Es gilt das gesprochene Wort!
Frau Präsidentin / Herr Präsident
Sehr geehrte Damen und Herren,
es tobt ein brutaler Angriffskrieg mitten in Europa.
Es ist ein Krieg, in dem Russland alle zivilisatorischen Werte aufgegeben hat und mit äußerster Brutalität seinen Nachbarn bekämpft.
Millionen Menschen sind auf der Flucht.
Nur wenige Meter von hier, am Berliner Hauptbahnhof, kommen viele davon an. Vertrieben aus ihrer Heimat, in der Krieg herrscht. Die meisten von ihnen Frauen und Kinder mit ganz kleinem Gepäck.
Unzählige Menschen sind ins Elend gestürzt, in Todesangst, gezeichnet. Viele Menschen sterben.
Ein Krieg – und ich sage das klar und mit schwerem Herzen – dessen Heraufziehen wir nicht rechtzeitig erkannt haben. Den wir vielleicht auch nicht wahrhaben wollten. Und den wir trotz sehr intensiver Bemühungen nicht verhindern konnten.
Ein Krieg aber auch, meine Damen und Herren, dem wir nicht tatenlos zusehen und auch nicht tatenlos zusehen dürfen. Und der uns deshalb auch zurecht hier in dieser Haushaltsdebatte in der Diskussion ist.
Wir haben Russland mit beispiellosen Sanktionen belegt. Wir unterstützen die Ukraine, wo wir können. Seit dem Ausbruch des Krieges auch mit der Lieferung von Waffen und Ausrüstung.
Das ist keine einfache Entscheidung für uns gewesen. Aber wir haben sie getroffen.
Und ich weiß, das Interesse ist groß: Was wird wann wie wohin geliefert? Aktuell kann man lesen, dass Strelas geliefert werden. Und es werden auch weitere Waffen geliefert werden.
Aber, meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Verständnis. Das sind Entscheidungen, die geheim im Bundessicherheitsrat getroffen werden. Und da geht es nicht um eine Formalie. Da geht es um den Schutz derjenigen, die diese Transporte durchführen.
Deswegen bitte ich darum, abzusehen von öffentlichen Diskussionen darüber, wann was wie wohin geliefert wird. Denn sonst werden diejenigen, die diese Lieferungen durchführen, zur Zielscheibe. Und das dürfen wir nicht zulassen.
Genauso dürfen wir nicht zulassen, dass diese Transporte zur Zielscheibe gegebenenfalls auch von russischen Angriffen werden. Denn die haben eine Aufklärung. Die beobachten, wo welche Transporte unterwegs sind. Und wenn wir wollen, dass diese Waffen tatsächlich in der Ukraine ankommen, dann dürfen wir darüber nicht so reden, dass die Lieferungen über Aufklärung nachvollzogen werden können.
Bei aller Solidarität mit der Ukraine muss aber auch ganz klar sein, dass die NATONorth Atlantic Treaty Organization als Verteidigungsbündnis – und damit auch Deutschland – nicht selbst Kriegspartei werden darf.
Ich bin mir da sehr einig mit NATONorth Atlantic Treaty Organization-Generalsekretär Stoltenberg und unseren amerikanischen Freunden. Auch Bundeskanzler Scholz hat es heute Morgen noch einmal in aller Deutlichkeit gesagt.
Und auch im Kreise der EUEuropäische Union-Verteidigungsminister sind wir uns darüber einig. Wir dürfen als Bündnis nicht Kriegspartei werden.
Meine Damen und Herren,
Dieser entsetzliche Krieg zeigt uns allen auch, dass wir in Deutschland mehr für unsere eigene Sicherheit und die Sicherheit unserer Verbündeten tun müssen.
Wir stehen fest an der Seite unserer Verbündeten in Osteuropa, denen Putin schon seit langem droht. Diese Drohungen sind ernst zu nehmen.
Unsere verstärkte Präsenz an der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostgrenze ist ein wichtiger Beitrag. Wir leisten ihn gern – doch wir müssen auch in der Lage sein, ihn leisten zu können!
Für Sicherheit, die man sehen und spüren kann, brauchen wir deshalb eine deutliche Steigerung unserer Leistungsfähigkeit.
Die Bundesregierung hat aus diesem Grund entschieden, ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die bessere Ausrüstung der Bundeswehr einzurichten.
Und da sage ich Ihnen allen: jetzt stehen wir gemeinsamen in der Verantwortung, dieses Vorhaben mit aller Kraft umzusetzen!
Ich nehme Sie alle in die Verantwortung dafür, dass die Ausrüstung der Bundeswehr jetzt auch tatsächlich kommt!
Meine Damen und Herren,
Deutschlands Einsatz für Freiheit und Frieden in Europa hat viele Gesichter.
Wir stehen ein für die Ordnung, die uns frei und sicher macht – diplomatisch, humanitär, und mit enormem Engagement der Zivilgesellschaft.
Und Deutschland schützt diese Ordnung der Freiheit und des Friedens auch mit seinen Streitkräften, unserer Bundeswehr.
Jetzt endlich, mit diesem Sondervermögen, werden wir diese Männer und Frauen der Bundeswehr mit dem ausstatten, was sie benötigen, um ihren Auftrag zu erfüllen.
Ich höre in diesen Tagen oft, dass das schon oft versprochen worden sei.
Ja! Aber jetzt wird auch gehandelt: Wir geben unserer Bundeswehr ihre volle Einsatzbereitschaft zurück. Denn viel zu lange ist gespart und gekürzt worden.
Das Ziel ist uns dabei klar vor Augen: eine Bundeswehr, die in der Lage ist, die klassische Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung ohne Einschränkung wahrzunehmen.
Wir machen die Decke, die einfach immer zu kurz war, egal wie sehr man an ihr zog, wieder länger. Wir machen sie endlich ausreichend groß.
Und geben damit auch den Soldatinnen und Soldaten ein deutliches Zeichen unserer Anerkennung und unseres Respekts.
Ein Zeichen, auf das sie lange gewartet haben. Das sie zurecht erwartet haben und – vor allen Dingen – das sie verdienen!
Meine Damen und Herren,
ich habe in den vergangenen Monaten mit sehr vielen Frauen und Männern in unserer Bundeswehr gesprochen. In Litauen, im Irak und in Jordanien, an den Standorten, in der Ausbildung.
Niemand von ihnen will Säbelrasseln, Hochrüstung oder die Militarisierung unseres Lebens. Aber alle wollen die richtige Ausstattung, die richtige Ausrüstung für ihren Job.
Das fängt an bei der Bekleidung, die zu Kälte, Hitze und Nässe passt. Das ist keine Hochrüstung! – das ist eine Selbstverständlichkeit!
Das geht weiter mit Schutzwesten und Gefechtshelmen, die das Schlimmste verhindern, wenn es drauf ankommt. Das ist keine Aufrüstung! – das ist einfach gute Ausrüstung!
Und das geht weiter mit
Das, meine Damen und Herren, ist keine Militarisierung! – das ist die Ausstattung, die eine wehrhafte Demokratie braucht,
Dafür nehmen wir jetzt diese 100 Milliarden Euro in die Hand. Das ist viel Geld. Aber es ist genau das Geld, das wir brauchen, um diesen Auftrag erfüllen zu können.
Ich höre oft: „Das alleine reicht aber nicht, da müsst Ihr jetzt auch ans Beschaffungswesen ran.“ – Ja, selbstverständlich! Und da gehen wir jetzt auch ran.
Wir sind die ersten Schritte schon gegangen. Es gab schon die ersten Entscheidungen im Bundeskabinett, die genau in diese Richtung gegangen sind. Und ich kann ankündigen: Weitere werden folgen. Da werden wir handeln. Und da werden wir vor allen Dingen handeln ohne teure Berater.
Meine Damen und Herren,
wir sprechen bei der Bundeswehr über unsere Parlamentsarmee. Über die Streitkräfte, die nur Sie, die nur der Deutsche Bundestag in den Einsatz schicken kann.
Aber wenn das so ist, dann müssen Sie auch dafür sorgen, dass die Männer und Frauen und Männer auch entsprechend ausgerüstet sind.
Da gilt es, uns alle jetzt unterzuhaken und diese Aufgabe zu erfüllen.
Ich freue mich, dass ich die Wehrbeauftragte Dr. Eva Högl an meiner Seite weiß. Sie hat gerade in ihrem aktuellen Bericht wieder auf Mängel hingewiesen. Und wir treten heute an, diese Mängel zu beheben, meine Damen und Herren!
Ich erwarte von Ihnen, dass Sie dieser Verantwortung insgesamt nachkommen!
Da geht es nämlich gar nicht darum, ob ich als Verteidigungsministerin oder der Kanzler – sondern darum, dass wir alle gemeinsam diese Entscheidung jetzt treffen, um hinter unseren Soldatinnen und Soldaten zu stehen, die diese wehrhafte Demokratie verteidigen.
Das ist unsere Aufgabe. Und ich bitte Sie: Machen Sie da mit!
Vielen Dank.
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