Im Krieg wird technische Innovation nicht in Jahren, sondern in Monaten und Wochen gemessen. Einen Schritt voraus zu seien, sichert das Überleben. Daher warb Verteidigungsminister Pistorius auf der MSCMunich Security Conference Innovation Night, ausgerichtet vom Cyber Innovation Hub der Bundeswehr, für eine mutigere Innovationskultur in der Rüstung, insbesondere vor dem Hintergrund der auf Dauer angelegten Bedrohung Europas durch Russland.
„Wir müssen sicherstellen, dass die neusten Entwicklungen und Innovationen der Bundeswehr schnell zur Verfügung stehen.“ Das betonte Verteidigungsminister Boris Pistorius auf der MSCMunich Security Conference Innovation Night, die am Vorabend der 61. Münchener Sicherheitskonferenz im Tagungshotel Bayerischer Hof stattfand. Obschon die US-amerikanischen Partner Europa nicht den Rücken zukehren würden, werde Europa deutlich mehr für die eigene Sicherheit tun müssen, führte der Minister aus und fügte hinzu: „Und wir müssen es viel schneller tun, als in den vergangenen Jahren. Es ist Zeit für weniger Versprechungen und mehr Taten.“
Die Trump-Administration wolle einen schnellen Friedensschluss zwischen Russland und der Ukraine und wünsche sich dabei eine weitgehende Absicherung dieses Friedens durch die Europäer, führte Pistorius aus. Er betonte aber auch: „Kein zukünftiger Friedensvertrag kann ohne die Einbeziehung der Ukraine erreicht werden. Und jede Übereinkunft, die Europa ausschließt, wird auch nicht funktionieren.“ Aber selbst wenn ein Friedensschluss zustande kommen sollte, könne sich Europa nicht zurücklehnen und entspannen. Zum einen müsse der Frieden gesichert werden und zum anderen werde Putin den Westen weiter provozieren. Pistorius machte deutlich: „Putin wird uns weiter in hybrider Weise angreifen. Er wird weiterhin eine Bedrohung für unseren Kontinent sein.“
Aufgrund der anhaltenden Bedrohung durch Russland in Verbindung mit den Beobachtungen im Ukraine-Krieg und anderen Konflikten auf dieser Welt ist für Pistorius klar, dass eine innovative und starke wehrtechnische Basis notwendig ist. „Frieden in Europa kann nur aus einer Position der Stärke gesichert werden“, bekräftigte er.
Die notwendige wehtechnische Basis werde in Zeiten der zunehmend softwarebasierten Technologien insbesondere Innovationen in vier Bereichen erfordern, führte Pistorius aus. Dies seien Künstliche Intelligenz, Quantentechnologie, Drohnen und Cyber-Sicherheit.
„Die umfassende Integration Künstlicher Intelligenz in den militärischen Bereich hat das Potenzial einer Revolution der Kriegsführung“, bewertete Pistorius die Bedeutung von KIKünstliche Intelligenz. Während die aktuellen Entwicklungen in der Quantentechnologie einen massiven Einfluss auf Digitalisierung und Informationssicherheit erwarten ließen, zeige der Krieg in der Ukraine bereits jetzt, welche grundlegende Veränderung Drohnen für jeden Bereich der Gefechtsführung bedeuten.
„Drohnen sind für die Stärkung unserer Fähigkeiten unverzichtbar geworden und wir müssen unsere Fähigkeiten, sie zu nutzen und uns gegen sie zu verteidigen, kontinuierlich weiterentwickeln“, sagte Pistorius. „Dabei geht es um nichts Geringeres als unsere operative Leistungsfähigkeit und den bestmöglichen Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten.“ Zudem sei die Cyber-Sicherheit auf dem digitalisierten Gefechtsfeld eine Schlüsselfähigkeit, die jedes Projekt begleiten müsse.
Alle vier beschrieben Technologien entwickeln sich mit rasantem Tempo weiter. Für einen hohen Nutzwert in der Bundeswehr brauche es stete Innovation, hob Pistorius hervor. Das erfordere aber nicht nur die bloße Entwicklung dieser Technologie, sondern auch deren rasche Einführung in der Truppe. Es komme darauf an, sie auch tatsächlich in der ‚Breite‘ zur Verfügung zu haben.
Doch dieses Mindset der Innovation könne nicht befohlen werden, sondern brauche die richtigen Rahmenbedingungen, um sich zu entfalten. „Aus meiner Sicht sind dies: Dringlichkeitsbewusstsein, Handlungsfreiheit, möglichst wenig Bürokratie und die Einbindung der Endnutzer“, so der Minister. Zudem betonte er: „Die Förderung von Innovation geht weit über die Technologie hinaus – es geht darum, Menschen zu befähigen, eine unternehmerische Denkweise zu fördern, die kalkulierte Risiken eingeht, und diejenigen zu belohnen, die den Fortschritt vorantreiben.“ Hier brauche es einen kulturellen Wandel, so Pistorius. Hierzu leiste der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr bereits einen wichtigen Beitrag.
Aktuell laufen Planungen, zukünftig ein Innovationszentrum im bayerischen Erding aufzustellen. Hier sollen Forschung, Innovation und das Zusammenwirken mit den Streitkräften sowie zivilen Forschenden für die Bundeswehr koordiniert werden. Diese Innovationskultur soll zudem weiter ausgebaut werden.
Erding sei als Standort für das neue Zentrum gewählt worden, weil hier das „Defence Lab Erding“ entstehen soll. Dieses Reallabor auf dem ehemaligen Fliegerhorst soll künftig – in Kombination mit einem Innovationscampus - zum gemeinsamen Erforschen neuer Technologien mit zivilen Universitäten, Start-Ups und der wehrtechnischen Industrie dienen. Der Standort nahe München fügt sich in das schon gut etablierte Innovationsumfeld der Metropolregion ein.
Verteidigungsminister Pistorius unterstrich, der Schwerpunkt in der geplanten Innovationsumgebung der Bundeswehr liege darin, alle Akteure zusammenzubringen, um das Potenzial neuer Technologien zu erforschen und zu heben. Dabei werde das Experimentieren zusammen mit den Streitkräften für die Umsetzung der Innovationen eine herausgehobene Bedeutung haben.
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