Warum ist eine Anpassung der Bundeswehr an den Klimawandel wichtig? Welche Rolle spielen unsere Partner und Verbündeten? Und wann werden erste Ergebnisse sichtbar? Diese und weitere Fragen beantwortet die für die Erstellung der Strategie „Verteidigung und Klimawandel“ zuständige Fachreferentin im BMVgBundesministerium der Verteidigung, Zoe Adam.
Der Klimawandel ist eine zentrale Herausforderung unserer Zeit, die zunehmend Einfluss auf unsere Wehrhaftigkeit und Resilienz und somit auch unsere Verteidigung hat. Wir gehen das Thema Verteidigung und Klimawandel daher vorausschauend an.
Die Auswirkungen des Klimawandels wie Temperaturextreme, der Meeresspiegelanstieg oder die zunehmende Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen haben absehbar einen zunehmenden Einfluss auf Krisen und Konflikte der Zukunft. So können beispielsweise der wachsende Wettbewerb um Ressourcen und seltene Erden für neue Technologien oder die Eröffnung neuer Schifffahrts- und Handelswege in der Arktis zu neuen Konkurrenzverhältnissen sowie geopolitischen Spannungen führen. Aus den Auswirkungen des Klimawandels können sich also neue Handlungserfordernisse für Sicherheit und Verteidigung ergeben.
Darüber hinaus hat der Klimawandel konkrete Auswirkungen auf das gesamte Fähigkeitsspektrum der Bundeswehr. Die Bundeswehr muss ihren Kernauftrag – die Landes- und Bündnisverteidigung – und ihre weiteren Aufträge jederzeit erfüllen können. Das heißt, die Bundeswehr muss auch bei immer extremeren klimatischen Bedingungen lückenlos einsatzfähig sein. Militärisches und ziviles Personal, Fähigkeiten, Ausstattung und Infrastruktur müssen sich daher auch an die Erfordernisse des Klimawandels anpassen.
Kooperation spielt eine zentrale Rolle in unserem Umgang mit dem Klimawandel. Viele unserer Verbündeten und Partner befassen sich ebenfalls vorausschauend mit der Relevanz des Klimawandels für Sicherheit, Verteidigung und ihre Streitkräfte. Die zunehmende Wahrnehmung des Themas birgt das Potenzial, Synergien mit unseren europäischen und internationalen Partnern zu nutzen, um das eigene und das gemeinsame Engagement zu stärken.
Auch EUEuropäische Union und NATONorth Atlantic Treaty Organization haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend intensiv mit dem Thema befasst und sind hier zu wichtigen Foren für Austausch und Kooperation geworden. Ein konkretes Beispiel hierfür ist das 2023 in Kanada eingerichtete NATONorth Atlantic Treaty Organization Climate Change and Security Centre of Excellence. Dieses Kompetenzzentrum soll sowohl militärischen als auch zivilen Akteuren als Plattform dienen, Wissen über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Sicherheit zu entwickeln und auszutauschen. Auch die Bundeswehr und das Auswärtige Amt beteiligen sich daran. Diese bilateralen und multilateralen Kooperationspotenziale wollen wir noch stärker als bisher identifizieren und nutzen.
Die Anpassung unserer Streitkräfte an den Klimawandel ist kein Selbstzweck, sondern sie dient einem übergeordneten Ziel. Indem wir die Auswirkungen des Klimawandels im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung umfassend berücksichtigen, stellen wir die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr zur Erfüllung unserer Aufgaben und Aufträge auch in der Zukunft sicher.
Die weitreichenden Auswirkungen des Klimawandels zeichnen sich bereits heute ab. Streitkräfte werden in ihrer Auftragserfüllung zunehmend mit neuen Einsatzräumen, -bedingungen und -szenarien konfrontiert sein. Kein Land ist in der Lage, die Herausforderungen des Klimawandels für seine Sicherheit allein zu bewältigen. In der Tat wäre für viele globale Fragen „Great Power Cooperation“ anstatt „Great Power Competition“ geboten. Staaten, die sich nicht vorausschauend auf den Klimawandel vorbereiten, werden hier vor großen Herausforderungen stehen – das gilt insbesondere für unsere strategischen Rivalen.
Der Erstellungsprozess der Strategie „Verteidigung und Klimawandel“ hat Ende 2022 begonnen. Der Prozess wurde inklusiv und transparent gestaltet, um der Komplexität des Themas Rechnung zu tragen und die Zuständigkeit für die Umsetzung der Strategie über alle Abteilungen des Verteidigungsressorts hinweg zu verankern. Darüber hinaus wurden verschiedene Stellen der Bundeswehr sowie die Ressorts der Bundesregierung mit Schnittmengen zu diesem Thema ganz im Sinne „Integrierter Sicherheit“ aktiv eingebunden.
Der Austausch mit Partnern und Verbündeten, insbesondere im neu geschaffenen Climate and Defense Network der EUEuropäische Union, bot eine gute Möglichkeit, Vorgehensweisen und Erfahrungen auszutauschen und abzugleichen. Zudem haben zwei Szenarioanalysen des Metis Institut für Strategie und Vorausschau an der Universität der Bundeswehr in München externe Impulse für den Erstellungsprozess gegeben. Diese befassen sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Einsätze der Bundeswehr sowie auf Deutschland.
Das Bundesministerium der Verteidigung und die Bundeswehr befassen sich bereits seit Jahren mit dem Klimawandel. Wir fangen also nicht bei null an. Zahlreiche Zielvorgaben, die in der Strategie „Verteidigung und Klimawandel“ enthalten sind, bauen auf bereits bestehendem Engagement auf und entwickeln dieses zielgerichtet weiter.
Eines der ersten sichtbaren Projekte – welches mit der Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung angestoßen wurde – ist die Untersuchung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Sicherheit Deutschlands. Hierzu haben das Auswärtige Amt und das Bundesministerium der Verteidigung führende wissenschaftliche Institute und einschlägige Institutionen mit der Umsetzung beauftragt. Die Ergebnisse werden wir in der zweiten Jahreshälfte präsentieren. Die so gewonnenen Erkenntnisse werden in die Ausrichtung unseres Handelns und in die Umsetzung der Strategie einfließen.
Die Strategie ist der erste Schritt eines langfristigen Anpassungsprozesses. Dieses Jahr werden interne Aktionspläne für die acht strategischen Handlungsfelder der Strategie entwickelt. Es gilt, die in der Strategie enthaltenen Zielvorgaben in konkrete Maßnahmen und Zuständigkeiten entlang klarer Zeitlinien zu übersetzen.
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