Barrier-Studien helfen dabei, nationale Hürden für eine stärkere Beteiligung von Frauen an UNUnited Nations-Friedensmissionen zu erkennen und abzubauen. Wie solche Studien durchgeführt werden können, debattierten Expertinnen und Experten am 8. März - dem internationalen Frauentag - während der zweiten Veranstaltung der virtuellen Konferenzreihe „Breaking Barriers – Women in Peacekeeping“.
Bei der zweiten virtuellen Diskussion tauschten sich internationale Expertinnen und Experten darüber aus, welche Hürden auf nationaler Ebene für die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen an UNUnited Nations-Friedensmissionen bestehen. Dabei diskutierten die Teilnehmenden auch, wie nationale Untersuchungen – sogenannte Barrier-Studien – dabei helfen können, Hindernisse für Frauen in den heimischen Streitkräften besser zu erkennen und zielgerichtet abzubauen.
Die Konferenzteilnehmenden nannten als Beispiele für nationale Hürden gesellschaftliche Erwartungen an Frauen im Bereich der Kinderbetreuung, mangelnde Unterstützung seitens der Vorgesetzten sowie das Fehlen von weiblichen Vorbildern und Mentorinnen. Bei der ersten Veranstaltung im Januar 2021 hatten UNUnited Nations-Soldatinnen von bestehenden Hürden für Frauen im Einsatz berichtet.
Die Veranstaltungsreihe wird von Deutschland, Irland, Südafrika und Bangladesch – gemeinsam mit Namibia, dem Initiator der Resolution 1325 – im Rahmen der UNUnited Nations-Reforminitiative Action-for-Peacekeeping (A4P) organisiert. Die vier Länder sind sogenannte A4P-Champions im Bereich Frauen, Frieden und Sicherheit (Women, Peace and Security). Mit den Expertendebatten wollen sie dazu beitragen, internationale Erkenntnisse zu Hürden für Frauen in UNUnited Nations-Missionen zu sammeln, um damit die Arbeit der UNUnited Nations in diesem Themenbereich zu unterstützen.
Zu Beginn der Online-Debatte begrüßte der Leiter der Abteilung Politik im BMVgBundesministerium der Verteidigung, Detlef Wächter, die Teilnehmenden. Wächter betonte, dass die Beteiligung von Frauen an Friedenssicherungseinsätzen dazu beitrage, die Missionen in ihrer Mandatsumsetzung effektiver, nachhaltiger und damit insgesamt erfolgreicher zu machen. Gleichwohl sei die gleichberechtigte Mitwirkung von Frauen bei Frieden und Sicherheit immer noch nicht Realität. Deshalb bleibe Deutschland ein überzeugter Befürworter der durch die UNUnited Nations-Resolution 1325 begründeten UNUnited Nations-Agenda zu Frauen, Frieden und Sicherheit. Erst vor wenigen Tagen habe die Bundesregierung ihren dritten nationalen Aktionsplan zu Frauen, Frieden und Sicherheit verabschiedet.
Wächter erklärte weiterhin, dass Deutschland im April 2019 im UNUnited Nations-Sicherheitsrat mehrere Maßnahmen angekündigt habe, um den Frauenanteil in Friedensmissionen zu erhöhen. „Wir haben beispielsweise eine nationale Barrier-Studie in der Bundeswehr durchgeführt, um die soziokulturellen und institutionellen Faktoren zu untersuchen, die einer stärkeren Entsendung von Frauen in Friedensmissionen entgegenstehen.” Die Ergebnisse der deutschen Barrier-Studie und gewonnene Erkenntnisse aus dem Studienprozess würden bald in geeigneter Form veröffentlicht.
Deutschland ist einer der ersten UNUnited Nations-Mitgliedstaaten, die im Rahmen einer Studie Hürden auf nationaler Ebene für die stärkere Beteiligung von Frauen in UNUnited Nations-Missionen untersucht haben. „Wir wollen die Erfahrungen, die wir bei der Durchführung der Studie gemacht haben, mit interessierten UNUnited Nations-Mitgliedstaaten teilen”, so Wächter.
Die im August 2020 vom UNUnited Nations-Sicherheitsrat verabschiedete Resolution 2538 fordert die UNUnited Nations-Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die gleichberechtigte Mitwirkung von Frauen an Friedensmissionen zu fördern und den Frauenanteil in den Militär- und Polizeikontingenten der UNUnited Nations-Mission zu erhöhen. Dafür sollten die Staaten auf nationaler Ebene untersuchen, welche Hindernisse der Entsendung von Frauen in UNUnited Nations-Mission entgegenstehen, und Maßnahmen zum Abbau dieser Hürden ergreifen.
Das Geneva Centre for the Democratic Control of Armed Forces (DCAF) hatte – im Auftrag der kanadischen Elsie Initiative for Women in Peace Operations – 2018 mit der sogenannten Baseline Study erstmals eine systematische Analyse der Hürden vorgelegt, die Frauen davon abhalten, sich für UNUnited Nations-Missionen zu bewerben.
Die Studie hatte mehrere Hürden für die Entsendung von Soldatinnen und Polizistinnen in UNUnited Nations-Peacekeeping-Missionen identifiziert. Dazu gehörten unter anderem der Mangel an Informationen zu Einsatzmöglichkeiten, das Fehlen von für Frauen adäquater Unterbringung und Ausstattung im Einsatz sowie die Gefahr von sexueller Belästigung und Ausgrenzung in Missionen. Es fehlten überdies weibliche Vorbilder und Netzwerke. Zudem sei es schwierig für Frauen, lange Einsatzzeiten mit Verpflichtungen im privaten Umfeld zu vereinbaren.
Auf Grundlage der Baseline Study hatte das DCAF gemeinsam mit der US-amerikanischen Cornell University und acht Pilotländern die Methodologie MOWIP (Measuring Opportunities for Women in Peace Operations) entwickelt. Die deutsche Barrier-Studie wurde auf Basis eines Entwurfs dieser Methodik durchgeführt. Die MOWIP-Methodologie soll truppen- und polizeistellenden Nationen dabei helfen, Hürden in ihrem jeweils spezifischen nationalen Umfeld zu identifizieren und zu bewerten, welche der Hürden den größten negativen Effekt auf die Entsendung von Soldatinnen haben.
Die Hoffnung ist, dass möglichst viele UNUnited Nations-Mitgliedstaaten bei nationalen Studien die MOWIP-Methodologie anwenden, um die Vergleichbarkeit der Studienergebnisse zu verbessern und den fachlichen Austausch der Staaten innerhalb der UNUnited Nations zu fördern. Über den multinationalen Fonds der Elsie Initiative können Staaten finanzielle Unterstützung anfordern, um nationale Barrier-Studien durchzuführen. Den Fonds hatte auch Deutschland 2019 mit zwei Millionen Dollar unterstützt.
Interessierte Leserinnen und Leser können die Veranstaltung über das Videoportal der Vereinten Nationen nachträglich verfolgen.
UNUnited Nations-Resolution 1325 |
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Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat die Resolution 1325 am 31. Oktober 2000 einstimmig verabschiedet. Sie fordert, Frauen in bewaffneten Konflikten besser vor Gewalt zu schützen, ihre Rechte zu stärken und sie gleichberechtigt an Friedensverhandlungen zu beteiligen. Um diese Ziele zu erreichen, sollen die Geschlechterperspektive in alle Bereiche von Friedensicherungseinsätzen integriert und die Rolle und der Beitrag von Frauen in UNUnited Nations-Missionen ausgeweitet werden. |
Frauenanteil in UNUnited Nations-Friedensmissionen |
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In ihrer Gleichstellungsstrategie für uniformiertes Personal fordern die UNUnited Nations, bis 2028 in Friedensmissionen den Anteil von Soldatinnen in Kontingenten auf 15 Prozent und den Anteil von Offizierinnen in Stäben und Militärbeobachterinnen auf 25 Prozent zu steigern. Der Frauenanteil in den Kontingenten aller UNUnited Nations-Missionen beträgt derzeit 5,4 Prozent (Stand: Januar 2021). Der Anteil von Frauen unter den Offizieren in Stäben und den Militärbeobachtern umfasst derzeit 17,8 Prozent (Stand: Januar 2021). Von den derzeit 532 deutschen Soldatinnen und Soldaten auf UNUnited Nations-Dienstposten sind 39 Frauen. Das entspricht einem Anteil von 7,3 Prozent (Stand: Januar 2021). Der Frauenanteil in den Kontingenten beträgt 7,6 Prozent. Unter den deutschen Offizieren in Stäben und den Militärbeobachtern ist derzeit nur eine Frau (Stand: Januar 2021). Aktuell sind für die Bundeswehr insgesamt 2.648 Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz (Stand: März 2020). Davon sind 200 Frauen, was einem Anteil von 7,5 Prozent entspricht. |
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