Der Bundestag hat zusätzlich zum Verteidigungshaushalt auch das Sondervermögen Bundeswehr beschlossen. Aus Sicht von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, die dazu im Plenum des Parlaments sprach, ist dies dringend benötigtes Geld für Sicherheit und Frieden Deutschlands. Damit könne die Bundeswehr voll einsatzbereit ausgestattet werden.
Die sicherheitspolitische Zeitenwende in Deutschland ist nun finanziell hinterlegt: Mit den Stimmen der Regierungskoalition und Teilen der Opposition wurden die Gesetzentwürfe zur Änderung des Grundgesetzes und zur Errichtung des Sondervermögens Bundeswehr beschlossen. Lambrecht betonte hierzu: „Heute ist ein historischer Tag. Wir verankern in unserem Grundgesetz ein Ertüchtigungspaket, wie es das in der Geschichte der Bundeswehr nie gegeben hat – ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro.“ Zusammen mit einem Verteidigungshaushalt von rund 50 Milliarden Euro kann die Truppe nun mit vielem ausgestattet werden, was zwar seit langem dringend benötigt wurde, aber bislang nicht finanzierbar war.
„Mit dem Sondervermögen statten wir unsere Streitkräfte wieder so aus, dass sie ihren Kernauftrag in vollem Umfang erfüllen können: unser Land und unsere Bündnispartner zu verteidigen. Wir sorgen für eine voll einsatzbereite Bundeswehr“, wie Verteidigungsministerin Christine Lambrecht in ihrer Bundestagsrede unterstrich. Das schulde Deutschland zuallererst den Soldatinnen und Soldaten, die unter Einsatz von Leib und Leben Frieden, Freiheit und Demokratie verteidigten: „Das muss ganz schnell in der Truppe ankommen. Jede aktive Soldatin und jeder aktive Soldat bekommt jetzt die volle persönliche Schutzausrüstung. Vom Helm bis zur Schutzausrüstung. Und zwar schon bis 2025 – und damit sechs Jahre früher als bisher geplant.“ Mit 1,9 Milliarden Euro können in Zukunft beispielsweise auf NATONorth Atlantic Treaty Organization-Standard Helmfunk oder Nachtsichtgeräte gekauft werden.
Als weiteren wichtigen Grund für die Einrichtung des Sondervermögens brachte Lambrecht auf den Punkt: „Wir wollen unsere Bundeswehr zu einem europäischen Kräfteverstärker machen: in der NATONorth Atlantic Treaty Organization und der EUEuropäische Union“. Die Bundeswehr solle zugleich ein starker und langfristig verlässlicher militärischer Kooperations- und Anlehnungspartner sein.
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Mit dem Sondervermögen Bundeswehr lassen sich nun die großen Lücken in der Ausrüstung, die der Sparkurs der vergangenen Jahre geschaffen hat, schließen. Der Wirtschaftsplan als Anlage zum Errichtungsgesetz gibt einen Überblick über die Vorhaben.
Der größte Teil der Investitionen ist mit 33,4 Milliarden Euro für die „Dimension Luft“ bei Luftwaffe, Heer und Marine vorgesehen: Für die Beschaffung von Mehrzweckkampfflugzeugen F-35 mitsamt Bewaffnung, Chinook CH-47F-Transporthubschrauber in der aktuellen Variante und Eurofighter ECR, die für die elektronische Kampfführung ausgestattet sind. Weitere Gelder sollen in die Bewaffnung von Heron TP-Drohnen, den leichten Unterstützungshubschrauber (LUH), bodengebundene Luftabwehr, ein weltraumbasiertes Frühwarnsystem und in zusätzliche Seefernaufklärer fließen. Die Entwicklung des europäischen Flugzeugprojekts Future Combat Air System (FCASFuture Combat Air System) soll ab 2023 ebenfalls aus dem Sondervermögen bestritten werden.
Zweitgrößter Posten sind Investitionen in die „Dimension Führungsfähigkeit/Digitalisierung“ der Streitkräfte in Höhe von 20,7 Milliarden Euro: „Einen besonderen Fokus legen wir auf die Führungsfähigkeit – ein Schlüssel, von dem alles andere abhängt. Stichwort: moderne Funkgeräte und Co. Hier geht es nicht allein darum, in der Bundeswehr verschlüsselt miteinander kommunizieren zu können – hier geht es vor allem um unsere internationale Anschlussfähigkeit. Es muss selbstverständlich werden, dass unsere Soldatinnen und Soldaten mit ihren amerikanischen, niederländischen oder französischen Kameradinnen und Kameraden verschlüsselt per Funk sprechen können“, so Lambrecht. Für die Kommunikation im Feld soll ein taktisches Funknetzwerk mitsamt abhörsicheren Funkgeräten beschafft werden. Ein neuer Rechenzentrumsverbund wird die nötige Leistung beim Datendurchsatz liefern. Für Auslandseinsätze soll ein gesichertes Funknetzwerk beschafft werden. Überdies will die Bundeswehr auch ihre Satellitenkommunikation mit Mitteln des Sondervermögens voranbringen.
Auf die „Dimension Land“ an dritter Stelle entfallen 16,6 Milliarden Euro. Geplant sind Investitionen in nachgerüstete Schützenpanzer Puma und die Nachfolge für die Panzer Marder und Fuchs. Auch für die Entwicklung des neuen Kampfpanzers Main Ground Combat System (MGCSMain Ground Combat System) soll das Sondervermögen genutzt werden.
Die „Dimension See“ erhält 8,8 Milliarden Euro, etwa für die Korvette K130 und die Fregatte F126 und das in Entwicklung befindliche U-Boot 212 CDConference of Disarment. Weitere Posten sind das System zur Unterwasserortung Sonix, Flugabwehrraketen für U-Boote, Mehrzweckkampfboote für das Seebataillon und Antischiffsraketen. Für Forschung und Entwicklung zum Einsatz künstlicher Intelligenz sind zudem 422 Millionen Euro eingeplant.
Begleitend und ebenfalls noch vor der parlamentarischen Sommerpause soll es eine Initiative zur Beschleunigung der Beschaffung von Bundeswehrmaterial geben.
Das Sondervermögen Bundeswehr trägt zugleich dazu bei, in Ergänzung der im Bundeshaushalt bereits vorgesehenen Verteidigungsausgaben das Zwei-Prozent-Ziel der NATONorth Atlantic Treaty Organization im mehrjährigen Durchschnitt von maximal fünf Jahren zu erreichen.
Ein Großteil des Verteidigungshaushaltes, des sogenannten Einzelplans 14, ist im regulären Haushaltsverfahren bereits für fixe Kosten eingeplant. Am 16. März 2022 hatte das Bundeskabinett erstmals zwei Gesetzentwürfe zur Errichtung eines im Grundgesetz abgesicherten Sondervermögens Bundeswehr von bis zu 100 Milliarden Euro aufgelegt, um das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr zu stärken und den deutschen Beitrag zu den NATONorth Atlantic Treaty Organization-Fähigkeitszielen zu gewährleisten. Beschlossen ist nun ein neuer Absatz 1a zu Artikel 87a Grundgesetz zur Errichtung eines Sondervermögens mit eigener Kreditermächtigung in diesem Rahmen. Beschaffungsvorhaben, die aus dem Sondervermögen Bundeswehr finanziert werden sollen, sind in einem Wirtschaftsplan als Anlage zum Errichtungsgesetz ausgewiesen. Dieser wird ab 2023 dem Haushaltsgesetz des Bundes als Anlage beigefügt und künftig gemeinsam mit diesem beschlossen. |
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