Jens Stoltenberg betont in seinem Grußwort zur Afghanistan-Bilanzdebatte das deutsche Engagement und bedankt sich bei allen, „die unter der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Flagge gedient haben“. Mit Blick auf die Einordnung des Einsatzes erklärte der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Generalsekretär, dass auch im Bündnis eine gründliche Bewertung begonnen wurde.
Grußbotschaft des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Generalsekretärs – Jens Stoltenberg
Zwanzig Jahre Afghanistan - Startschuss für eine Bilanzdebatte
Es gilt das gesprochene Wort.
Frau Ministerin Kramp-Karrenbauer,
meine Damen und Herren,
vor 20 Jahren, am 11. September 2001, wurden in New York, Washington und Pennsylvania fast 3.000 Menschen aus über 90 Ländern getötet; darunter auch Deutsche. Die Ereignisse dieses Tages führten uns die anhaltende Bedrohung in unseren Heimatländern durch den internationalen Terrorismus eindringlich vor Augen. Alle Alliierten stimmten zu, zur Unterstützung der Vereinigten Staaten von Amerika nach Afghanistan zu gehen. Wir hatten ein klares Ziel: zu verhindern, dass Afghanistan als sicherer Hafen für Terroristen dient, die unsere Nationen bedrohen.
Dieses Ziel haben wir erreicht. Unser Militäreinsatz war nicht umsonst. Seit zwei Jahrzehnten hat es keinen von Afghanistan aus organisierten Terroranschlag auf unser Bündnisgebiet mehr gegeben. Das verdanken wir den Hunderttausenden von Soldaten aus NATONorth Atlantic Treaty Organization- und Partnerländern, darunter 93.000 deutsche Soldatinnen und Soldaten, die sich an der größten Militäroperation der NATONorth Atlantic Treaty Organization beteiligt haben.
Gleichzeitig hat sich die Internationale Gemeinschaft, mit Unterstützung unserer Militärs, Nation Building und politische Reformen angestoßen und so dazu beigetragen, dass die Afghanen die Voraussetzungen für bedeutende soziale und wirtschaftliche Fortschritte schaffen konnten. Ich bin allen dankbar, die unter der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Flagge gedient haben, und ich Gedenke der Opfer der Tausenden von Soldatinnen und Soldaten von Verbündeten, Partnern und aus Afghanistan, die den höchsten Preis gezahlt haben, darunter 59 deutsche Soldaten.
Deutschland hat von Anfang an zur NATONorth Atlantic Treaty Organization-Präsenz in Afghanistan beigetragen. Der erhebliche Truppenbeitrag und Deutschlands Rolle als Führungsnation im Norden waren entscheidend. Ich habe viele deutsche Soldatinnen und Soldaten in Mazar-e Sharif und Kabul getroffen und war tief beeindruckt von ihrem Engagement und ihrer Professionalität. Unser Einsatz in Afghanistan hat eine ganze Generation von NATONorth Atlantic Treaty Organization-Soldaten geprägt und unsere Fähigkeit zur Zusammenarbeit, insbesondere im Kampf gegen den Terrorismus, gestärkt. Wir hatten jedoch nie die Absicht für immer in Afghanistan zu bleiben.
Letztes Jahr vereinbarten die USA mit den Taliban den Abzug ihrer Truppen und nach vielen Konsultationsrunden stimmten alle Bündnispartner zu, den USA zu folgen und ihre verbleibenden Truppen ebenfalls abzuziehen. Dies war keine leichte Entscheidung. Ob wir bleiben oder nicht, wir wussten, dass es Risiken gab. Wenn wir unseren Militäreinsatz beenden, bestand das Risiko, dass die Taliban zurückkehren könnten. Wenn wir bleiben, bestand das Risiko eines unbefristeten Einsatzes mit weiterer Gewalt, mehr zivilen Opfern und Angriffen auf unsere Truppen.
Wir haben also eine klare Entscheidung getroffen, aber niemand hat mit einem so schnellen Zusammenbruch der politischen und militärischen Führung Afghanistans gerechnet. Dies ist eine Tragödie für das afghanische Volk und ein herzzerbrechendes Gefühl für uns alle, die wir die Afghanen seit zwei Jahrzehnten unterstützt haben. Die Internationale Gemeinschaft schaut auf Afghanistan und wir werden die Taliban an ihren Zusagen messen, auch in Bezug auf den Terrorismus, die sichere Ausreise und die Menschenrechte.
Wir alle in der Internationalen Gemeinschaft, die NATONorth Atlantic Treaty Organization, aber auch die Vereinten Nationen, die EUEuropäische Union und alle unsere Nationen, müssen uns ehrlich fragen, was funktioniert hat und was nicht funktioniert hat. Ich habe in der NATONorth Atlantic Treaty Organization eine gründliche Bewertung unseres Engagements in die Wege geleitet und begrüße es, dass die deutsche Regierung heute mit der Auswertung ihrer Erfahrungen beginnt. Ich danke Frau Ministerin Kramp-Karrenbauer für ihre wichtige Initiative und für ihre Führungsrolle.
Es ist eindeutig zu früh, um Schlussfolgerungen zu ziehen. Aber eines ist klar. Die Krise in Afghanistan ändert nichts an der Notwendigkeit, dass Nordamerika und Europa in einer gefährlicheren und wettbewerbsintensiveren Welt zusammenstehen müssen: Mit dem aggressiven Vorgehen Russlands, die anhaltende Bedrohung durch den Terrorismus, mit China, das seine wirtschaftlichen und militärischen Muskeln spielen lässt, ausgeklügelten Cyberangriffen, die Verbreitung von Atomwaffen und die Auswirkungen des Klimawandels.
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