Jahrzehntelang systematisch diskriminiert: Homosexuelle Soldaten galten laut Ministererlass als „Gefahr für den Zusammenhalt der Truppe“. Am 3. Juli 2000 wurde der Erlass aufgehoben. Dass die Bundeswehr für Vielfalt und Toleranz steht, symbolisiert die Regenbogenflagge, die vom 1. bis 4. Juli erstmals an den Dienstgebäuden des BMVgBundesministerium der Verteidigung weht.
Der 3. Juli 2000, Tag der Aufhebung des Ministererlasses, ist ein besonderer Tag in der Geschichte der Bundeswehr. Lange wurden homosexuelle Soldaten mit der Diagnose Dienstunfähigkeit entlassen oder nicht befördert. Sie sollten zudem nicht als militärische Vorgesetzte oder Ausbilder verwendet werden. Oft waren sie Mobbing und Schikanen auch durch Vorgesetzte ausgesetzt, wenn die sexuelle Orientierung dienstlich bekannt war. Deshalb sahen sich Soldaten aller Statusgruppen gezwungen, ihre sexuelle Orientierung zu verleugnen.
Ein betroffener Soldat klagte gegen den ministeriellen Erlass aus dem Jahr 1984 – mit Erfolg: Vor 22 Jahren verlor dieser seine Gültigkeit. Unter dem Druck der Öffentlichkeit passten sich die Streitkräfte dem gesellschaftlichen Wandel an. Heute sind queere Menschen ganz selbstverständlich Teil einer bunten Bundeswehr.
Auch als Zeichen der Wiedergutmachung und Anerkennung des erlittenen Unrechts wurde auf Initiative des BMVgBundesministerium der Verteidigung das Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten (SoldRehaHomG) erarbeitet. Es ist seit dem 23. Juli 2021 in Kraft. Mit dem Gesetz können Betroffene nunmehr rehabilitiert und entschädigt werden. Im BMVgBundesministerium der Verteidigung wurde eigens eine Rehabilitierungs- und Entschädigungsstelle (RehaHomStelle) eingerichtet, die Antragsverfahren führt und sich um eine Aussöhnung Betroffener mit der Vergangenheit bemüht.
Als besondere Würdigung dieses historischen Datums und die in Folge verbundene Rehabilitierung für erlittenes Unrecht wird nun die Regenbogenflagge vier Tage lang an Dienstgebäuden des Bundesministeriums der Verteidigung neben der Bundesdienstflagge und der EUEuropäische Union-Flagge – beide ständig gesetzt – wehen. Das ist zugleich Novum und starkes Signal der Solidarität, Akzeptanz und Toleranz.
Für viele der Diskriminierten kam die Rehabilitierung erst nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst. Das Signal, das vom Setzen der Regenbogenflagge ausgehen soll, ist klar: Die Menschen und das verursachte schwere persönliche Leid werden gesehen, die diskriminierende Behandlung als Unrecht erkannt.
Ministerin Lambrecht stellt anlässlich des erstmaligen Setzens der Regenbogenflagge am Verteidigungsministerium heraus: „Wir stehen für eine offene und vielfältige Bundeswehr - für Akzeptanz und Toleranz. Vor einem Jahr wurde das Gesetz zur Rehabilitierung homosexueller Soldatinnen und Soldaten verabschiedet. Es wird helfen, das Unrecht, das die Betroffenen erlitten haben, wiedergutzumachen. Denn für uns ist klar: Es spielt keine Rolle, wen Du liebst, was Du glaubst oder welches Geschlecht oder welche Hautfarbe Du hast - Kameradschaft macht keinen Unterschied. Deswegen ist das Gesetz auch nur ein Baustein. Wir überprüfen Vorschriften und Sichtweisen permanent und passen sie an. Denn wir wissen: Es ist noch Einiges zu tun!“
Die Aufarbeitung des erlittenen Unrechts dauert an. Das SoldRehaHomG rehabilitiert und entschädigt frühere Soldatinnen und Soldaten für vor dem 3. Juli 2000 erlittene dienstrechtliche Diskriminierungen aufgrund ihrer homosexuellen Orientierung oder ihrer geschlechtlichen Identität während des Wehrdienstes. Heute bekennt sich die Bundeswehr ausdrücklich zu Vielfalt und Toleranz. Die Erlaubnis zum Setzen der Regenbogenflagge an Dienstgebäuden des Bundes basiert auf dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung für 2021 bis 2025. Auf dieser Grundlage genehmigte das Bundesministerin des Innern und für Heimat diese Form der Beflaggung. |
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