Die Allianz hat in den vergangenen zehn Jahren entschlossen auf die herausfordernde sicherheitspolitische Situation in Europa reagiert. Einsatzbereitschaft und Verteidigungsplanung wurden durch Beschlüsse bei NATONorth Atlantic Treaty Organization-Gipfeltreffen angepasst. Deutschland hat sich an der Umsetzung dieser Beschlüsse zum Schutz des Bündnisses maßgeblich beteiligt.
Der laufende Anpassungsprozess der NATONorth Atlantic Treaty Organization wird wesentlich durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie militärische und hybride Provokationen und Aktionen geprägt. Zunächst hat Russland mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Halbinsel Krim 2014 und der fortgesetzten Destabilisierung der Ostukraine die regelbasierte europäische Friedensordnung infrage gestellt und das Verhältnis zur NATONorth Atlantic Treaty Organization stark belastet. Darauf hat die Allianz noch im selben Jahr beim Gipfel in Wales reagiert.
Wir, die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Nordatlantischen Bündnisses, sind zu einem für die euro-atlantische Sicherheit entscheidenden Zeitpunkt in Wales zusammengekommen. Russlands aggressives Vorgehen gegen die Ukraine hat unsere Vision eines ungeteilten, freien und friedlichen Europas grundlegend erschüttert.Gipfelerklärung von Wales, 5. September 2014
Die Staats- und Regierungschefs der NATONorth Atlantic Treaty Organization haben in Wales den Readiness Action Plan verabschiedet. Dazu gehören die Verstärkung der Luftraumüberwachung – das sogenannte Air Policing durch ständig einsatzbereite Kampfflugzeuge – der Einsatz von AWACSAirborne Early Warning and Control System-Flugzeugen an der Ostflanke der NATONorth Atlantic Treaty Organization, eine stärkere Präsenz von Marinekräften in der Ostsee, dem Schwarzen Meer und dem Mittelmeer sowie häufigere internationale Übungen im NATONorth Atlantic Treaty Organization-Rahmen. Die Bundeswehr beteiligt sich regelmäßig an diesen Aktivitäten seit der Verabschiedung des Aktionsplans.
Beim Gipfel im walisischen Newport wurde auch die Schaffung der VJTFVery High Readiness Joint Task Force vereinbart. Sie ist Teil der NRFNATO Response Force, der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Reaktionskräfte, und besonders schnell verlegbar. Mit dieser NATONorth Atlantic Treaty Organization-Speerspitze kann schnell auf sicherheitspolitische Entwicklungen reagiert werden. Ihr Landanteil besteht aus einer verstärkten multinationalen Kampftruppenbrigade. Zusätzlich gehören zur VJTFVery High Readiness Joint Task Force auch Luft- und Seestreitkräfte sowie Cyber- und Spezialkräfte. Deutschland war als Rahmennation bereits an der Aufstellung der VJTFVery High Readiness Joint Task Force maßgeblich beteiligt. Nach 2014 und 2019 stellt die Bundeswehr auch 2023 den Leitverband für die Landanteile der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Speerspitze – mit rund 17.000 Soldatinnen und Soldaten.
In der Gipfelerklärung von Wales hatte das Bündnis dargelegt, dass es weiterhin ein kooperatives und konstruktives Verhältnis zu Russland anstrebe, wenngleich die Bedingungen dafür nicht gegeben waren. Die Zusammenarbeit mit dem russischen Militär wurde eingestellt. Es existiert jedoch grundsätzlich ein militärischer Krisenkontaktmechanismus zur Aufklärung militärischer Zwischenfälle sowie zur Vermeidung von unkontrollierten Eskalationsdynamiken.
Um die kollektive Verteidigung und Resilienz zu stärken, haben sich die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Mitgliedstaaten in Wales auch verpflichtet, ihre Streitkräfte mit den entsprechenden Ressourcen auszustatten – finanziell und materiell.
Deutschland steht zu der in Wales bekundeten Absicht. Seit dem Gipfeltreffen ist der Verteidigungshaushalt kontinuierlich gewachsen. Mithilfe des 2022 für die Bundeswehr eingerichteten Sondervermögens in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro – ergänzend zum eigentlichen Verteidigungsetat – wird Deutschland im mehrjährigen Durchschnitt das Zwei-Prozent-Ziel erreichen und seinen Beitrag zu den NATONorth Atlantic Treaty Organization-Fähigkeitszielen erbringen.
Zwei Jahre später – beim Gipfeltreffen in Warschau 2016 – hat die NATONorth Atlantic Treaty Organization weitere Beschlüsse zum Schutz des Bündnisgebiets gefasst. „Das aggressive Vorgehen Russlands einschließlich seiner provokativen militärischen Handlungen in der Peripherie des Gebiets der NATONorth Atlantic Treaty Organization sowie seine erwiesene Bereitschaft, politische Ziele mit der Androhung und Anwendung von Gewalt durchzusetzen, ist eine Quelle der Instabilität“, heißt es in der Gipfelerklärung. Beispiele für diese Provokationen sind zum Beispiel die wiederholten Verletzungen des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Luftraums durch russische Flugzeuge. NATONorth Atlantic Treaty Organization-Kampfjets des Air Policing werden dann alarmiert, um die russischen Flugzeuge abzufangen.
In Warschau wurde die Stationierung von insgesamt vier multinationalen Battlegroups in Osteuropa beschlossen. Sie sind in den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie in Polen als verstärkte Vornepräsenz (enhanced Forward Presence, eFPenhanced Forward Presence) eingesetzt. Jeweils rund 1.000 Soldatinnen und Soldaten aus verschiedenen NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten bilden eine Battlegroup, die von einer Rahmennation geleitet wird. Deutschland führt von Beginn an den Gefechtsverband in Litauen, der der litauischen Brigade Iron Wolf unterstellt ist.
Das erste Gipfeltreffen der Allianz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 fand mit weitreichenden Beschlüssen in Madrid statt. Neben der Zustimmung, Schweden und Finnland in das Bündnis aufzunehmen, hat die NATONorth Atlantic Treaty Organization angesichts der völkerrechtswidrigen Invasion der Ukraine noch weitere Anpassungen zur Verbesserung der Reaktions- und Verteidigungsfähigkeit beschlossen. „Die NATONorth Atlantic Treaty Organization wird unsere Bevölkerungen weiter schützen und jeden Zentimeter des Bündnisgebiets zu jeder Zeit verteidigen“, machten die Staats- und Regierungschefs in ihrer Gipfelerklärung deutlich. Aufgrund seiner „feindseligen Politik“ könne Russland nicht als Partner betrachtet werden, heißt es im neuen Strategischen Konzept der NATONorth Atlantic Treaty Organization, das in Madrid verabschiedet wurde. Russland sei eine Bedrohung für die europäische Sicherheit.
Mit der geplanten Aufstockung der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Eingreifkräfte auf rund 300.000 Soldatinnen und Soldaten wird das Bündnis auf diese Bedrohungslage reagieren. Eine neue Struktur für die Eingreifkräfte mit regionalen Zuordnungen wird eingeführt. Wie das funktionieren könnte, hat die Bundeswehr bereits in Litauen gezeigt: In Rukla wurde ein vorgeschobener Gefechtsstand eingerichtet, der Übungen und den möglichen Einsatz einer Kampfbrigade aus Deutschland vorbereitet. Zu Manövern oder bei einer Bedrohungslage können die Soldatinnen und Soldaten dann schnell von Deutschland nach Litauen verlegt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen wird künftig eine deutsche Brigade dauerhaft in Litauen stationiert.
Von Wales über Warschau nach Madrid: Die NATONorth Atlantic Treaty Organization hat ihre kollektive Verteidigung ausgebaut, ihre Fähigkeiten verbessert und ihre Widerstandsfähigkeit gestärkt. Die militärischen und politischen Anpassungen zeigen einerseits die Berechenbarkeit der NATONorth Atlantic Treaty Organization hinsichtlich der Achtung internationaler Regelungen und Verpflichtungen, denn alle Beschlüsse stehen im Einklang mit dem Völkerrecht. Sie sind gleichzeitig ein Signal der Entschlossenheit zum Schutz des Bündnisgebiets durch glaubhafte Abschreckung und Verteidigung.
Die Beiträge der Bundeswehr dazu sind Ausdruck der verlässlichen Bündnissolidarität Deutschlands. „Wir stehen unverbrüchlich zum Versprechen auf gegenseitigen Beistand nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags“, heißt es in der ersten deutschen Nationalen Sicherheitsstrategie.
NATONorth Atlantic Treaty Organization-Gipfeltreffen |
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Bei NATONorth Atlantic Treaty Organization-Gipfeln versammeln sich die Staats- und Regierungschefs aller Mitgliedstaaten und bilden den Nordatlantikrat – das höchste politische Entscheidungsgremium des Bündnisses gemäß dem Washingtoner Vertrag. Die Treffen in diesem Rahmen finden üblicherweise alle zwei Jahre statt. Zur Delegation gehören in der Regel auch die jeweiligen Außen- und Verteidigungsministerinnen und -minister, da diese beiden Ressorts für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik ihrer Länder zuständig sind. Vertreterinnen und Vertreter verbündeter Partnerländer, die nicht zur NATONorth Atlantic Treaty Organization gehören, werden ebenfalls zu Gipfeltreffen eingeladen. |
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