Ob in Politik, Militär oder Thinktanks, die sich mit Verteidigungs- und Sicherheitspolitik beschäftigen: Wenn über Krisen, Kriege und Konflikte gesprochen wird, sind Frauen immer noch stark unterrepräsentiert. Das macht sich besonders am Verhandlungstisch bemerkbar. Studien belegen, es ist noch ein langer Weg zu gehen – aber es lohnt sich.
Trotz aller Bemühungen, Fortschritte und Initiativen in Sachen Chancengerechtigkeit und Gleichstellung finden immer noch zu wenige Frauen den Weg in die Sicherheitspolitik und in die Bundeswehr – gerade dort wären sie aber erwiesenermaßen ein großer Gewinn.
Es scheint, je bedeutender die Sicherheitsfrage, desto weniger Frauen sitzen am Verhandlungstisch. Obwohl Frauen die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen, ist die Sicherheitspolitik nach wie vor überwiegend von Männern dominiert. Dabei belegen diverse Studien: Frieden ist nachhaltiger, wenn Frauen mitverhandeln. Eine Analyse des Internationalen Friedensinstitutes aus dem Jahr 2015 beispielsweise zeigt, dass die Beteiligung von Frauen an Friedensprozessen die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein Abkommen Bestand hat. Einem UNUnited Nations-Bericht aus dem Jahr 2021 zufolge waren Frauen zwischen 1992 und 2019 aber nur zu 13 Prozent Verhandlungsführerinnen und zu je sechs Prozent Vermittlerinnen und Unterzeichnerinnen bei wichtigen Friedensprozessen.
Berichte der Vereinten Nationen betonen auch, wie wichtig unterschiedliche Ansichten bei Friedensverhandlungen sind. Denn Stimmenvielfalt führt zu anderen und neuen Perspektiven, Wegen und Entscheidungen. So schärfen Frauen an den Verhandlungstischen den Blick für die Nöte und Belange von Frauen in Krisenregionen – sie stärken beispielsweise das Bewusstsein darüber, dass sexualisierte Gewalt in Krisengebieten systematisch als Waffe eingesetzt wird.
Doch die notwendige Präsenz von Frauen beschränkt sich nicht auf die rein politische Ebene. Aus Einsätzen ist bekannt, dass Frauen in Krisenregionen sich sicherer fühlen, wenn weibliche Sicherheitskräfte vor Ort sind. Mit der Resolution 1325 (PDF, 1,5 MB) haben sich die UNUnited Nations-Mitgliedstaaten im Jahr 2000 das Thema auf die Fahne geschrieben.
In der einstimmig beschlossenen Resolution mit der Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen wird gefordert, Frauen stärker an Sicherheits- und Friedensbemühungen zu beteiligen.
Die Resolution macht darauf aufmerksam, dass Frauen eine wichtige Rolle bei der Vermeidung und Lösung von Konflikten spielen. Wesentliches Element der UNUnited Nations-Resolution ist neben der Stärkung der Teilhabe von Frauen an Konfliktbewältigung und -prävention auch der besondere Schutz von Frauen und Mädchen in Kriegsgebieten, um geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalt zu verhindern.
Dass Frauen in der Sicherheitspolitik, zumindest in Deutschland, die große Ausnahme sind, hat sich seit Anfang der 2000er-Jahre zwar geändert – von Geschlechterparität, also einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis, kann jedoch noch lange keine Rede sein.
Frauen in der Bundeswehr – was heute selbstverständlich ist, war bis 2001 undenkbar. Zwar konnten sich Frauen freiwillig im Militärmusikdienst oder im Sanitätsdienst verpflichten, bei der kämpfenden Truppe durften sie jedoch nicht dienen. Mit der Öffnung aller Bereiche für Frauen im Jahr 2001 hat sich die Bundeswehr grundlegend gewandelt. Mittlerweile leisten über 24.000 Soldatinnen ihren Dienst in den deutschen Streitkräften – die Tendenz ist steigend. Damit sind rund 13 Prozent der insgesamt rund 181.000 militärischen Angehörigen der Bundeswehr Frauen. Neben ihnen sind über 31.000 Beamtinnen und zivile Mitarbeiterinnen fester Bestandteil des Ministeriums. Frauen bilden knapp 39 Prozent des Zivilpersonals (Stand: September 2023).
Der Anteil von Frauen in der Bundeswehr ist in den vergangenen 20 Jahren, wenn auch langsam, aber beständig gestiegen. Bis 2091 wird es laut SHEcurity Index 2022 aber noch dauern, bis in der Bundeswehr ebenso viele Frauen wie Männer dienen. Bis dieses Verhältnis im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages erreicht ist, sogar noch ein Jahr länger. Der Index bündelt Daten über den Anteil von Frauen in Politik, Diplomatie, Militär, Polizei, internationalen Missionen sowie der Rüstungsindustrie aus 105 Staaten.
Klar ist, es gibt noch einiges zu tun. Um die Präsenz von Frauen insbesondere in Führungspositionen zu erhöhen, sind strategische Entscheidungen und differenzierte Maßnahmen notwendig. Für eine erfolgreiche Geschlechterintegration müssen neue Strukturen geschaffen werden, die die Förderung von Frauen und die Bereitstellung entsprechender Leistungen – beispielsweise Kinderbetreuung – garantieren.
Mit der Novellierung des Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetzes möchte das BMVgBundesministerium der Verteidigung die personelle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr sichern und den Anteil von Soldatinnen in allen Bereichen steigern. Das gilt insbesondere für Führungspositionen. In der Truppe wird ein Frauenanteil von 20 Prozent außerhalb des Sanitätsdienstes angestrebt. Aktuell bilden diesen Anteil knapp zehn Prozent. Innerhalb des Sanitätsdienstes ist die Geschlechterparität beinahe erreicht.
Auf dem Weg zur Chancengerechtigkeit setzt das BMVgBundesministerium der Verteidigung zudem auf gezielte personalwerbliche Maßnahmen, regelmäßige Analysen möglicher systemischer Karrierehemmnisse oder auch Coaching- Programme, um die Position von Frauen zu stärken.
Mit der Umsetzung der oben genannten Agenda Frauen, Frieden und Sicherheit will das BMVgBundesministerium der Verteidigung die gleichberechtigte und vollumfängliche Teilhabe von Frauen in der Konfliktbearbeitung erreichen und die Perspektiven von Frauen und Mädchen in Konfliktgebieten stärker berücksichtigen.
Der im Februar 2021 beschlossene „Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der Agenda Frauen, Frieden und Sicherheit“ des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen für den Zeitraum 2021 bis 2024 legt dar, wie die Bundesregierung eine Geschlechterperspektive in ihre Arbeit für Frieden und Sicherheit integrieren will.
Es wird zudem ausgeführt, wie die Menschenrechte von Frauen und Mädchen in fragilen, Konflikt- und Postkonfliktstaaten geschützt und ihre Teilhabe an der Krisenprävention, Konfliktbewältigung, Friedensförderung und beim Wiederaufbau gefördert werden soll. Die Bundesregierung ist sich einig, dass Geschlechtergerechtigkeit in Krisenregionen zu fördern auch die Effektivität und Nachhaltigkeit von Friedens- und Sicherheitsprozessen erhöht. Denn Gesellschaften sind friedlicher, wenn es Geschlechtergleichheit gibt.
Der Nationale Aktionsplan wird im Geschäftsbereich des BMVgBundesministerium der Verteidigung aktiv umgesetzt. Konkrete Maßnahmen sind unter anderem der Ausbau der Expertise zu Frauenrechten und zur Prävention von konfliktbezogener sexualisierter Gewalt sowie der Abbau von Hürden, die der Teilnahme von Frauen an Friedensmissionen im Weg stehen.
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