„Die Corona-Pandemie ist eine umfassende Herausforderung, für die es keine Blaupause gab – und deren Implikationen heute noch nicht in Gänze absehbar sind“, mit diesen Worten hatte der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, hochrangige Wirtschaftsvertreter sowie Führungskräfte aus den eigenen Reihen eingeladen, um über bisherige Erfahrungen im Krisenmanagement zu diskutieren.
„Bei uns sind in dieser Zeit Dinge möglich geworden, die noch vor einem halben Jahr kaum vorstellbar gewesen wären“, eröffnete Zorn die Gesprächsrunde – und erzeugte durchweg zustimmendes Nicken. Solche positiven Erfahrungen – insbesondere in den Bereichen Digitalisierung und Entbürokratisierung – müssten unbedingt über die Krise hinweggerettet werden. Auch darin stimmten die Vertreterinnen und Vertreter aus der Wirtschaft mit dem Generalinspekteur überein.
Krisensituationen könnten durchaus Impulse geben, sagten mehrere der anwesenden Top-Manager. Das könne Chancen bergen, die dann auch beherzt ergriffen werden müssten. Und so lautete eine zentrale gemeinsame Lehre, die die Diskussionspartner bisher aus der Corona-Pandemie gezogen haben: Mehr Flexibilität, mehr „in der Lage leben“, wie es im Militär auch heißt – und zwar mit Blick auf Arbeitsbedingungen genauso wie auf Budgetplanung.
Zweite „Lessons Learned“: Eine kluge und zielgruppenorientierte Kommunikation ist das A und O in der Krise. Diese spielt auch aus einer übergreifenden Perspektive eine große Rolle. Mehrere Diskussionsteilnehmer drückten ihre Sorge aus, dass in dieser Krise der öffentliche Fokus zu sehr auf gesundheitlichen Risiken liege und zu wenig auf den gravierenden wirtschaftlichen Folgen. Alle waren sich einig darin, dass diese Pandemie die Bundesrepublik wirtschaftlich noch deutlich stärker belasten werde, als es sich viele bisher vorstellen.
Beim Thema Homeoffice berichteten die Diskussionsteilnehmer ebenso über ähnliche Erfahrungen: Zu Hause zu arbeiten, funktioniert nicht überall – bei Soldaten ist das etwa genauso schwierig wie in Produktionsberufen. Die Führungskräfte stellten übereinstimmend fest, dass man die Leute trotz räumlicher Entfernung nicht aus dem Blick verlieren darf; dass man ein waches Auge auf die jeweiligen Lebensumstände hat, sprich familiäre und räumliche Rahmenbedingungen. Bei solchen Aspekten gelte es, gerade auch die Tarifpartner mit ins Boot zu holen, sagte der Generalinspekteur. Dennoch, so der einhellige Tenor der Runde, dürfe sich niemand darauf verlassen, dass der Staat in dieser für viele existenzbedrohenden Krise dauerhaft einspringen könne.
Moderiert und initiiert wurde diese wirtschafts- und sicherheitspolitische Gesprächsrunde von Prof. Dr. Klaus Schweinsberg, dem Gründer des Centrums für Strategie und Höhere Führung. Der Volkswirt und Publizist war bei der Gesprächsrunde als Reservist im Einsatz, zunächst als Major der Reserve. Am Ende der Veranstaltung beförderte der Generalinspekteur ihn zum Oberstleutnant der Reserve und dankte ihm noch einmal für sein jahrelanges Engagement, besonders in der Ausbildung des Führungskräftenachwuchses der Bundeswehr.
Schweinsberg hatte auch eine positive Überraschung im Gepäck: Aus dem jüngsten Elite-Panel, einer Umfrage, die er mit dem Allensbach-Institut durchführt, geht hervor, dass 60 Prozent der Führungsspitzen aus Wirtschaft und Politik der Meinung sind, der Staat müsse mehr Geld ausgeben für die Ausstattung der Bundeswehr – abgesehen vom Corona-Konjunkturprogramm. Damit geben die deutschen Top-Manager und -Politiker ihren Streitkräften die Priorität vier, hinter der Ausstattung von Schulen, der Digitalisierung und dem Klimaschutz. In der gesamten Bevölkerung hingegen unterstützt nicht einmal jeder Vierte die Forderung, dass der Staat mehr in die Bundeswehr investieren sollte. Aus dem Umfrageergebnis leitete Schweinsberg mit einem Lächeln folgenden Rat an den Generalinspekteur ab: „Jetzt müssen nur noch die Führungskräfte für Sie Überzeugungsarbeit leisten.“
Um den Dialog zwischen Bundeswehr und Wirtschaft weiter zu festigen, schlug nicht zuletzt Klaus-Peter Müller, der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende der Commerzbank, am Ende des Treffens vor, dieses Gesprächsformat „Generalinspekteur mit der Wirtschaft“ unbedingt zu wiederholen.
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