Soldatinnen und Soldaten, zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!
Seit über 60 Jahren begleiten katholische und evangelische Seelsorger unsere Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Alltag und in den Einsätzen. Sie stehen unseren Männern und Frauen in Uniform in besonders schweren Lebenssituationen zur Seite. Sie sind gefragte Ansprechpartner gläubiger Soldatinnen und Soldaten, wie auch für diejenigen, die sich nicht zu einer Religion bekennen.
Waren bei der Einführung der Militärseelsorge noch 98% der Soldatinnen und Soldaten Angehörige der christlichen Kirchen, sind es heute nur noch etwa die Hälfte. Die Bundeswehr ist vielfältiger geworden, und wir wissen, dass mittlerweile viele jüdische und muslimische Kameradinnen und Kameraden zu uns zählen. Auch sie haben einen im Soldatengesetz verankerten Anspruch auf Seelsorge.
Bereits heute besteht für jede Soldatin und jeden Soldaten die Möglichkeit, am Zentrum Innere Führung in Koblenz ein seelsorgerliches Angebot außerhalb der Bundeswehr vermittelt zu bekommen. Doch möchte ich die Möglichkeiten der seelsorgerlichen und geistlichen Begleitung für unsere Soldatinnen und Soldaten weiter verbessern.
Deshalb werden wir die Militärseelsorge innerhalb der Bundeswehr erweitern. Ich habe entschieden, eine jüdische Seelsorge in der Bundeswehr einzurichten.
Nach rund 100 Jahren sollen wieder Militärrabbiner in deutschen Streitkräften Dienst tun. Hierzu streben wir einen Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentralrat der Juden als Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in unserem Land an. Dies entspricht der für die katholische und evangelische Militärseelsorge gewählten Form. Erste Gespräche sind dazu bereits erfolgt.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland soll künftig Kandidaten für Militärrabbiner vorschlagen, die Auswahl erfolgt letztendlich durch die Bundeswehr. Die Seelsorger sollen bei Bedarf auch in die Einsatzgebiete der Bundeswehr reisen. Deshalb wird im Rahmen der Auswahl der Seelsorger auf die gesundheitliche und fachliche Eignung ebenso Wert gelegt, wie auf eine Sicherheitsüberprüfung. Die fachliche Aufsicht über das theologische Wirken soll beim Zentralrat liegen, die Dienstaufsicht über die Arbeit der Militärrabbiner bei der Bundeswehr. Für den Anfang soll eine niedrige einstellige Zahl an Militärrabbinern eingestellt werden, um Erfahrungen mit dem neuen Angebot zu sammeln.
Auch für die Muslime in der Bundeswehr soll ein geistliches Angebot geschaffen werden. Mangels einer zentralen Institution, die in Deutschland mit der notwendigen Repräsentativität für die muslimischen Glaubensrichtungen sprechen könnte, kann jedoch bereits aus rechtlichen Gründen gegenwärtig kein Staatsvertrag geschlossen werden. Damit die muslimischen Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr mit Sorgen und Nöten in Bezug auf ihren Glauben dennoch feste Ansprechpartner erhalten, sollen muslimische Geistliche über so genannte Gestellungsverträge an die Bundeswehr gebunden werden.
Folgende Voraussetzungen für islamische Militärseelsorger wurden im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz einvernehmlich formuliert: Ein muslimischer Militärseelsorger in der Bundeswehr muss die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrschen, einen in Deutschland anerkannten Hochschulabschluss in islamischer Theologie besitzen, über eine seelsorgliche oder gemeindliche Erfahrung in Deutschland verfügen und von islamischen Religionsgemeinschaften, die die Zielgruppe der Soldatinnen und Soldaten repräsentieren, in die Bundeswehr entsandt und seitens der Bundeswehr akzeptiert werden. Die Gespräche, wie dies praktisch umsetzbar ist, werden wir zeitnah aufnehmen.
Wir sind stolz darauf, dass die Bundeswehr die Vielfalt unserer Gesellschaft wider-spiegelt. Die Erweiterung der Militärseelsorge trägt den Veränderungen in unserer Gesellschaft und in unseren Streitkräften Rechnung. Und sie ist ein starkes Zeichen unserer Bundeswehr für religiöse Toleranz sowie gegen Rassismus und Antisemitismus.
Dr. Ursula von der Leyen
Bundesministerin der Verteidigung
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