Auch zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Rehabilitierung homosexueller Soldatinnen und Soldaten können Betroffene weiterhin die Rehabilitierung und finanzielle Entschädigung beim Verteidigungsministerium beantragen. Dies ist ein deutliches Zeichen der Kameradschaft und ein Bekenntnis zur Vielfalt – nach jahrzehntelanger Diskriminierung.
Im Juli 2021 ist das „Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten“ (SoldRehaHomG) in Kraft getreten. Es ermöglicht den Betroffenen, eine Rehabilitierung und Entschädigung wegen dienstrechtlicher Benachteiligungen zu beantragen und hebt darüber hinaus wehrgerichtliche Urteile auf, soweit diese aufgrund einvernehmlicher homosexueller Handlungen ergangen sind. Im Gesetz heißt es:
Ist jemand als Soldatin oder Soldat oder als Reservistin oder Reservist der Bundeswehr vor dem 3. Juli 2000 wegen der in Absatz 1 genannten Handlungen, wegen homosexueller Orientierung oder wegen ihrer oder seiner geschlechtlichen Identität dienstrechtlich nicht nur unerheblich benachteiligt worden, so wird festgestellt, dass die Benachteiligungen aus heutiger Sicht Unrecht waren. […]§1, Abs. 2, SoldRehaHomG
Die Bundeswehr hat ihre seinerzeitige diskriminierende Praxis – Homosexuelle durften etwa keine Führungsverantwortung übernehmen – als Unrecht erkannt und mit der Aufarbeitung begonnen Mittlerweile bekennen sich die deutschen Streitkräfte eindeutig zu Vielfalt und Toleranz. Das war nicht immer so: Bis ins Jahr 2000 hinein waren homosexuelle Soldaten und Soldatinnen in der Bundeswehr unerwünscht. Sie mussten ihre Sexualität verleugnen oder berufliche Nachteile bis hin zum Karriereaus hinnehmen. Betroffene werden seit Inkrafttreten des Gesetzes rehabilitiert und mit einer Pauschale in Höhe von 3.000 Euro für nicht unerhebliche dienstrechtliche Benachteiligungen und das ihnen damit zugefügte persönliche Leid entschädigt.
Entschädigung und Rehabilitierungsurkunde können auch weiterhin bei der Rehabilitierungs- und Entschädigungsstelle der Bundeswehr beantragt werden. Die Antragsteller und Antragstellerinnen können dabei auf eine sensible Kommunikation vertrauen. Darüber hinaus würden die Fälle wohlwollend geprüft, erklären Swantje Kräber und Laura Quintana Carmona, die zuständigen Referentinnen im Verteidigungsministerium. Die Entschädigung hat vor allem einen symbolischen Wert. „Die Rehabilitierung ist auch ein Angebot der Aussöhnung, das von den vielen Antragstellern auch so wahrgenommen wird“, so die beiden Referentinnen.
Die damalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat im Jahr 2020 Betroffene ausdrücklich um Verzeihung gebeten. Ihre Nachfolgerin Christine Lambrecht erneuerte das Bekenntnis zum Unrecht der Vergangenheit am 1. Juli 2022 mit einem sichtbaren Zeichen: Zur Jährung des Stichtages aus dem SoldRehaHomG, dem 3. Juli 2000, setzte sie persönlich erstmalig am Dienstgebäude des BMVgBundesministerium der Verteidigung in Berlin die Regenbogenflagge und damit öffentlich ein Signal der Kameradschaft an von früheren Diskriminierungen Betroffene.
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Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius hat in diesem Jahr die Regenbogenflagge am Berliner Bendlerblock gehisst. Gleichzeitig wurde am Bonner Dienstsitz des Verteidigungsministeriums die Flagge gehisst.
Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes wurden bislang 175 Anträge gestellt. In 135 Fällen wurde vollständig oder teilweise dem Antrag stattgegeben. Es wurden Entschädigungsleistungen in Höhe von 393.000 Euro ausgezahlt. In wenigen Fällen wurden bereits zuvor geleistete Zahlungen auf die Entschädigung angerechnet.
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