Bei der diesjährigen Jahrestagung der Reserve der Bundeswehr am 20. und 21. Oktober sprachen Reservisten und aktive Soldaten über die Rolle der Reserve im gegenwärtigen und künftigen Aufgabenspektrum der Bundeswehr. Bundesministerin der Verteidigung Ursula von der Leyen nahm zum zweiten Mal an der vom Reservistenverband und Verteidigungsministerium gemeinsam ausgerichteten Veranstaltung teil.
Die Tagung stand ganz im Zeichen der sicherheitspolitischen Veränderungen der vergangenen Jahre, die die Bundeswehr mit der neuen Lage an der östlichen Grenze der NATONorth Atlantic Treaty Organization und der Vielzahl von Krisen und Konflikten in Nordafrika, der Sahelzone sowie im Nahen- und Mittleren Osten vor neue Herausforderungen stellt. Dabei boten die Organisatoren mit den Redebeiträgen von Verteidigungsministerin von der Leyen, dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages Hans-Peter Bartels, dem Mitglied des Europäischen Parlaments Artis Pabriks und vielen weiteren Referenten den Teilnehmern ein breites Themenspektrum, das von Material und Personal, bis hin zu Cyber-Sicherheit und die Verstärkung der Reserve reichte.
„Die Bundeswehr ist ohne die Reserve nicht denkbar“, hob Verteidigungsministerin von der Leyen hervor, die in ihrer Begrüßungsrede auf die zahlreicher werdenden Aufgaben der Bundeswehr hinwies, nachdem die Bundeswehr ein Vierteljahrhundert lang „reduziert, verkleinert, geschrumpft“ wurde. „Wir haben die Trendwende geschafft. Die Bundeswehr wächst wieder“, hob die Verteidigungsministerin hervor und verwies auch auf die steigenden finanziellen Mittel, die der Bundeswehr bereits jetzt und in der mittelfristigen Finanzplanung zur Verfügung stehen. So habe das Parlament allein in der vergangenen Legislaturperiode 30 Milliarden Euro für dringend benötigte Beschaffungsvorhaben bewilligt. Weitere große Beschaffungsvorhaben stünden in den nächsten Jahren an. Jedoch werde es noch einige Zeit dauern, bis das Material der Truppe zur Verfügung stehe. Gleichzeitig gelte es sich ehrgeizige Ziele beim Personal zu setzen. So soll die Bundeswehr bis 2022 etwa 194.000 Soldaten und 61.000 zivile Mitarbeiter umfassen.
Vizeadmiral Rühle, umriss das sicherheitspolitische Umfeld in dem sich die Bundeswehr mit derzeit rund 3.500 Soldaten im Auslandseinsatz befindet. „Die Welt in der sie ihrem Auftrag nachkommt ist unverändert aus den Fugen geraten“, stellte Rühle fest. Vor diesem Hintergrund habe der Auftrag der Landes- und Bündnisverteidigung wieder strategische Relevanz erlangt, nachdem sie in den vergangenen Jahrzehnten aus dem Blickwinkel geraten war. An die Reservisten gewandt betonte er: „Ohne Ihr Engagement sind diese Verpflichtungen in den Einsätzen schlicht nicht leistbar.“ Die Reserve sei nicht nur in nahezu allen Einsatzgebieten vertreten, sondern stehe auch bereit, die Truppe im Grundbetrieb zu unterstützen.
Der Präsident des Reservistenverbandes, Oberst der Reserve Oswin Veith, der gemeinsam mit dem Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Vizadmiral Joachim Rühle, zu der Tagung geladen hatte, hob die wachsende Bedeutung der Reserve hervor. Der Verbandspräsident nutzte die Tagung, um erneut für die Aufstellung von je einem Reserveregiment in jedem Bundesland zu werben. Diese sollten bei einer Stärke von 800 bis 2.000 Reservisten zu einem motivierten, funktionierenden und eigenständigen Truppenkörper zusammenwachsen und der Bundesregierung oder den jeweiligen Landesregierung im Notfall als Verstärkung von Bundeswehr und Polizei zur Verfügung stehen. „Die Reserve wird wieder zu einer wirklichen nationalen Reserve im besten militärischen Sinn. Wir können es uns schlicht nicht mehr erlauben, ohne Reserven zu planen“, betonte Veith. „Diese Reserve leistet Wehrübungen und erbringt keine individuelle Dienstleistung als Teil eines Vakanzenmanagements“, fügt der Präsident hinzu.
Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels schilderte die Probleme der Bundeswehr anhand der Eingaben, die ihn erreichen. Die Politik habe das Problem des Mangels an Material und Personal bei wachsenden Aufgaben der Bundeswehr erkannt. Jetzt gelte es jedoch Tempo zu machen. „Wir brauchen relativ schnell die zusätzlichen Dienstposten und wir brauchen relativ schnell das zusätzlichen Material“, so Bartels, und betonte, dass es sich hier nicht um Aufrüstung sondern um die planmäßige Ausrüstung der Bundeswehr handele.
Der EUEuropäische Union-Parlamentarier und ehemalige lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks richtete den Blick auf die Lage der osteuropäischen NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten. Für diese hätten Sicherheits- und Verteidigungsfragen in viel stärkerem Maße einen existenziellen Charakter. Vor diesem Hintergrund sei die Stationierung der multinationalen Gefechtsverbände der NATONorth Atlantic Treaty Organization in den baltischen Staaten und Polen enorm wichtig, betonte Pabriks.
Insgesamt zog sich vor allem die Aufgabe, geeignetes Personal für die Bundeswehr und die Reserve zu gewinnen und auszubilden, als roter Faden durch die zweitägige Veranstaltung. Der Präsident des Reservistenverbandes Veith zeigte sich mit ihrem Verlauf zufrieden. Die Ministerin habe sich den offenen Fragen gestellt und die Teilnehmer hätten von der Möglichkeit zur Aussprache regen Gebrauch gemacht. „Es spürt jeder, dass sich etwas bewegt“, sagte Veith abschließend. Die Teilnehmer bat er, die auf der Veranstaltung gewonnenen Informationen in ihr jeweiliges Umfeld weiterzugeben.
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