Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel,
meine verehrten Angehörigen und Familien der ehemaligen Widerstandskämpferinnen und -kämpfer des 20. Juli 1944,
verehrte Exzellenzen,
sehr geehrter Bundesminister Spahn,
sehr geehrter Ministerpräsident Bouffier,
sehr geehrter Herr Vizepräsident des Deutschen Bundestages Oppermann,
sehr geehrte Frau Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Beer,
sehr geehrter Herr Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin Wieland
mein Amtsvorgänger, Herr Abgeordneter Dr. de Maizière,
liebe Abgeordnete des Deutschen Bundestages,
sehr geehrte Staatsminister und Staatssekretäre,
lieber Herr Generalinspekteur,
meine Herren Generale und Admirale,
verehrte Präsidentinnen und Präsidenten
liebe Angehörige unserer Soldatinnen und Soldaten,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
aber ganz besonders Sie, liebe Rekrutinnen und Rekruten!
Heute ist ein besonderer Tag für Sie.
Sie sind hier angetreten, um öffentlich zu geloben, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. Im äußersten Fall sogar mit Ihrem Leben. Das ist ein großer Schritt,
eine mutige Entscheidung.
Als Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt und als Bürgerin dieses Landes danke ich Ihnen dafür von ganzem Herzen.
Der Bundesrepublik Deutschland, unserem Vaterland, treu zu dienen, das ist ein großer Dienst.
Das ist ein Dienst an unserem Land.
Ein Dienst an unseren Werten.
Ein Dienst an unserer Verfassung.
Ein Dienst an Demokratie, Rechtsstaat und Menschenwürde.
Ein Dienst für die Menschen in Deutschland und ja, auch außerhalb unseres Landes.
Der soldatische Dienst erfordert Gehorsam, aber keinen blinden und erst recht keinen Kadavergehorsam. Der soldatische Dienst erfordert Haltung und Gewissen. Denn er ist ein gewissenhafter Dienst an Werten. Ich sage ganz bewusst gewissenhaft: Denn den Staatsbürger in Uniform gibt es nur mit einem staatsbürgerlichen Gewissen.
Weil sie diesem Gewissen gefolgt waren, wurden hier im Bendlerblock vor 75 Jahren mutige deutsche Offiziere hingerichtet. Einer von ihnen war Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Wenige Tage vor seinem Tod sagte er in einem Gespräch – ich zitiere:
„Es ist Zeit, dass jetzt etwas getan wird. Derjenige allerdings, der etwas zu tun wagt, muss sich bewusst sein, dass er wohl als Verräter in die deutsche Geschichte eingehen wird. Unterlässt er jedoch die Tat, dann wäre er ein Verräter vor seinem eigenen Gewissen.“ – Zitat Ende.
Soldatinnen und Soldaten,
die Offiziere um Graf Stauffenberg sind Vorbilder. Sie begehrten auf gegen Unrecht, Diktatur, Barbarei und Menschenverachtung. Sie begehrten auf gegen Hass, Tyrannei, Mord und Verbrechen.
Sie sahen ihre soldatische Pflicht darin, der Freiheit und der Würde des Einzelnen wieder Geltung zu verschaffen. Sie sahen ihre soldatische Pflicht darin, das Recht über den unrechtmäßigen Befehl zu stellen.
Dieser Anspruch prägt das Selbstverständnis der Bundeswehr bis heute – mit der Inneren Führung und dem Staatsbürger in Uniform. Dieser Anspruch steht auch heute über Ihrem heutigen Gelöbnis.
Soldatinnen und Soldaten,
Ihr Dienst steht in der stolzen Tradition des 20. Juli 1944. Und diese Tradition verpflichtet.
Wir erleben, dass rechtmäßige und demokratische Amtsträger als Volksverräter beschimpft werden.
Wir erleben, dass die Menschenwürde durch Hass, Ausgrenzung und Spaltung unter die Räder kommt.
Wir erleben, dass unsere Demokratie verächtlich gemacht wird.
Wir erleben Angriffe auf die Werte unserer Verfassung.
Wir erleben Hetze von Populisten und politischen Brandstiftern.
Als Staatsbürger sind wir alle gefordert, die Stirn zu bieten und die Werte unseres Grundgesetzes im täglichen Miteinander mit Leben zu füllen. Und als Staatsbürger in Uniform machen Sie mit Ihrem heutigen Gelöbnis deutlich, dass Sie sich in besonderer Weise in den Dienst dieses Auftrags stellen.
Mit Ihrem heutigen Gelöbnis stärken Sie die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie,
unseres Rechtsstaates, unserer Verfassung. Darauf können Sie, Soldatinnen und Soldaten, und darauf können Sie, verehrte Angehörige, stolz sein. Und dafür gebührt Ihnen unser aller Dank.
Aber ich sage sehr deutlich: Dank alleine reicht nicht aus. Ihr Dienst verlangt Respekt; Ihr Dienst verlangt Wertschätzung; Ihr Dienst verlangt Unterstützung. Und zwar von mir zuallererst.
Ich weiß: Deutschland kann sich auf Sie verlassen. Und ich sage Ihnen: Sie können sich auf mich verlassen.
Das gilt für die Soldatinnen und Soldaten, das gilt für alle Angehörigen und Mitarbeiter der Bundeswehr. Und das gilt in besonderer Weise für all die Frauen und Männer, die im Einsatz sind, die im Ausland für unsere Sicherheit und unsere Werte kämpfen. Und das gilt auch für ihre Angehörigen, die sicherlich mit Sorge auf diese Einsätze schauen.
Denn wir stehen für unsere Werte nicht nur im Inneren ein. Wir verteidigen unsere Werte auch gegen Angriffe von außen – das gilt auch für die Verteidigung unserer Werte gegen Angriffe aus dem Cyber-Raum.
Und deshalb braucht es Streitkräfte, die den Geist des demokratischen Rechtsstaates, der Freiheit und der Würde des Einzelnen leben. Streitkräfte, die bereit sind, für diese Werte einzutreten und sie vor Bedrohungen zu schützen. An unseren Landes- und Bündnisgrenzen. Aber auch darüber hinaus. Dort, wo wir gemeinsam mit unseren Verbündeten und Partnern für Sicherheit und Stabilität eintreten, uns dafür einsetzen, Menschen ein Leben in Würde in ihrer Heimat zu ermöglichen – in Frieden, frei von Furcht.
Gemeinsam handeln wir – in Einsätzen vom Kosovo über das Mittelmeer bis nach Afghanistan und Mali, als verlässliches Bündnis bei der Enhanced Forward Presence in Litauen und als Teil der schnellen Eingreiftruppe der NATONorth Atlantic Treaty Organization.
Dieser gemeinsame Einsatz mit unseren Verbündeten und Partnern für den Frieden in Europa und in der Welt, für Recht und Freiheit, für die Achtung und den Schutz der Menschenwürde in unseren Missionen – das ist das Vermächtnis des Deutschen Widerstands, das über unseren nationalen Rahmen hinausreicht.
Das wird uns in diesem Jahr besonders bewusst: 75 Jahre nach dem D-Day, 70 Jahre nach der Verabschiedung des Grundgesetzes und nach Gründung der NATONorth Atlantic Treaty Organization, 30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer.
Dafür braucht es ein geeintes und wehrhaftes Europa, vertrauensvolle Partnerschaften und verlässliche Verbündete. Dafür braucht es einsatzbereite Streitkräfte und couragierte Frauen und Männer, die in diesen Streitkräften dienen.
Es kommt also auf Sie an, Soldatinnen und Soldaten. Sie werden die Zukunft unserer Bundeswehr prägen – mit Ihrem Charakter, Ihrer Haltung, Ihrem Respekt gegenüber anderen und gegenüber Ihrer Aufgabe.
Tun Sie dies pflichtbewusst und verantwortungsvoll, mit Verstand, mit Herz und mit Mut.
Ich wünsche Ihnen dabei alles Gute und Gottes Segen.
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
Sie haben die Soldatinnen und Soldaten erst kürzlich bei ihrem anspruchsvollen Einsatz in Mali besucht und auch die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Speerspitze in Munster. Die Bundeswehr weiß in Ihnen eine große Unterstützerin – für die Anerkennung ihrer Leistungen in unserer Gesellschaft, bei ihrer immer engeren internationalen Verflechtung, bei ihrer Modernisierung, die wir weiter mit ganzer Kraft voranbringen wollen.
Wir danken Ihnen für dieses Vertrauen und freuen uns darauf, dass Sie nun zu unseren Rekrutinnen und Rekruten sprechen werden.
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