Außenminister Sigmar Gabriel hat mit einer leidenschaftlichen Grundsatzrede zu Europa den zweiten Tag der Münchner Sicherheitskonferenz eröffnet.
„Europa ist nicht alles, aber ohne Europa ist alles nichts.“ Das betonte der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz am Samstag. Sichtlich erleichtert nach der Freilassung Deniz Yücels trat Gabriel entschieden dafür ein: Europa müsse sich seiner internationalen Verantwortung noch stärker bewusst werden als bisher. Europa dürfe seine Zukunft nicht als Schicksal begreifen. Europa müsse den Mut zur Gestaltung seiner Zukunft aufbringen, mahnte Gabriel.
Der geschäftsführende Außenminister mahnte in München, der Westen verfolge derzeit keine eigene geostrategische Idee. Dabei stehe doch ein großer „außenpolitischer Instrumentenkasten“ bereit. Es gehe darum, alte Werte der Freiheit zu bewahren und weiterzuentwickeln. Mit Hinweis auf große Verdienste Amerikas erinnerte Gabriel an die „Liberal Order“, die im Kern das Aufrechterhalten der Freiheit als Grundprinzip hat. Sie müsse für europäische und transatlantische Politik leitend sein. Der Weg der Freiheit sei der einzig gangbare Weg des Westens. Gabriel zeigte sich überzeugt, dass sich die liberale Idee auf Dauer als überlegen erweisen werde. Denn ohne Freiheit könne der Mensch nicht leben.
Die Großmächte dieser Welt warteten nicht auf Europa. Damit kam der deutsche Außenminister auf China zu sprechen. Aber nicht in einem konfrontativen Sinne. Deutschlands Außenminister erkannte ausdrücklich an, dass Peking seine geostrategischen Interessen sehr konsequent vertrete. Hingegen müsse sich Europa vorwerfen lassen, dass es derzeit keine eigene geostrategische Idee habe. Ein Beispiel für Chinas Stärke sei auch die Seidenstraße. Sie sei keine Nostalgie, sondern werde von China neu belebt.
Gabriel lenkte den Blick auch nach Afrika. Der Kontinent werde von China als „Chancenkontinent“ begriffen. Allzu oft begreife Europa den afrikanischen Kontinent leider noch als „Problemkontinent“. Das müsse sich ändern. Diese Erkenntnis veranlasste Gabriel einmal mehr zu dem Appell: Europa brauche den Mut, sich nicht aus der Welt zu verabschieden. „Europa braucht auch eine gemeinsame Machtprojektion.“ Das müsse auch eine militärische sein.
Diese Maxime griff im Verlauf der Konferenz der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, auf. Er sagte, die EUEuropäische Union werde sich im Bereich Verteidigung emanzipieren – aber nicht gegen die NATONorth Atlantic Treaty Organization.
Großbritanniens Premierministerin Theresa May betonte die Rolle der NATONorth Atlantic Treaty Organization als starkes Band der europäischen und transatlantischen Partner. Das gelte auch im Falle des Brexits. Dennoch machte der Vorsitzende der Konferenz aus seinem Bedauern über den Brexit kein Hehl. „Es wäre viel einfacher, wenn Sie bleiben würden“, sagte Ischinger an Mays Adresse.
Doch die britische Premierministerin blieb dabei. Sie umriss ihre Perspektive für die Zeit nach dem Brexit. Diese lautete: „Wir werden so zusammenarbeiten, dass die NATONorth Atlantic Treaty Organization gestärkt wird.“ Und natürlich werde Großbritannien auch weiterhin in der Verteidigung mit den europäischen Partnern zusammenarbeiten. Es solle unverändert „gemeinsame Einsätze“ geben. „Dafür sollten wir auch offen bleiben“, warb May unter dem Beifall der Europäer.
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