„Wenn sich in Mali nichts ändert, kann es ein einfaches Weiter so nicht geben“, sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am 14.1.2022 im Bundestag. Das Land versinkt in einer Krise von sich wiederholenden Militärputschen, dschihadistischem Terror und Menschenrechtsverletzungen. Zahlen im aktuellen UNUnited Nations-Bericht sind besorgniserregend.
Vor einem endlosen Kreislauf der Instabilität warnt der aktuelle Bericht an den UNUnited Nations-Sicherheitsrat. Ein Jahrzehnt nach Ausbruch der Konflikte habe sich sowohl die Sicherheitslage als auch die humanitäre Situation verschlechtert, so El-Ghassim Wane, der Sonderbeauftragte des UNUnited Nations-Generalsekretärs.
Allein im letzten Quartal 2021 gab es 68 Angriffe auf nationale und internationale Sicherheitskräfte mit 40 Toten und 52 Verletzten. Dazu kamen 324 Angriffe auf Zivilisten. Dabei wurden mindestens 80 Personen getötet, 95 verletzt und 90 entführt.
Über 1,8 Millionen Menschen sind auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen und eine halbe Million Kinder von Schulschließungen betroffen. Fast zwei Drittel der Erwachsenen sind Analphabeten.
Die Zahl der Binnenflüchtlinge vervierfachte sich in den letzten zwei Jahren auf mittlerweile über 400.000. Zwei Drittel von ihnen sind Kinder. Ohne die UNUnited Nations-Stabilisierungsmission MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali, so Wane, wäre die Situation jedoch um ein Vielfaches schlimmer.
Nach dem letzten Putsch im Mai 2021 wurde Oberst Assimi Goita zum Übergangspräsidenten ernannt und versprach faire und transparente Wahlen. Die Wahlen sollten ursprünglich im Februar 2022 stattfinden. Um Reformen umzusetzen, verschob die Übergangsregierung die Wahlen jedoch um fünf Jahre. Die Aussetzung der Wahlen führte international zu scharfer Kritik.
Die Afrikanische Union und die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWASEconomic Community of West African States fordern die Ernennung eines zivilen Staatschefs und eine sofortige Wiederaufnahme des Übergangsprozesses. Sie setzten die Mitgliedschaft Malis aus. Die ECOWASEconomic Community of West African States-Staaten schlossen die Grenze zu Mali und kappten die Handelsbeziehungen. Die EUEuropäische Union berät über Sanktionen gegen Personen oder Organisationen, die für eine Verschleppung der Transition verantwortlich gemacht werden, Frieden und Sicherheit bedrohen oder das Abhalten von Wahlen behindern.
„Mali muss schnell Neuwahlen ansetzen. Alles andere ist inakzeptabel“, erklärte auch Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Frankreich, Deutschlands engster Partner beim europäischen Engagement in der Sahelzone, forderte Garantien für einen raschen Übergang zur Demokratie. Die Franzosen stoppten vorübergehend ihre gemeinsamen Militäreinsätze mit Mali, bleiben jedoch im Land präsent.
Die EUEuropäische Union will ihre Ausbildungs-und Beratungsmission EUTMEuropean Union Training Mission fortführen. So unterstützt sie die malischen Sicherheitskräfte dabei, Menschenrechte zu wahren und ein Sicherheitsvakuum zu verhindern, das dschihadistische Terrorgruppen zu ihrem Vorteil nutzen könnten.
Vor dem Putsch im Mai 2021 hatte das Militär bereits im August 2020 geputscht. Lambrecht stellte mit Blick auf die anstehende Evaluierung des Mali-Einsatzes die Fragen: „Wen unterstützen wir eigentlich? Wen bilden wir aus? Ist dies mit unseren Zielen und Werten vereinbar?“
Ziele und Instrumente müssten geprüft und eine Exit-Strategie formuliert werden, so die Ministerin weiter. Dabei dürften Einsätze nicht auf das Militärische verengt werden. Einsätze seien immer auch politische Maßnahmen. Sie beträfen Bündnisse, Partnernationen und Deutschlands sicherheitspolitische Rolle in der Welt.
Rund 1.400 deutsche Soldatinnen und Soldaten dienen derzeit in Mali. Sie gehören zur europäischen Ausbildungs- und Beratungsmission EUTMEuropean Union Training Mission Mali sowie zur UNUnited Nations-Blauhelmmission MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali.
Mehr als 250 Blauhelm-Soldaten wurden seit Beginn der Mission 2013 getötet. Auch deutsche Truppen geraten immer wieder ins Visier der Terroristen. Im Juni 2021 durchbrach ein Selbstmordattentäter mit seinem Fahrzeug die Nachtaufstellung einer Patrouille und verletzte dreizehn Bundeswehrangehörige zum Teil schwer. Im Februar 2019 attackierten Attentäter das Koulikoro Training Centre mit Autobomben und Handfeuerwaffen. 2016 war das EUTMEuropean Union Training Mission-Hauptquartier Ziel eines Angriffes.
In Mali sind zahlreiche terroristische Gruppen aktiv und haben wegen fehlender wirksamer staatlicher Präsenz hohe Bewegungsfreiheit. Einige von ihnen stehen in Verbindung mit al-Qaida, andere mit der Terrormiliz „Islamischer Staat“. Zudem operieren in der Sahelzone Drogen-, Waffen- und Menschenschmuggler. Ein Großteil des Landes wird von diesen Gruppen zumindest zeitweise kontrolliert.
Ohne internationale Unterstützung wird sich die humanitäre Krise und die Destabilisierung der Region weiter ausweiten. Die malische Bevölkerung braucht weiterhin internationale Unterstützung. Ziel ist daher, die Übergangsregierung schnell zu einem international akzeptablen Wahlfahrplan zu bewegen.
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