Die Bundeswehr hat ein kontroverses Kapitel ihrer Vergangenheit aufgearbeitet: Die langjährige systematische Benachteiligung von homosexuellen Soldatinnen und Soldaten. Noch bis ins Jahr 2000 hinein mussten sie mit erheblichen Karrierenachteilen rechnen, wenn ihre sexuelle Orientierung bekannt wurde. Erst dann wurde der Diskriminierung von Homosexuellen in der Bundeswehr ein Riegel vorgeschoben.
Zwanzig Jahre später sind offen homosexuelle Soldatinnen und Soldaten Normalität in den deutschen Streitkräften. Obwohl der damalige Umgang mit Homosexuellen der früheren Rechtslage entsprach, ist er aus heutiger Sicht nur noch schwer nachzuvollziehen – Oberstleutnant Klaus Storkmann vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) in Potsdam hat es trotzdem getan.
Seine Studie „Zwischen Tabu und Toleranz. Der Umgang der Bundeswehr mit Homosexualität von 1955 bis zur Jahrtausendwende“ ist mehr als eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit mehreren Jahrzehnten Diskriminierungspraxis der Bundeswehr. Sie beleuchtet auf über 400 Seiten mit mehr als 60 Zeitzeugengesprächen auch den gesellschaftspolitischen Hintergrund, vor dem sich der Kampf homosexueller Menschen um Anerkennung abspielte. Am Donnerstag stellt Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer die Studie im Bendlerblock vor.
„Diese Studie auf Eigeninitiative des Ministeriums setzt sich sehr kritisch mit der eigenen Geschichte des Hauses auseinander. Die Praxis der Diskriminierung Homosexueller in der Bundeswehr, die für die Politik der damaligen Zeit stand, bedauere ich sehr. Bei denen, die darunter zu leiden hatten, entschuldige ich mich. Ich möchte die Erkenntnisse der Studie nutzen, um die Vergangenheit weiter aufzuarbeiten und das Gesetzesvorhaben für die Rehabilitierung der Betroffenen voranzubringen. Dessen Eckpunkte werden auf der Veranstaltung gleichfalls vorgestellt“,
sagte die Ministerin vorab.
Begleitet wird die Präsentation der Studie von einer Diskussionsveranstaltung. Sie wird am 17. September 2020 ab 18 Uhr per Livestream auf der Homepage des Verteidigungsministeriums und auf Twitter übertragen. Interessierte Bürgerinnen und Bürgern sind eingeladen, auf dem Twitterkanal des Ministeriums Fragen an das Podium zu stellen: Zum Beispiel an die Wehrbeauftragte des Bundestags Eva Högl, den Generalinspekteur Eberhard Zorn, den ehemaligen Soldaten und Zeitzeugen Dierk Koch oder an Leutnant Sven Bäring, den Vorsitzenden des Vereins QueerBw.
Ab sofort können Fragen auch unter BMVgPresseSocialMedia@bmvg.bund.de eingereicht werden. Eine Auswahl wird im Rahmen der Diskussionsveranstaltung beantwortet, die verbleibenden Fragen später.
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