Das 11. Netzwerktreffen „Strategie und Vorausschau“ hat am Dienstag im Verteidigungsministerium Zentralasien und Kaukasus zum Thema gemacht.
„Eine sehr spannungsreiche Region“, wie Dr. Rüdiger Huth, Stellvertreter des Abteilungsleiters Politik im Verteidigungsministerium, einführend sagte. Einerseits Russlands Versuche, dort Einfluss zu gewinnen, andererseits die chinesische Interessenswahrung durch die neue Seidenstraße. Dies alles schaffe ein erhebliches Spannungsfeld. Deutschland genieße in diesem Kontext einen guten Ruf, gelte vor Ort als ehrlicher Makler. „Aber wir werden nur wahrgenommen, wenn wir gemeinsam mit den europäischen Partnern behutsam und überlegt auftreten, so Huth.
Es müsse darum gehen, dass aus gefrorenen keine heißen Konflikte in Zentralasien und im Kaukasus würden, sagte Huth beim 11. Netzwerktreffen „Strategie und Vorausschau“. Deshalb gilt es, die Region, die Lage und die Handelnden vor Ort besser zu verstehen und auf der Basis einer sorgfältigen Analyse zu klaren Handlungsempfehlungen zu kommen.
Das Netzwerk wurde 2016 als Kooperation mit dem Projekt Metis der Universität der Bundeswehr München unter Leitung von Professor Dr. Carlo Masala durch die Abteilung Politik des Verteidigungsministeriums eingerichtet. Es bringt regelmäßig Fachleute aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen, um über sicherheitspolitische Themen mit hoher Relevanz für die Zukunft zu diskutieren und so die Vorausschau- und Strategiefähigkeit zu stärken.
Das 11. Netzwerktreffen „Strategie und Vorausschau“ im Verteidigungsministerium wurde moderiert von Carlo Masala. Er nannte das Treffen eine „spannende Veranstaltung“. Zum Rahmen erläuterte er: Es sei über sicherheitspolitische Aspekte hinaus bewusst thematisch weit gefasst worden. Es nehme politische, kulturelle und wirtschaftliche Aspekte in den Blick, die jedoch auch sicherheitspolitisch relevant werden könnten. Und die bedeutsam seien im Hinblick auf Europas Engagement in Zentralasien und im Kaukasus.
Dies sei eine Region, in welcher Chinas Einfluss wachse, so Dr. Luba von Hauff, Universität der Bundeswehr München. Vor allem durch das Vorantreiben der „Neuen Seidenstraße“, der „One-Belt-One-Road-Initiative“, des chinesischen Auf- und Ausbaus eines interkontinentalen Handels- und Infrastruktur-Netzes. Gleichzeitig wahre Russland in Zentralasien und Kaukasus seinen Einfluss, der noch zurück reiche in Zeiten der Sowjetunion. Mit der „Putin-Doktrin“ erhalte Moskau den Schutz des nicht geringen Anteils an ethnischen Russen in der Region aufrecht.
So legitimiere Russlands Staatspräsident Wladimir Putin Zugriffs- und Eingriffsrechte in ehemalige Sowjetrepubliken. Etwa in Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, Aserbaidschan, Kirgisistan und Tadschikistan. Vielerorts seien dort die Eliten noch in der Sowjetunion ausgebildet worden. Das Grundgerüst des sowjetischen Systems bestehe fort. Gewaltenteilung existiere teilweise nur auf dem Papier und Demokratie sei vielfach lediglich Fassade.
Russland erhalte durch Abschreckung seinen Einfluss, China gewinne Einfluss durch das zunehmende Schaffen von Anreizen. Europäische Initiativen auf den Feldern Wirtschaft, Kultur und Demokratie seien in diesem Kontext wichtig. Aber sie könnten nur erfolgreich sein, wenn sie Russland und China mit einbezögen.
Christoph P. Mohr von der Friedrich-Ebert-Stiftung hob hervor, wie wichtig beim Ausbau europäischer Initiativen in dieser Region der Aspekt Vertrauensbildung sei. Noch blieben viele Länder in Zentralasien, die reich an Bodenschätzen seien, hinter ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten zurück. Als Beispiel hob er Kasachstan hervor. Denn die Abhängigkeit von Russland sei noch immer groß. Aus Sowjetzeiten stammende Eliten in Wirtschaft und Politik bildeten Verteilungskartelle. Allerdings werde der Abhängigkeit von Russland durch Chinas wachsenden Einfluss etwas entgegengesetzt. Dies bringe Spannungen mit sich. China wolle vor allem deshalb Einfluss gewinnen, um die Durchgängigkeit seines Wirtschaftsweges, der Neuen Seidenstraße, zu erhalten und zu verbessern. Dazu diene der Bau von Schienen- und Straßennetzen sowie der Ausbau von Häfen. Insgesamt gewinne die Region auch für den Handel zwischen Europa und China mehr und mehr an Bedeutung.
Deshalb müsse es auch aus Sicht Europas darum gehen, dass aus diversen gefrorenen Konflikten in Zentralasien und im Kaukasus keine heißen würden. Das betonte Dr. Cindy Wittke vom Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Die gefrorenen Konflikte existierten teils seit Ende der Sowjetunion. Auch dort, wo Konflikte nicht eskaliert seien, hätten die betroffenen Regionen in Zentralasien und im Kaukasus oftmals Probleme. Etwa weil sie als sogenannte „De-Facto-Staaten“ von Teilen der internationalen Staatengemeinschaft völkerrechtlich nicht anerkannt würden. Deshalb stünden sie dann unter dem Einfluss von „Patron-Staaten“, wie etwa Russland. Moskau verfolge in Zentralasien und im Kaukasus die Strategie der Einflusserhaltung. Dabei agiere Russland vorrangig als militärischer Akteur, hingegen verfüge es über vergleichsweise wenig Soft-Power, so Wittke.
Zum Abschluss der Veranstaltung sagte Dr. Rüdiger Huth, bei diesem Treffen seien die Analysen der diversen Ressorts, der Wissenschaft und auch der Industrie übereinandergelegt und kreativ nach Lösungsansätzen gesucht worden. Nur mit einem vernetzten Ansatz seien komplexe Probleme zu lösen. Diese Veranstaltung stehe in einer Reihe von Netzwerktreffen, von denen jedes für sich eine gute Resonanz gefunden habe. Daran wolle man auch bei der nächsten Veranstaltung des Netzwerks im April 2020 anknüpfen.
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