamtbesatzung aus. „Ohne sie fährt kein Schiff“, sagte Krause. „Sie sind die Fachleute, die uns vorantreiben. Wir brauchen sie dringend.“ Generalmajor Jürgen Setzer, Stellvertretender Inspekteur des Kommandos Cyber- und Informationsraum, würdigte die Feldwebel bei der Leistungserbringung seiner Truppe, machte aber beim Rollenverständnis deutlich: „Es gibt nicht den Feldwebel, sondern nur die Feldwebel“; denn ihre Dienstbereiche seien in der Truppe oft sehr unterschiedlich.
Die Spieße und Wachtmeister nutzen die anschließende Diskussion für Nachfragen, Anregungen aber auch Kritik. So widersprachen sie eindeutig einem möglichen Rückgang der Bedeutung von Unteroffizieren als taktische Führer. Hinzu kamen Nachfragen zur Möglichkeit der schnelleren Entlassung von Soldaten aus dem Dienst, die sich eindeutig leistungsverweigernd verhielten. Ein weiterer Teilnehmer der Tagung kritisiert die fehlende Benotung des Feldwebellehrgangs oder das teilweise junge Alter von einigen Feldwebeln zu Laufbahnbeginn. Ein anderer Spieß regte eine herausfordernde Ausbildung und einen anspruchsvollen Dienstalltag für Soldaten an.
Für General Zorn muss der Austausch unbedingt in beide Richtungen stattfinden. „Das wichtigste ist, dass die Spieße als Führer der Unteroffiziere am Puls der Truppe sind“, sagte Zorn. Der Charme der Veranstaltung liege für ihn darin, „ungefilterte Informationen zu bekommen“. Deswegen kehrte er auch am Abend, nach einem spontanen Überraschungsbesuch bei der Truppe im nahe gelegenen Neustadt am Rübenberge (Luttmersen), wieder zur Spießtagung zurück, um den gewinnbringenden Austausch fortzusetzen.
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