Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat bei der 1. Lesung zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der durch die Europäische Union geführten Operation EUNAVFOREuropean Union Naval Force MEDMediterranean Irini am 7. April 2022 im Bundestag gesprochen.
Es gilt das gesprochene Wort!
Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
es fällt schwer, dieser Tage an etwas anderes zu denken oder über etwas anderes zu sprechen als den brutalen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Die Bilder von den schrecklichen Verbrechen an Zivilistinnen und Zivilisten in den Vororten von Kiew machen fassungslos und wütend. Russland überschreitet alle Grenzen, begeht Kriegsverbrechen, bringt furchtbares Leid über die Menschen.
Wenn wir an all die Gefallenen und Ermordeten denken, die Verwundeten, die Traumatisierten, die Vertriebenen und Geflüchteten, wenn wir an all die Menschen denken, die unter diesem furchtbaren Krieg leiden, dann ist es kaum auszuhalten, dann ist es kaum möglich, ruhig und besonnen zu bleiben. Aber genau das, Ruhe und Besonnenheit, wird jetzt von uns verlangt. Denn wir brauchen auf diese Grausamkeiten eine wirkungsvolle Antwort.
Das Einzige, womit wir den Menschen in der Ukraine wenigstens ein Stück weit helfen können, ist ein sehr wohl entschlossenes, dabei aber besonnenes und planvolles Vorgehen. Und genau so halten wir es in der Bundesregierung.
Meine Damen und Herren,
wir dürfen, auch wenn das angesichts dieses verbrecherischen Krieges schwerfällt, nicht vergessen: Es gibt viele weitere Brandherde auf dieser Welt. Einer dieser Brandherde steht heute auf der Tagesordnung, nämlich Libyen.
Nach Jahren des Bürgerkriegs herrscht dort mittlerweile ein brüchiger Waffenstillstand. Doch der Einheitsprozess ist ins Stocken geraten. Die für Dezember geplanten Wahlen eines landesweiten Parlaments wurden wegen Uneinigkeiten abgesagt. Es droht eine erneute Spaltung des Landes.
Ein Wiederaufflammen des Konflikts muss unbedingt verhindert werden:
Dazu gilt es, das Waffenembargo durchzusetzen, das die UNUnited Nations gegen Libyen verhängt haben, und die illegalen Ölexporte zu erschweren, mit denen sich die Konfliktparteien finanzieren. Außerdem ist es wichtig, dem Menschenschmuggel entgegenzuwirken, der von dort aus operiert und sich festgesetzt hat.
Genau diese Ziele verfolgen wir in der EUEuropäische Union mit der Operation Irini: einer Aufklärungs- und Kontrollmission im zentralen Mittelmeer, deren Augen jedoch auch in die Luft und auf das Festland gerichtet sind.
Unsere Bundeswehr unterstützt diese Operation
Heute ersuche ich Sie, dieses Mandat zu verlängern. Denn unsere Bundeswehr leistet damit einen wertvollen Beitrag nicht nur für den Frieden und die Stabilität in der Region, sondern auch für die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union.
Wir haben dieses Mandat sorgfältig überprüft und auch angepasst. Die bisher vorgesehene, aber faktisch nie durchgeführte Ausbildung der libyschen Küstenwache und Marine haben wir gestrichen.
Libysche Einheiten haben sich wiederholt schwere Verfehlungen gegenüber Geflüchteten und Hilfsorganisationen zuschulden kommen lassen. Ihre Ausbildung ist mit unseren militärischen Grundsätzen und unseren Werten nicht vereinbar. Der Nutzen unseres Einsatzes liegt anderswo, und das bildet dieses neue Mandat ab.
Meine Damen und Herren,
unsere Marine leistet großartige Arbeit. Das sehen wir im Mittelmeer. Und das haben wir am Horn von Afrika gesehen: Seit 2008 ist unsere Marine dort im Einsatz: für die EUEuropäische Union Operation ATALANTA. Und zwar so erfolgreich, dass wir das Mandat jetzt endgültig beenden können.
Die Piraterie ist zurückgedrängt, und alle Schiffe des Welternährungsprogramms, die es zu schützen galt, haben ihren Zielhafen erreicht. Deswegen kann ich nur sagen: Ein herzliches Dankeschön an alle Soldatinnen und Soldaten für diesen wertvollen Beitrag!
Wir brauchen eine starke Marine, so, wir sie dort erlebt haben. Erst recht angesichts der russischen Bedrohung. Wir haben unsere Präsenz in der Ostsee noch einmal erhöht und müssen dort auch in Zukunft Stärke zeigen.
Umso wichtiger ist es, dass wir die Marine für diese großen Aufgaben auch gut ausrüsten. Mit der sicherheitspolitischen Zeitenwende hat Bundeskanzler Olaf Scholz ein Sondervermögen für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro angekündigt. Es ist wichtig, dass dieses nun auch schnell und nachhaltig aufgesetzt wird. Und ich sage Ihnen: Ein guter Teil davon wird auch in die wertvolle Arbeit der Marine fließen.
Vielen Dank.
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