Rede des Parlamentarischen Staatssekretärs Thomas Silberhorn anlässlich seiner Verabschiedung.
Frau Bundesministerin, liebe Gäste, meine sehr geehrte Damen und Herren!
Vielen Dank, Frau Bundesministerin, für die wertschätzenden Worte. Die vergangenen 45 Monate im Bundesministerium der Verteidigung als Parlamentarischer Staatssekretär bei Dr. Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer und zuvor 49 Monate bei Dr. Gerd Müller im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung waren anspruchsvolle, gelegentlich aufreibende, aber auch sehr ertragreiche und erfüllende Jahre. Die beiden letzten Jahre waren – trotz Corona-bedingter Einschränkungen – in vielerlei Hinsicht die für mich schönsten.
Dafür danke ich von Herzen Dir, liebe Annegret, für Dein Vertrauen, das Du mir in großem Vorschuss gewährt hast, als Du mir in unserem ersten Dienstgespräch das Du angeboten hast. Ich habe stets versucht, Dein Vertrauen durch Leistung und Loyalität zu rechtfertigen. Das ist die Währung eines Parlamentarischen Staatssekretärs.
Wir haben viel erreicht und insbesondere Du, liebe Annegret, hast viel erreicht: Es ist gelungen, die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr signifikant zu steigern. Es war Deine strategische Grundsatzentscheidung, große Rüstungsprojekte „vor die Klammer“ zu ziehen und keine Verdrängungseffekte zu Lasten tausender kleinvolumiger Vorhaben mehr hinzunehmen. Das war aus meiner Sicht die wichtigste Entscheidung Deiner und meiner Amtszeit.
Sicherheit gibt es nicht umsonst. Sie hat ihren Preis. Entweder einen finanziellen Preis für die volle Ausstattung der Bundeswehr oder einen politischen Preis, wenn das nicht gelingt. Du hast diesen Preis eingefordert und deutlich gemacht, dass Sicherheit eine gesamtstaatliche Aufgabe ist, kein Ressortanliegen des BMVgBundesministerium der Verteidigung.
Folgerichtig ist das Ziel der Vollausstattung nach vielen Jahren wieder in einem Grundlagendokument des BMVgBundesministerium der Verteidigung verankert, im Eckpunktepapier der Bundesministerin und des Generalinspekteurs. So muss es weitergehen. Wir werden die neue Bundesregierung dabei auch von der Oppositionsbank aus unterstützen – vielleicht mehr, als ihr lieb sein mag. Wir werden ihr schon helfen.
Mit Dir, liebe Annegret, konnte die Bundeswehr ihr Ansehen in der Öffentlichkeit erheblich mehren. Dazu hat zuallererst der selbstlose Dienst unserer Soldatinnen und Soldaten beigetragen – insbesondere während der Corona-Pandemie und bei der Evakuierung aus Kabul. Aber Du hast auch ganz persönlich erheblichen Anteil daran, weil Du einen Politikstil pflegst, der Vertrauen schafft – in die Bundeswehr und in „die Politik“.
Du hast mit öffentlichen Gelöbnissen und mit dem Bahnfahren in Uniform zwei Projekte umgesetzt, die schnell und sichtbar den Stellenwert der Bundeswehr in unserer Gesellschaft steigern. Das BMVgBundesministerium der Verteidigung ist eben nicht nur Bundeswehr und ihre Verwaltung, sondern wir gestalten Sicherheitspolitik als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb ist es die Aufgabe aller Demokraten, der Bundeswehr einen festen Platz in der Mitte unserer Gesellschaft einzuräumen.
Mir war von Anfang an daran gelegen, meinen Handlungsspielraum auszuschöpfen, um diese Ziele mit voranzubringen: die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr und den Stellenwert der Bundeswehr in unserer Gesellschaft zu steigern.
Wir haben Rüstungsvorhaben von über 61 Mrd. Euro durch den Haushaltsausschuss gebracht, davon allein 27 Mrd. Euro in 2020 und 25 Mrd. Euro im ersten Halbjahr 2021. Die Mehrzahl dieser Vorlagen wurde dabei ohne Aussprache angenommen, weil wir zuvor in den Berichterstattergesprächen Konsens herstellen konnten.
Dafür danke ich den Abgeordneten des Deutschen Bundestags, namentlich dem Hauptberichterstatter für unseren Etat, Dr. Reinhard Brandl, und dem verteidigungspolitischen Sprecher meiner Fraktion, Henning Otte. Auf Euch war stets Verlass. Ich bin gespannt, ob und wann es unseren Nachfolgern gelingt, diese Rekorde zu toppen.
Herzlich danken möchte ich auch meinen Staatssekretär-Kollegen Gerd Hoofe und Benedikt Zimmer, dem Generalinspekteur Eberhard Zorn und seinem Stellvertreter Markus Laubenthal sowie allen Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern, Präsidentinnen und Präsidenten der nachgeordneten Behörden. Ich danke vor allem für die Bereitschaft, auch neue Wege zu gehen. Wie schnell z.B. marktverfügbares Gerät beschafft werden kann, was sich die neue Koalition ausdrücklich vorgenommen hat, das haben wir etwa mit dem A350 oder der P8 bereits demonstriert.
Ein neuer Weg waren auch die flexiblen Haushaltsmittel für Kommandeure. Wir haben es geschafft, die zentrale Steuerung in Planung und Beschaffung durch ein dezentrales Instrument so zu ergänzen, dass die Verbände ihre notwendigen Aufgaben einfach, schnell und wirksam erfüllen können. Dabei geht es nicht um Geld. Es geht darum, dass redundante Strukturen unsere Sicherheit erhöhen. Es geht um einsatzbereite Streitkräfte und motivierte Soldatinnen und Soldaten.
Zu diesem Zweck habe ich einen neuen Berechnungsfaktor eingeführt, der zwar nirgends in den Büchern steht, aber politisch sehr hilfreich war: den Faktor „MGZS“, die „Menge glücklicher und zufriedener Soldaten“ pro eine Million Euro Invest. Mein Anspruch war, dass unsere Soldatinnen und Soldaten am Morgen mit Stolz in ihren Flecktarn steigen, am Tag motiviert ihren Dienst leisten und am Abend müde ins Bett fallen. Das bedeutet: Was für die Grundausstattung und persönliche Ausrüstung der Truppe erforderlich ist, muss das BMVgBundesministerium der Verteidigung aus eigener Kraft finanzieren und darf nicht durch Priorisierungszwänge verdrängt werden. Sie können leicht erahnen, dass der MGZS-Faktor bei den flexiblen Haushaltsmitteln für Kommandeure mit am höchsten sein dürfte.
Mein besonderer Dank gilt meinem großartigen Team um Büroleiter Oberst Alexander Heinze ebenso wie dem Team Dr. Peter Tauber um Büroleiter Oberst Andreas Steinhaus. Was wir zusammen geschafft haben, war eine gewaltige Gemeinschaftsleistung. 145 Besuche in Bundeswehr-Dienststellen in ganz Deutschland und 57 Auslandsreisen in 41 Länder vermitteln einen Eindruck von der Leistungsfähigkeit meines Teams. Danke für Alles!
Mein persönlicher Dank gebührt meiner Familie. Sie hat so oft auf mich verzichten müssen, dass meine Ankündigung, jetzt wieder mehr Zeit zu haben, auch als Bedrohung aufgefasst werden kann. Schön, dass Ihr heute mit dabei seid.
Ich wünsche der Bundeswehr eine neue Leitung, die sich vor die Truppe stellt. Das verlangt ein bisschen Mut, aber das ist nichts im Vergleich zu dem Mut, den jede Soldatin und jeder Soldat aufbringt, der unter Gefahren für Leib und Leben in einen Einsatz geht. Ich wünsche der Bundeswehr, dass die neue Leitung für die Truppe kämpft, so wie wir für sie gekämpft haben.
Ich wünsche der Bundeswehr einen neuen Bundestag, der sich hinter die Truppe stellt, die er in Auslandseinsätze schickt. Die Soldatinnen und Soldaten dürfen zu Recht erwarten, dass nicht sie gegenüber Abgeordneten auf Einsatzreise den Auftrag der Bundeswehr erklären müssen, sondern dass umgekehrt die Abgeordneten den Soldatinnen und Soldaten den Sinn des von ihnen selbst beschlossenen Mandats erläutern können.
Und schließlich wünsche ich der Bundeswehr eine Gesellschaft, die die Bundeswehr in ihre Mitte stellt. Eine Gesellschaft, die sich die Antenne dafür erhält, dass unser Recht, unsere Freiheit und unsere Demokratie nur gesichert werden können, wenn wir auch bereit sind, sie zu verteidigen, notfalls mit militärischen Mitteln. Wenn die Guten nicht fechten, dann siegen die Schlechten.
Unsere Soldatinnen und Soldaten stehen für unser Recht und unsere Freiheit ein, im treuen Dienst für unser Land, aus freiem Entschluss, und wenn es sein muss unter Einsatz des eigenen Lebens. Die Bundeswehr steht deshalb für das, was unsere Gesellschaft dringend braucht: Einigkeit und Recht und Freiheit.
Ich bin dankbar, dass ich dazu meinen persönlichen Beitrag leisten durfte. Frau Bundesministerin, ich melde mich ab!
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