Zehn Tage lang waren sie in Bonn zusammengekommen. 25.000 Vertreter aus mehr als 190 Ländern verhandelten auf der Klimakonferenz der Vereinten Nation darüber, wie sich die Folgen des Klimawandels begrenzen lassen. Eines der wichtigsten Ziele wurde erreicht: den Rahmen für ein sogenanntes „Regelbuch“ abzustecken, mit dessen Hilfe das Vorläuferabkommen von Paris praktisch umgesetzt werden kann.
Am Rande dieses Gipfels diskutierten Klimaexperten in Berlin, welche Unterstützung die vom Klimawandel Betroffenen benötigen. Zu dem Panel hatte die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen eingeladen. Ilse Hahn vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZBundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) betonte, die Bundesregierung wolle Menschen, die vom Klimawandel unmittelbar betroffenen sind, neue Perspektiven zu geben. Als Beispiel nannte sie Bangladesch, dessen flache Küstengebiete vom steigenden Meeresspiegel gefährdet sind. „Menschen wandern in sichere Städte ab. Wir unterstützen diese Städte durch Beratung und Projekte, mit dieser Zuwanderung fertig zu werden“, erklärte Hahn.
Jacob Schewe vom Potsdam-Institut für Klimaforschung (PIKPotsdam Institute for Climate Impact Research) berichtete: „Wir haben Simulationsmodelle erstellt. Wir können ausrechnen, wie sich Niederschläge und Ökosysteme verändern. Auf diesem Gebiet arbeiten wir mit Land- und Forstwirtschaft weltweit zusammen und versuchen zu prognostizieren: wo gibt es noch Chancen für Menschen vor Ort, und wohin müssen sie gehen, um sie zu retten.“ Malte Henschke von der Klima-Allianz ergänzte, dass sein Bündnis der Bundesregierung Vorschläge unterbreitet habe, was gegen Klimaschäden und klimabedingte Migration getan werden könne. Die Experten waren sich einig, dass es weltweit nicht mehr gelingen werde, allen Menschen zu ermöglichen, in ihren angestammten Wohngebieten zu bleiben.
Geprägt wurde die Diskussion von zwei Teilnehmerinnen des Pazifik-Inselstaates Kiribati (sprich: Kiribas). Diese Insel- und Atollgruppe liegt überwiegend nur zwei bis drei Meter über dem Meeresspiegel und ist deshalb im besonderen Maße vom Klimawandel bedroht. Berechnungen der Weltbank zufolge werden die Inseln bis spätestens 2050 unbewohnbar und bis 2070 vollkommen überschwemmt sein. Eindringlich wies die Kiribati-Aktivistin Maria Tiimon darauf hin: „Wir sind an vorderster Front. Klimawandel ist für uns Alltag“. Vasiti Tebamare, ebenfalls aus Kiribati, wurde konkret: „Unser Brunnenwasser eignet sich bereits nicht mehr als Trinkwasser.“ Und dennoch sei für ihr Volk „Migration auf andere sichere Inseln oder nach Australien nur das letzte Mittel“. Beide Aktivistinnen appellierten an Deutschland: „Wenn wir zusammenarbeiten, kann unser Volk gerettet werden – und auch das deutsche. Wenn es uns nicht mehr gibt, werdet ihr irgendwann selbst direkt betroffen sein.“
Im Weißbuch 2016 zur deutschen Sicherheitspolitik wird mit Blick auf den Klimawandel vor „signifikanten und existenzbedrohenden Folgen für zahlreiche Staaten und ihre Bevölkerungen“ gewarnt. Daraus leite sich auch eine „sicherheitspolitische Relevanz für Deutschland“ ab. Denn in südlichen Ländern erodieren Böden, Wüsten breiten sich aus, der Meeresspiegel steigt und bedroht Küstenregionen und Inseln. Ergebnis: Felder werden unfruchtbar, Ernten fallen aus. Auf diese Weise entstehen wirtschaftlicher Druck, unkontrollierte Migration sowie die Gefahr, dass Konflikte ausbrechen. Deshalb ist es auch für Deutschland wichtig, sich um Klimafolgen zu kümmern. Dies ist eine Form von Prävention, bevor Konflikte entstehen, damit nicht später andere Mittel ergriffen werden müssen.
Der jüngste Sturm „Xavier“ im Oktober 2017 hat auch hierzulande gezeigt, dass der Klimawandel Folgen nach sich ziehen kann. Sieben Menschen kamen ums Leben. Der Sturm verursachte Millionenschäden. Klimaforscher prognostizieren einen Anstieg der Häufigkeit von Stürmen. Im Weißbuch 2016 ist festgeschrieben worden, dass sich Deutschland dafür einsetzt, „Klimawandel als sicherheitspolitisches Thema in internationalen Organisationen und Foren wie den Vereinten Nationen und der EUEuropäische Union zu verankern.“ In den kommenden Jahren gelte es, „Klimafragen noch systematischer in das deutsche Engagement zur Krisenprävention und Stabilisierung zu integrieren“. Dabei sollen auch die Fähigkeiten von potentiell gefährdeten Gesellschaften gestärkt werden, dem Klimawandel begegnen zu können. Die UNUnited Nations-Klimakonferenz in Bonn war ein weiterer Schritt in diese Richtung.
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