Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, der Nahost-Konflikt und Unsicherheit über den künftigen außenpolitischen Kurs der USA machen deutlich: Europa muss zusammenhalten. Formate wie das Weimarer Dreieck gewinnen an Bedeutung – aber was verbirgt sich hinter dem Begriff?
Das Weimarer Dreieck – französisch Triangle de Weimar oder polnisch Trójkąt Weimarski – ist ein Forum für Konsultationen zwischen Deutschland, Frankreich und Polen. Es ist ein zentrales Element der Kooperation der drei Staaten. Auch als Dreiergipfel, Dreierformat oder Weimar-Format bezeichnet, bildet es den Rahmen für die Zusammenarbeit der Länder in sicherheits- und außenpolitischen Fragen. Die regelmäßigen Treffen bringen nicht nur die Staats- und Regierungschefs sowie verschiedene Ministerinnen und Minister zusammen, sondern auch Abgeordnete oder Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft.
Es ist der 28. August des Jahres 1991. Der Eiserne Vorhang ist gefallen, Grenzen in Europa werden eingerissen. Die damaligen Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens – Hans-Dietrich Genscher, Roland Dumas und Krzysztof Skubiszewski – kommen in Weimar zusammen: Es ist die Geburtsstunde des Weimarer Dreiecks.
Das hat in einem Klima des europäischen Aufbruchs und der Freude über die Überwindung der Teilung Europas und Deutschlands begonnen.Hans-Dietrich Genscher (2006 im Deutschlandfunk)
In einer Zeit des Aufbruchs entstand damals ein neues Gesprächsforum für europapolitische Angelegenheiten zwischen den drei mitteleuropäischen Staaten und Gesellschaften. Ziel war es, aus verschiedenen europäischen Blickwinkeln gemeinsame Interessen für die Zukunft Europas zu identifizieren und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auszubauen. Außerdem sollten Polen, aber auch andere neue Demokratien in Mittel- und Osteuropa, an die Europäische Gemeinschaft herangeführt werden. Das Weimarer Dreieck ebnete damals den Weg für die Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft und damit für das Europa von heute.
In ihrer „Gemeinsamen Erklärung zur Zukunft Europas“ betonten die drei damaligen Außenminister, dass Deutsche, Franzosen und Polen maßgeblich die Verantwortung für ein sicheres, handlungs- und zukunftsfähiges Europa trügen. Das gilt nach wie vor: Im Jahr 2024 leben in Frankreich, Polen und Deutschland insgesamt fast 190 Millionen Menschen und damit beinahe die Hälfte der Bevölkerung der EUEuropäische Union.
Als Plattform für die politische Koordination innerhalb der EUEuropäische Union kann das Weimarer Dreieck Impulse für den politischen und gesellschaftlichen Austausch liefern. Damit trägt es zu einem geeinten und handlungsfähigen Europa bei – vor allem im Bereich der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. So wird auf verschiedenen Ebenen gemeinsam und über Grenzen hinweg die Zukunft Europas gestaltet.
2024, über 30 Jahre nach seiner Gründung, ist das Weimarer Dreieck ebenso wichtig wie damals. Europa befindet sich abermals in einer Zeitenwende. Die gegenwärtige sicherheitspolitische Lage erfordert mehr denn je ein geeintes, handlungsfähiges Europa. Bei seinem Besuch in Polen im März 2024 betonte Verteidigungsminister Boris Pistorius, er freue sich sehr, das Format wiederzubeleben. Paris, Berlin und Warschau eine vor allem das Ziel, die Ukraine in ihrem Verteidigungskampf zu unterstützen. Die drei Staaten gehören 2024 politisch, militärisch und finanziell zu den größten Unterstützern der Ukraine im Abwehrkampf gegen den russischen Aggressor.
In Zeiten, in denen Krisen weltweit für Verunsicherung sorgen und demokratiefeindliche Tendenzen an den Grundfesten europäischer Werte rütteln und die europäische Friedensordnung gefährden, muss Europa geschlossen zusammenstehen – dafür steht auch das Weimarer Dreieck.
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