Das Verteidigungsministerium legt den ersten Bericht über extremistische Verdachtsfälle in der Truppe vor. 2019 wurde gegen 743 mutmaßliche Extremisten ermittelt, 49 Bundeswehrangehörige wurden entlassen.
Rechts- und Linksextremismus, Islamismus, Reichsbürgertum und Ausländerextremismus: Die Bandbreite staatsfeindlicher Einstellungen ist groß. Auch wenn sich die Extremisten hinsichtlich ihrer Ziele und Mittel unterscheiden, stellen sie doch alle die freiheitlich demokratische Grundordnung und den Staat in Frage und haben den Anspruch, das Land und seine Institutionen in ihrem Sinne zu verändern.
Als Staatsbürger in Uniform unterliegen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr der Treuepflicht. Wie andere Angehörige der Bundeswehr müssen sie sich zur Verteidigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung Deutschlands bekennen.
Gegenüber Extremismus gilt bei der Bundeswehr daher eine Null-Toleranz-Linie: Bei jedem Verdacht auf extremistische Betätigungen wird ermittelt. In jedem Fall werden weitere Dienststellen wie der Militärische Abschirmdienst und möglicherweise zivile Strafbehörden hinzugezogen, es muss mit truppendienstlichen Maßnahmen wie zum Beispiel einem Dienstverbot und einem Uniformtrageverbot gerechnet werden.
Extremismus hat in der Bundeswehr keinen Platz. Anspruch und Ziel der Bundeswehr ist es, sowohl erkannte Extremisten als auch Personen mit fehlender Verfassungstreue aus der Bundeswehr zu entfernen und von ihr fernzuhalten.Aus dem ersten Bericht der Koordinierungsstelle für Extremismusverdachtsfälle im BMVgBundesministerium der Verteidigung
Um Extremismus in der Bundeswehr besser bekämpfen zu können, hat das Ministerium Anfang Oktober 2019 eine zentrale Koordinierungsstelle eingerichtet. Ziel ist es, alle Akteure der Extremismusbekämpfung wie den MADMilitärischer Abschirmdienst, das Verteidigungsministerium oder das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr zu verknüpfen und Parlament und Öffentlichkeit regelmäßig über die gemeinsamen Anstrengungen zu informieren. Nun wurde der erste Bericht für das zurückliegende Jahr vorgelegt. Er gibt einen Überblick über den Umgang mit den Extremismusverdachtsfällen im Jahr 2019. Künftig will die Koordinierungsstelle alle sechs Monate – jeweils Ende März und Ende Oktober – einen aktuellen Bericht liefern. Darüber hinaus wird es einen detaillierten Tätigkeitsbericht des Militärischen Abschirmdienstes geben
Demnach hat der Militärische Abschirmdienst zum Stichtag 31. Dezember 2019 insgesamt 743 Verdachtsfälle bearbeitet – ganz überwiegend wegen des Verdachts auf Rechtsextremismus (592 Fälle). An zweiter Stelle kommt der Islamismus mit 69 Verdachtsfällen, wegen linksextremistischer Umtriebe wurde das BAMADBundesamt für den Militärischen Abschirmdienst elf Mal eingeschaltet. In 482 Fällen wurden neue Ermittlungen eingeleitet; die restlichen Fälle stammen aus den Vorjahren. Bei insgesamt 265.000 Bundeswehrangehörigen bedeutet dies, dass 0,28 Prozent oder einer von 357 Mitarbeitenden unter Extremismusverdacht stand.
Ermittlungen müssen dann zeigen, ob der oder die Verdächtige tatsächlich extremistische Ansichten vertritt. Letztes Jahr wurden demnach bei 38 Verdächtigen Hinweise auf mangelnde Verfassungstreue festgestellt, die überwiegende Mehrzahl stammt aus dem rechtsextremen Spektrum (27 Fälle). Eindeutig als Extremisten erkannt wurden 14 Bundeswehrangehörige – darunter acht Rechtsextreme und vier Islamisten. Zwei Personen wurden als Reichsbürger identifiziert.
Wegen extremistischer Verfehlungen oder fehlender Verfassungstreue aus dem Dienst entlassen wurden im Jahr 2019 insgesamt 49 Bundeswehrangehörige. 46 Entlassungen erfolgten wegen Rechtsextremismus, zwei wegen Islamismus, ein Soldat wurde als Linksextremist entlassen. Gehen mussten sechs Offiziere, 16 Unteroffiziere und 27 Mannschaften.
Zudem wurden 773 Reservistinnen und Reservisten mangels Verfassungstreue oder wegen extremistischer Bezüge vom Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr von ihrer Dienstleistungspflicht entbunden. Derzeit wird im Verteidigungsministerium an einer Änderung des Soldatenrechts gearbeitet, um Bundeswehrangehörige mit extremistischen Ansichten künftig leichter entlassen zu können.
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