Eine deutsche Brigade – etwa 5.000 Bundeswehrangehörige – dauerhaft in Litauen stationiert: Die Brigade Litauen ist das Leuchtturmprojekt der Zeitenwende in der Bundeswehr. Verteidigungsminister Boris Pistorius war am 26. September im litauischen Parlament, dem Seimas, zu Gast, um den Zusammenhalt an der Ostflanke zu bekräftigen.
„Ich wuchs auf als Kind des Kalten Krieges.“ Diese Worte richtete Verteidigungsminister Boris Pistorius am 26. September 2024 an das litauische Parlament in Vilnius. Er erinnere sich lebhaft an die Spannungen in dieser instabilen Zeit: „Mehr als vierzig Jahre lang stand Deutschland selbst an vorderster Front dieser Kluft. Gespalten zwischen zwei Welten, zwischen Demokratie und Diktatur, zwischen Freiheit und Unterdrückung.“ Er wisse, genau wie viele andere Deutsche auch, wie es sich anfühle, die Ostflanke zu sein.
Für Deutschland, so Pistorius, sei die NATONorth Atlantic Treaty Organization damals kein abstraktes Konzept gewesen: „Sie war der Schutzschild, der Deutschlands Freiheit schützte.“ In tiefer Dankbarkeit erinnere er sich daran, wie die Deutschen sich auf ihre Verbündeten verlassen konnten, wie diese Verbündeten Freunde wurden. Freunde, die bereit waren, sich für die Verteidigung Deutschlands territorialer Integrität und der gemeinsamen Freiheit einzusetzen. „Heute können unsere baltischen und östlichen Verbündeten dasselbe von uns erwarten“, versicherte Pistorius.
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Bei der Brigade Litauen gehe es nicht nur um Abschreckung und das Einstehen Deutschlands für die Sicherheit seiner Verbündeten. Es gehe um Partnerschaft, darum, das Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen den Nationen zu stärken, so der Minister weiter. „Mit der Entscheidung stärken wir unser Bündnis und lösen unser Versprechen ein, ein freies und demokratisches Europa zu schützen. Unsere Soldaten werden Seite an Seite mit den litauischen Streitkräften stehen – bereit, dieses Land zu verteidigen.“ Damit spiegelt die Stationierung auch die Anerkennung Deutschlands für den Wandel in der europäischen Sicherheitsarchitektur wider. Pistorius dankte dem litauischen Parlament für dessen unerschütterliche Unterstützung bei der Umsetzung und dem Aufbau der Brigade Litauen.
Der Seimas, unterstrich Pistorius, sei ein Symbol für den Beitrag Litauens zur Wiedervereinigung eines freien und demokratischen Europas – nach Jahrzehnten des Kalten Krieges und unüberwindbarer Grenzen, die den europäischen Kontinent in zwei Teile teilten. „Vor 35 Jahren sind Sie, das litauische Volk, mutig für Freiheit und Unabhängigkeit eingetreten. Sie haben sich friedlich und mutig der totalitären Unterdrückung widersetzt und sie schließlich besiegt.“ Als Litauen im Jahr 1990 seine Unabhängigkeit erklärte und als im Januar 1991 sowjetische Panzer versuchten, diese zu zerstören, habe die Welt etwas Außergewöhnliches erlebt: „eine entschlossene Nation, die sich einem der mächtigsten Regime der Geschichte widersetzte“, so Pistorius.
Seit Jahren fährt Russland seine Rüstungsproduktion rasant hoch und baut seine Streitkräfte massiv aus. All das, so Pistorius, lasse keinen Zweifel daran, dass für Russland die Ukraine nur der Anfang sei. „Putins wahrer Feind ist unsere freie, unabhängige und demokratische Lebensweise. Werte, für deren Erhalt das litauische Volk jahrzehntelang gekämpft hat“, sagte der Minister.
Ihre Sicherheit ist unsere Sicherheit.Verteidigungsminister Boris Pistorius
Diese fundamentalen Prinzipien und Werte, so der Minister weiter, stünden heute unter Beschuss. Mit dem Einmarsch in die Ukraine habe Russland einen Krieg gegen Freiheit, Stabilität und Frieden begonnen. Auch deswegen müsse sichergestellt werden, dass Putin seinen Willen nicht durchsetzen kann: „Es darf ihm nicht gelingen.“ Aus diesem Grund sei Deutschland einer der stärksten Unterstützer, wenn es darum gehe, der Ukraine bei der Wiederherstellung ihrer territorialen Integrität zu helfen. „Es liegt in unserer Macht, die Ukraine dabei zu unterstützen, diesen Krieg zu führen und zu gewinnen“, zeigte sich Pistorius überzeugt.
Bezugnehmend auf das Stationierungsabkommen betonte Pistorius vor dem litauischen Parlament: „Wir sehen großes Potenzial für den Ausbau unserer bilateralen Zusammenarbeit, sei es bei Verteidigungsprojekten, im Rahmen von Cyber-Initiativen, im Bereich Energiesicherheit, bei Handel und Investitionen sowie im Bereich Kultur und Sprache. Deshalb begrüßen wir die strategischen Leitlinien der litauischen Regierung, die darauf abzielen, unsere bilateralen Beziehungen noch weiter zu stärken.“
In einer Welt voller Bedrohungen und Herausforderungen, so Pistorius, brauche es ein stärkeres und geeinteres Europa. Aggressoren ließen sich nur abschrecken, indem man keinen Zweifel lasse: „Wir sind bereit und in der Lage, jeden Zentimeter unseres Territoriums zu verteidigen.“ Das aktuelle sicherheitspolitische Umfeld erfordere mutige Investitionen, politischen Willen und ein starkes Engagement für die kollektive Sicherheit. Vor allem aber erfordere es mutiges und schnelles Handeln. „Die Ukraine war ein Weckruf, vielleicht der letzte, den wir bekommen werden“, so Pistorius.
Die Stationierung der deutschen Brigade ist bereits in vollem Gange. Erste Truppen sind in Litauen eingetroffen und der Aufbau der Infrastruktur schreitet voran. Im Jahr 2027 soll die Brigade einsatzbereit sein. Mitte September zeichneten Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein litauischer Amtskollege in Berlin ein entsprechendes Stationierungsabkommen.
„Liebe Mitglieder des Parlamentes, wir haben noch einen langen Weg vor uns, aber wir stehen nicht am Anfang“, betonte Pistorius zum Ende seiner Rede. „Wir Europäer wissen, dass Frieden und Sicherheit niemals als selbstverständlich angesehen werden dürfen. Sie müssen von unserer und der kommenden Generation verteidigt werden.“ Er sei überzeugt, gemeinsam werde man dafür sorgen, dass Europa auch für kommende Generationen ein Ort des Friedens, der Sicherheit und der Hoffnung bleibe – ein Europa, das geeint sei und mit einer Stimme spreche. „Dafür stehen wir und die Deutsche Brigade.“
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