Beim „Workshop zur Nationalen Sicherheitsstrategie Bundeswehr und Gesellschaft im Lichte der Zeitenwende“ nahmen Expertinnen und Experten aus dem BMVgBundesministerium der Verteidigung, der Bundeswehr und anderer Ressorts neue Herausforderungen gesellschaftlicher Resilienz in den Blick. Die Veranstaltung fand an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik statt.
Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVgBundesministerium der Verteidigung) und die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKSBundesakademie für Sicherheitspolitik) luden am 24. Oktober Akteure der sicherheitspolitischen Community zum Roundtable in den historischen Saal der BAKSBundesakademie für Sicherheitspolitik nach Berlin-Pankow. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus dem BMVgBundesministerium der Verteidigung, der Bundeswehr, dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des Innern und für Heimat sowie aus Verbänden, Organisationen, Think Tanks, Medien und Bildungsinstituten. Dieser Workshop war bereits der zweite allein an der BAKSBundesakademie für Sicherheitspolitik rund um das Thema Nationale Sicherheitsstrategie. Ziel des Workshops war es, sich auf neue Anforderungen an gesellschaftliche Resilienz und damit verbundene Erwartungshaltungen an die Bundeswehr in Zeiten multipler Krisen zu konzentrieren.
Generalleutnant Carsten Breuer, Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr, gab zum Auftakt der Veranstaltung den Impuls für die anschließende Diskussion. Beim Stärken gesamtstaatlicher Resilienz gebe es noch viel zu tun. Das sei spätestens seit der Pandemie und seit der Flutkatastrophe im Ahrtal deutlich geworden – und umso mehr noch seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Bundeskanzler Olaf Scholz habe in diesem Kontext sehr treffend von einer „Zeitenwende“ gesprochen, so Breuer, der unter anderem den Heimatschutz und die zivil-militärische Zusammenarbeit in Deutschland verantwortet. Ein Umdenken darüber, was gesamtstaatliche Resilienz heute ausmache, sei nötig. Es reiche nicht mehr, allein auf die Begrenzung internationaler Krisen und Konflikt zu setzen. Zeitenwende bedeute, dass Europa nun wirklich selbst bedroht sei.
In der vom Vizepräsidenten der BAKSBundesakademie für Sicherheitspolitik, Patrick Keller, moderierten Diskussion wurde die Bedeutung der Bundeswehr für die Resilienz Deutschlands eingehend erörtert. Fragen wurden nicht nur im Saal gestellt. Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die die Debatte am Schirm verfolgten, konnten ihre Fragen per Videokonferenz stellen.
Zwei Panels betrachteten das Oberthema des Workshops zur Nationalen Sicherheitsstrategie „Bundeswehr und Gesellschaft im Lichte der Zeitenwende“ aus verschiedenen Perspektiven.
Im ersten Panel ging es um den Gesichtspunkt „Integrierte Sicherheit und gesamtgesellschaftliche Resilienz als Kernbestandteile der Nationalen Sicherheitsstrategie“. Betrachtet wurde dieser Teilbereich unter den Fragestellungen: „Welche Erwartungshaltungen werden an die Bundeswehr gestellt? – und „Welche gesellschaftlichen Unterstützungsbedarfe haben die Streitkräfte angesichts neuer Bedrohungsszenarien?“ Celia Norf vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe führte zum Aspekt „Krisenmanagement, Amtshilfe und zivil-militärische Zusammenarbeit“ aus. Generalleutnant a. D. Jürgen Weigt stellte seine Einschätzungen zum Aspekt „Anforderungen der Bundeswehr in multiplen Krisenzeiten“ vor. Das Panel wurde von Patrick Keller moderiert.
Dieses Panel brachte unter anderem folgende Ergebnisse hervor:
Ohne Unterstützung der Bundeswehr wären Krisenlagen in Deutschland, so die Pandemie oder die Flutkatastrophe im Ahrtal, nicht zu bewältigen gewesen. Zugleich wurden jedoch Schwächen und Nachholbedarf auf ziviler Seite deutlich – sie muss auf Dauer Krisenlagen auch ohne die Bundeswehr bewältigen können. Beim Angehen dieser Herausforderung gibt es kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungsproblem. Besonders wichtig sind Übungen und die Pflicht zum Erwerb von Kompetenzen im zivilen Bereich.
Weiter wurde festgestellt: Deutschland muss interoperable, leistungsfähige sowie schnell verlege- und reaktionsfähige „High-End“-Streitkräfte bereitstellen. Deutschland steht in der Verantwortung als größter logistischer Stützpunkt und als zentrale Drehscheibe für alliierte Kräfte in Europa zu fungieren. Damit ist Deutschlands Relevanz in NATONorth Atlantic Treaty Organization und EUEuropäische Union-Verteidigung deutlich gestiegen. Daher gilt es, den Anspruch des Artikels 87a Grundgesetz „Streitkräfte zur Verteidigung“, mit mehr Leben zu füllen.
Im zweiten Panel stand der Gesichtspunkt „Zeitenwende, Führungsrolle und gesellschaftliche Wahrnehmung“ im Fokus. Dieser Teilbereich wurde unter den Fragestellungen betrachtet: „Wie wirkt sich die Zeitenwende im Meinungsbild der Bevölkerung aus? Was bedeutet die Umsetzung der Zeitenwende für die sicherheitspolitische Kommunikation?“ – und „Wie kann die Bundesregierung zwischen realer Bedrohung, Führungserwartung und tradierten Rollenvorstellungen strategisch kommunizieren?“
Markus Steinbrecher vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) gab einen Impuls zum Aspekt „Befunde aus der Demoskopie“, einen kursorischen Überblick darüber, was beispielsweise die Bürgerinnen und Bürger über die „Zeitenwende“ denken. Den Aspekt „Bürgerdialoge zur Außen- und Sicherheitspolitik“ beleuchtete Sarah Brockmeier vom Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. BAKSBundesakademie für Sicherheitspolitik-Präsident Botschafter Ekkehard Brose setzte schließlich seinen Impuls zum Aspekt „Strategisch kommunizieren in Europa und in Deutschland“. Das Panel wurde moderiert von Sebastian Nieke von der BAKSBundesakademie für Sicherheitspolitik.
Dieses Panel brachte unter anderem folgende Ergebnisse hervor:
Laut der aktuellen Bevölkerungsumfrage des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr hat die „Zeitenwende“ zur größten Veränderung der Einstellung der Bürgerinnen und Bürger in Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik seit vielen Jahren geführt. Die Sicherheit des Landes und die Bundeswehr werden als besonders wichtig angesehen. Russland wird von einer wachsenden Zahl der Deutschen als Gefahr angesehen.
Thema Bürgerdialoge zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik: Methodisch sollten diese Dialoge stärker an ihrem Zweck orientiert sein. Sie sollten zudem mit entsprechenden Kapazitäten hinterlegt werden. Die Erwartungen an die Dialoge sollten klar formuliert werden.
Strategische Kommunikation: Kommunikation sollte auf strategischer Ebene stärker als sicherheitspolitisches Instrument begriffen werden. Der mit der „Zeitenwende“ erforderliche Wandel in der strategischen Kultur muss auch die Köpfe erreichen. Dafür ist Kommunikation ein zentrales Element. Im Krieg der Narrative ist sicherheitspolitische Kommunikation auch ein Mittel der Gegenwehr. Es geht um abgestimmte Außenkommunikation, auch unter Partnern und Verbündeten. Deutschlands Führungsrolle in Europa muss noch stärker als bisher kommuniziert werden. Wichtig ist dabei, nicht nur Resultate zu kommunizieren, sondern auch die zugrunde liegenden Prozesse stärker zu erklären.
Oberst i.G.im Generalstabsdienst Hubert Nahler, Referatsleiter im Bundesministerium der Verteidigung, dankte abschließend für das BMVgBundesministerium der Verteidigung für die vielen Anregungen bei diesem Workshop. Die Dialogphase auf dem Weg zur ersten deutschen Nationalen Sicherheitsstrategie nähere sich dem Ende. Diese Strategie habe klare Funktionen, die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht auch bei ihrer Grundsatzrede vom 12. September 2022 unterstrichen hatte. Die Diskussion an der BAKSBundesakademie für Sicherheitspolitik habe diese Erwartung verdeutlicht:
Die erste deutsche Nationale Sicherheitsstrategie ist ein ressortübergreifendes Vorhaben der Bundesregierung, in das sich die beteiligten Ressorts in enger Kooperation einbringen.
Inhalte teilen via