Minister Boris Pistorius hat beim Runden Tisch mit dem wehrtechnischen Mittelstand im BMVgBundesministerium der Verteidigung betont, dass bei der Beschaffung von Munition, Material und Ausrüstung für die Bundeswehr der Faktor Zeit oberste Priorität habe. Der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Hitschler hatte die mittelständischen Industrievertreter ins Ministerium geladen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius unterstrich bei dem Treffen, seit dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 sei die Welt eine andere. Angesichts der von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen Zeitenwende, den dramatischen Veränderungen in der europäischen Sicherheitsarchitektur, sei auch der Zeittakt bei den Anforderungen für die Landes- und Bündnisverteidigung ein anderer. Es gelte, im Beschaffungswesen der Bundeswehr Fesseln abzulegen. Munition, Material und Ausrüstung müssten schnellstmöglich an die Truppe geliefert werden. Deutschland brauche eine in allen Bereichen einsatzbereite und durchhaltefähige Bundeswehr.
„Wir setzen mehr auf marktverfügbare Produkte“, sagte Minister Pistorius. Gleichzeitig unterstrich er die große Bedeutung von Forschung und Entwicklung in der mittelständischen wehrtechnischen Industrie in Deutschland. „Die Welt beneidet uns um Sie“, so der Minister an die Adresse der Industrievertreter im Stauffenbergsaal des Berliner Sitzes des Verteidigungsministeriums. Die Innovationskraft des wehrtechnischen deutschen Mittelstandes habe herausragende Bedeutung für das Beschaffungswesen der Bundeswehr.
Deshalb nutze Pistorius die Gelegenheit des Zusammentreffens beim Runden Tisch mit dem wehrtechnischen Mittelstand zum Gesprächsauftakt. Nun solle der Dialog in diversen Formaten intensiv fortgesetzt werden, warb der Minister. Dabei müsse es darum gehen, die Kooperation zwischen dem Geschäftsbereich BMVgBundesministerium der Verteidigung und den diversen Playern dieses Industriezweiges abzustimmen wie ein Uhrwerk. Pistorius appellierte an die Industrievertreter: „Die Bundeswehr braucht ihre Hinweise.“ Und er unterstrich weiter: „Das Ganze funktioniert nur im offenen Austausch – und den möchte ich Ihnen anbieten.“
Es gehe vor allem um Tempo bei der Beschaffung für die Bundeswehr. Sie habe Lücken zu schließen. Besonders drängend seien die Herausforderungen bei Munition und Ersatzteilen. Gründe dafür seien einerseits der jahrzehntelange Sparkurs bei Munition, Material und Ausrüstung für die Bundeswehr und andererseits die umfangreichen Unterstützungsleistungen der deutschen Streitkräfte für die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland.
Der Minister betonte gegenüber den Wirtschaftsvertretern, äußere Sicherheit spiele nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland eine so große Rolle wie lange nicht. Damit stehe die Bundeswehr im Zentrum der staatlichen Daseinsvorsorge. Deshalb müsse die Landes- und Bündnisverteidigung weiter gestärkt werden, besonders an der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke. Und es gelte, sicherheitspolitisch wieder in größeren Zusammenhängen zu denken, so etwa bei den globalen Lieferketten für die mittelständische wehrtechnische Industrie in Deutschland.
Darüber hinaus wählte Minister Pistorius deutliche Worte beim Thema Finanzmittel für die deutschen Streitkräfte. „Verteidigung ist teuer und wird noch teurer werden.“ Deshalb führe am Zwei-Prozent-Ziel für Verteidigung kein Weg vorbei. Und auch das Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro werde nicht reichen.
Geld allein werde aber die Bundeswehr nicht einsatzbereiter machen, unterstrich der Minister. Deshalb habe er sich gemeinsam mit dem Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, daran gemacht, schlankere Strukturen im Geschäftsbereich BMVgBundesministerium der Verteidigung einzuziehen. Diese Strukturen müssten auch zu schnelleren Beschaffungsprozessen führen. Es gelte, neue Wege im Beschaffungswesen zu gehen. Dabei werde beispielsweise den Inspekteuren der Teilstreitkräfte mehr Einfluss und Verantwortung eingeräumt, sagte Pistorius.
Hans Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSVBundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie), versicherte dem Minister, alle Vertreter am Runden Tisch sähen sich als Partner der Bundeswehr. Das Angebot des Ministers zum eng abgestimmten Dialog stieß allseits auf große Zustimmung.
Der Leiter der Taskforce Beschaffungswesen, Brigadegeneral Christian Leitges, sagte: „Wir müssen bei der Beschaffung den Schalter im Kopf umlegen.“ Es gelte, bei den Prozessen die Bundeswehr als ganze in den Blick zu nehmen und von der Fixierung aufs BAAINBwBundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr wegzukommen. Klar sei, schnelle Beschaffung habe ab sofort Vorrang vor langwierigen Prozessen. Nicht mehr Zentralisierung, sondern Dezentralisierung sei das Gebot der Stunde. Entscheidungen müssten unmittelbar auf den zuständigen Ebenen getroffen werden.
Im weiteren Verlauf erörterten die mittelständischen Industrievertreter einen ganzen Strauß von Themen mit der Leitung des BMVgBundesministerium der Verteidigung. Die facettenreiche Debatte reichte von der Rolle und Bedeutung des deutschen wehrtechnischen Mittelstandes für die Ausrüstung der Bundeswehr bis hin zu Aspekten der Planungssicherheit in den Beschaffungsprozessen. Darüber hinaus ging es um verbesserte Zugangsmöglichkeiten zu europäischen Verteidigungsinitiativen für diesen Wirtschaftszweig.
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