Die überwältigende Mehrheit im Kommando Spezialkräfte (KSKKommando Spezialkräfte) stehe den eingeleiteten 60 Maßnahmen aufgeschlossen gegenüber, urteilt der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, in seinem Zwischenbericht zur Reform der Spezialeinheit in Calw.
Mit dem Zwischenbericht hat das Verteidigungsministerium auch das Parlament über den Stand zur Umsetzung der Maßnahmen informiert. Es geht darum, dass sich das KSKKommando Spezialkräfte von innen heraus verändern und wieder stärker in die Bundeswehr integrieren kann. Diesen Prozess begleitet das Advisory Board Spezialkräfte unter Leitung des Generalinspekteurs.
Auch wenn einige Ziele der nun begonnenen Neugestaltung nicht auf die Schnelle erreicht werden können, zeigt der nun vorliegende Zwischenbericht, dass bereits alle Maßnahmen konsequent und zügig umgesetzt werden. So sollen die bislang ungeeigneten Strukturen innerhalb der Spezialkräfte angepasst und dauerhaft verbessert, die Dienstaufsicht verstärkt und geeignetes Personal für die fordernden Verwendungen gewonnen, qualifiziert und gehalten werden.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und der Generalinspekteur der Bundeswehr hatten im Juli die Öffentlichkeit über tiefgreifende Reformen beim KSKKommando Spezialkräfte informiert. Nach Verdachtsfällen von rechtsextremistischer Gesinnung und fehlender Verfassungstreue bestand tiefgreifender Reformbedarf. Das grundlegende – vor allem für Spezialkräfte notwendige – Vertrauen wurde durch Fehlverhalten Einzelner erschüttert.
Die Ministerin betonte aber auch: „Wir brauchen Spezialkräfte.“ Mit den eingeleiteten Maßnahmen kommt es nun darauf an, die Mehrheit der Soldatinnen und Soldaten im KSKKommando Spezialkräfte, die fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und hervorragende Leistungen erbringen, zu unterstützen. Eine ministerielle Arbeitsgruppe hatte 60 Maßnahmen identifiziert, um das KSKKommando Spezialkräfte zu reformieren. Das darauf aufbauende Advisory Board, bestehend aus dem Generalinspekteur, den Inspekteuren Heer, Luftwaffe und Marine, dem Befehlshaber des Einsatzführungskommandos und Abteilungsleitern des BMVgBundesministerium der Verteidigung, koordiniert und steuert die Reformanstrengungen. Die 60 Maßnahmen betreffen unter anderem strukturelle Betrachtungen, Dienstaufsicht, Personalgewinnung und Einstellungsverfahren, Werdegänge, Maßnahmen zur Prävention und Resilienz sowie zur Erhöhung der Reaktionsfähigkeit im Umgang mit Verdachtsfällen. Eine organisationspsychologische Studie soll die besonderen Belastungsfaktoren, denen alle Angehörige der Spezialkräfte in Ausbildung und Einsatz unterliegen, ganzheitlich analysieren und Verbesserungspotenziale ableiten.
Zu den Maßnahmen, die die Reaktionsfähigkeit im Umgang mit Verdachtsfällen verbessern sollen, gehört eine Erweiterung der Sicherheitsüberprüfung für Personal der Spezialkräfte. Die Abstimmung mit dem Bundesministerium des Innern mit Blick auf eine Änderung des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wurde eingeleitet. Mit der Unterstellung des Bereichs Ausbildung im KSKKommando Spezialkräfte unter das Ausbildungszentrum Infanterie wird die Kommandoführung entlastet und vor allem die Ausbildung der Führungskräfte verbreitert und verbessert. Die nötigen Organisationsmaßnahmen dazu haben im Oktober bereits begonnen. Die 2. Kompanie der Kommandokräfte, in der inakzeptable Vorfälle gehäuft auftraten, ist am 31. Juli aufgelöst worden.
Derzeit wird das Personal der ehemaligen 2. Kompanie der Kommandokräfte im Zuge eines umfassenden Prozesses unter Beteiligung des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienstes (BAMADBundesamt für den Militärischen Abschirmdienst) hinsichtlich seiner untadeligen Haltung und seiner manifesten Verfassungstreue geprüft. „Nur wer fest auf dem Boden des Grundgesetzes steht, wird auch in Zukunft im KSKKommando Spezialkräfte dienen können“, heißt es im Bericht. Darüber hinaus hat das Zentrum Innere Führung den neuen Lehrgang Einsteiger in das KSKKommando Spezialkräfte konzipiert, in dem die Themen Menschenführung, Persönlichkeitsbildung, mentale Stärke und Verfassungstreue im Mittelpunkt stehen. Der Pilotlehrgang fand bereits im Oktober statt. Und um die Reaktionsfähigkeit im Umgang mit Verdachtsfällen zu erhöhen, wurde am Standort Calw ein täglich besetztes Büro des BAMADBundesamt für den Militärischen Abschirmdienst eingerichtet.
Auch das in der Munitionsbewirtschaftung eingesetzte Personal wird strukturell verstärkt. Hintergrund sind festgestellte Fehlbestände von Munition im KSKKommando Spezialkräfte, die auf Zählfehler in Folge des überlasteten logistischen Fachpersonals zurückzuführen sind. Das für das KSKKommando Spezialkräfte zuständige Munitionslager in Wermutshausen wird nun an das digitale Buchungssystem SASPFStandard-Anwendungs-Software-Produkt-Familie angebunden, denn als Zwischenergebnis wird festgehalten, dass ein hoher Anteil des vermeintlichen Fehlbestandes auf unsachgemäße Buchführung zurückzuführen ist und bei der umfassenden Generalinventur des KSKKommando Spezialkräfte inzwischen nachvollzogen werden konnte. Der Abschluss der Generalinventur im KSKKommando Spezialkräfte wird zum Jahresende erwartet.
Die Einsatzbereitschaft des KSKKommando Spezialkräfte und die Durchführung aktueller Aufträge sind gewährleistet. Ziel ist, dass das KSKKommando Spezialkräfte 2021 wieder verstärkt seine operative Rolle übernehmen kann. Nach einem weiteren Zwischenbericht im Frühjahr 2021 wird der Generalinspekteur seinen Abschlussbericht im Juni 2021 vorlegen. „Deutlich zu erkennen ist, dass alle fachlich beteiligten Stellen – von der Truppe bis hinein ins Bundesministerium der Verteidigung – im Sinne des gemeinsamen Zieles an einem Strang ziehen und verzugslos alles unternehmen, um das Beschlossene zügig in die Tat umzusetzen“, so Zorn. Deutschland benötige auch weiterhin professionelle und einsatzbereite Spezialkräfte der Bundeswehr.
Um insgesamt verfassungsfeindlichen Tendenzen in der Bundeswehr effizienter entgegentreten zu können, wurden noch weitere Maßnahmen ergriffen: Seit 2019 läuft die Umstrukturierung des BAMADBundesamt für den Militärischen Abschirmdienst, das sich für eine noch konsequentere juristische und disziplinarische Verfolgung extremistischer Umtriebe in den Streitkräften wappnet. Erst kürzlich wurde die neue Präsidentin, Martina Rosenberg, ernannt. Außerdem durchläuft gerade der Gesetzentwurf zur Änderung soldatenrechtlicher Vorschriften das parlamentarische Verfahren – Ziel ist die effektivere Ahndung von Fehlverhalten und schnellere Entfernung von Extremisten aus der Truppe. Die Ministerin betonte: „Wir werden weiterhin jedem Fall konsequent nachgehen, auch, um mögliche Verbindungen und Netzwerke im Hintergrund zu ermitteln und dann auch zu zerschlagen.“
Unter Federführung des Zentrums fürs Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) wird zudem eine breit angelegte Studie initiiert, die den Einfluss extremistischer Entwicklung in der Gesellschaft auf die Streitkräfte untersucht.
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