Die Verteidigungsministerin hat die Bundeswehr am 65. Jahrestag ihrer Gründung als eine Erfolgsgeschichte hervorgehoben, bei der Frieden und Freiheit verteidigt wurden. Im Schloss Bellevue erinnerte sie die Rekrutinnen und Rekruten daran, dass vorbildliches soldatisches Handeln stets wertegebunden sein muss.
Es gilt das gesprochene Wort.
Verehrter Herr Bundespräsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
vor allem aber liebe Rekrutinnen und Rekruten,
Soldatinnen und Soldaten!
Wir stehen heute hier unter besonderen Umständen. Denn wir kämpfen gegen einen unsichtbaren Gegner! Das Coronavirus versetzt die Menschen in Deutschland, in Europa, auf der ganzen Welt in Sorge.
Ich weiß, wie sehr Sie sich um Ihre Familien, Ihre Kinder, Ihre Eltern, Ihre Großeltern, Ihre Freunde und Bekannten sorgen.
Auch ich habe Sorgen. Die Einschränkungen sind für uns alle einschneidend. Es gibt viele Fragen, die uns alle sehr beschäftigen.
Doch gerade wir in der Bundeswehr müssen jetzt darüber hinausdenken. Wir tragen Verantwortung für unser Land und die Menschen, die hier leben. Denn: Wir dienen Deutschland.
Wir haben heute, am 65. Gründungstag der Bundeswehr, die vielen geplanten Feierlichen Gelöbnisse abgesagt, die überall in Deutschland stattfinden sollten.
Stattdessen stehen wir hier am Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten, um die Bundeswehr feierlich zu würdigen.
Der heutige Tag, liebe Rekrutinnen und Rekruten, bedeutet für Sie den Schritt in die Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland.
Sie werden stellvertretend für Ihre Kameradinnen und Kameraden öffentlich versprechen, unserem Land treu zu dienen und es tapfer zu verteidigen.
Sie tun das heute an einem Tag, an dem wir den 65. Geburtstag der Bundeswehr begehen.
Diese Bundeswehr ist die Parlamentsarmee des demokratischen, vereinten, freien und friedlichen Deutschlands in einem geeinten, freien und friedlichen Europa.
Ihr heutiges Gelöbnis und der Gründungstag der Bundeswehr sind miteinander verbunden. Beide handeln von Aufbruch und von Ankommen gleichermaßen.
Die Gründung der Bundeswehr im Jahr 1955 markierte für die junge Bundesrepublik sowohl den Aufbruch in eine neue Form der Verantwortung in einem Bündnis als auch das Ankommen im Kreis der Demokratien des Westens.
Ihr Gelöbnis markiert heute sowohl den Aufbruch junger Menschen in den Dienst für dieses Land als auch ihr Ankommen in der Gemeinschaft jener, die sich dazu verpflichtet haben, den Frieden und die Freiheit tapfer zu verteidigen, wenn nötig, unter Einsatz ihres Lebens.
Wenn wir heute auf diese beiden Dimensionen des Anlasses blicken, dann tun wir dies mit einem guten Gefühl, mit Vertrauen und mit Zuversicht. Das hat sich unser Land in seiner Geschichte erarbeitet und verdient.
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich seit ihrer Gründung 1949 vor der Geschichte bewährt. Auf eine Art, die zumindest zu Beginn nicht so selbstverständlich, so erwartbar war, wie sie heute im Rückblick erscheinen mag.
Diese Republik hat Demokratie, Freiheit, Rechtsstaat und Grundrechte gelebt und mit Leben gefüllt.
Man darf diese Zeit der Bewährung eine glückliche Zeit nennen. Nicht, weil es keine Krisen, harte Proben und Ungerechtigkeiten gegeben hätte.
Sondern weil unser Land, seine Menschen, seine Institutionen eben diese Proben bestanden und damit eine gefestigte Demokratie geschaffen haben.
Ich sage das mit Freude und mit Nachdruck: Die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland seit 1949 ist eine Erfolgsgeschichte.
Deswegen können wir auch mit Freude und Stolz auf 65 Jahre Bundeswehr zurückblicken. Wir können guten Gewissens jungen Menschen für den Dienst für unser Land verpflichten.
Denn wir wissen, dass Sie einer guten Sache dienen werden. Wir wissen, dass Sie etwas schützen werden, das zutiefst schützenswert ist: ein gutes Gemeinwesen, basierend auf freiheitlichen Werten, demokratisch von sich selbst regiert, mit stabilen Institutionen und friedliebend im Inneren wie im Äußeren, in einem friedlichen Europa mit Partnern und Freunden in der Welt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
die Bundesrepublik Deutschland hat sich in mehr als siebzig Jahren ihre eigene Erzählung gegeben.
Die Bundeswehr hat in 65 Jahren etwas hervorgebracht, das für Streitkräfte von hoher Bedeutung ist: ihre eigene Tradition.
Die Tradition der Bundeswehr ist da gewachsen, wo sie Wichtiges geleistet hat: im Kalten Krieg, im Gefecht am Hindukusch, im Einsatz in der Sahel-Zone ebenso wie bei der Hilfe bei Schnee- und Flutkatastrophen – oder jetzt in der Corona-Pandemie.
Diese eigene Tradition wuchs dort, wo die Bundeswehr selbst Geschichte machte: aus der Inneren Führung als einzigartiger wertebasierter Richtschnur, die den Soldaten zum Staatsbürger macht und den Gehorsam an das Recht und das Gewissen bindet.
Die Tradition der Bundeswehr gründet heute auch darauf, dass sie vor 30 Jahren beeindruckend zeigte, dass in der Armee der Einheit Deutsche zu Deutschen kamen, nicht Sieger zu Besiegten.
Die 65-jährige Geschichte der Bundeswehr stiftet Sinn und Tradition: Für den kämpfenden, den helfenden, den staatstragenden Soldaten.
Liebe Rekrutinnen und Rekruten,
Soldatinnen und Soldaten,
vorbildliches militärisches Handeln ist immer den Werten verbunden. Ich sage das mit Blick auf jene wenige, die versuchen, für das Traditionsverständnis der Bundeswehr aus anderen, vergifteten Quellen zu schöpfen.
Die Idee des Soldatentums hat seit Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland zu unserem großen Glück einen sehr fundamentalen Wandel erfahren.
Das Bild des Soldaten oder der Soldatin der Bundeswehr verharrt nicht beim Krieger und Kämpfer früherer Jahrhunderte.
Treue, Tapferkeit, Gehorsam und Pflichterfüllung bleiben nur dann zeitlose soldatische Tugenden, wenn ihr Zweck in der Verteidigung von Freiheit und Demokratie liegt und wenn über ihren Einsatz im offenen, demokratischen Diskurs entschieden wird.
Der heutige 65. Geburtstag der Bundeswehr und die jungen Menschen, die hier vor uns stehen, sind für diese glückliche Verbindung von soldatischen Tugenden mit demokratischen Werten der lebendige, greifbare Beweis.
Es ist in einer Demokratie ein gutes Zeichen, wenn sich das Militärische kritischen Nachfragen stellen muss.
Es ist ein ebenso gutes Zeichen, wenn unsere Demokratie der speziellen Aufgabe der Soldatinnen und Soldaten auch ihre Anerkennung zuteilwerden lässt. Wem wir Besonderes abverlangen, dem müssen wir auch Besonderes geben.
Liebe Rekrutinnen und Rekruten,
dieses Gelöbnis, in Anwesenheit unseres Staatsoberhauptes, an diesem besonderen Ort und übertragen in ganz Deutschland, ist ein Zeichen der Wertschätzung und der Anerkennung der besonderen Rolle der Bundeswehr in unserem Gemeinwesen.
Ich wünsche mir, dass diese Geste von den Soldatinnen und Soldaten ebenso wahrgenommen wird wie von den Bürgerinnen und Bürgern, denen Sie dienen.
Verehrter Herr Bundespräsident,
es ist eine besondere Ehre, dass Sie heute das Wort direkt an die Rekrutinnen und Rekruten richten und damit dem Gelöbnis besonderes Gewicht verleihen. Dafür bedanke ich mich im Namen der gesamten Bundeswehr sehr herzlich bei Ihnen.
Ebenso danke ich Ihnen dafür, dass Sie dafür das wunderschöne Schloss Bellevue zur Verfügung stellen. Die tiefe Verbundenheit von Bundeswehr und Gesellschaft kommt hier besonders gut zur Geltung.
Ich bitte Sie nun um Ihr Wort.
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