Seit 2016 gibt es die Ertüchtigungsinitiative. Das Verteidigungsministerium (BMVgBundesministerium der Verteidigung) und das Auswärtige Amt (AAAuswärtiges Amt) teilen sich Verantwortung und Zuständigkeit für die mittlerweile rund 350 Projekte weltweit. Mit ihnen werden krisengefährdete Länder vor Ort unterstützt – durch Beratung und Ausbildung sowie Ausstattung und Infrastruktur.
Die Bundesregierung hat die Ertüchtigungsinitiative 2016 ins Leben gerufen. Sie soll helfen, den Sicherheitssektor ausgewählter Partner zu stärken: Militär, Gendarmerie, Polizei, Katastrophenschutz und die Zivilgesellschaft werden befähigt, im eigenen Land nachhaltig für Sicherheit sorgen zu können. Dazu wird mit Ausrüstung, Ausstattung und Infrastruktur, aber auch Beratung und Ausbildung unterstützt. Ertüchtigungsmaßnahmen können dabei bereits bestehende Instrumente ergänzen, beispielsweise militärische Ausbildungshilfe und Ausstattungshilfe für ausländische Streitkräfte. Ein Alleinstellungsmerkmal der Ertüchtigungsinitiative ist, dass – wo nötig – auch mit letalen Mitteln unterstützt werden kann.
Ein Grundsatz der Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung, die das AAAuswärtiges Amt und BMVgBundesministerium der Verteidigung gemeinsam verantworten, ist, dem Partner „auf Augenhöhe“ zu begegnen: Im Vordergrund steht der Bedarf des Partners, und nicht etwa ein rüstungsexportpolitisches Interesse. Aber auch seine Fähigkeit zur Integration von Maßnahmen, eine sinnvolle Fähigkeitssteigerung und die – wo möglich lokale – Marktverfügbarkeit von Gütern sind von Bedeutung. Zudem wird auf Nachhaltigkeit gesetzt und auf die Übernahme von Eigenverantwortung durch den Partner geachtet.
Die Projekte der Initiative werden aus dem Einzelplan 60 des Bundeshaushaltes finanziert. Außen- und sicherheitspolitische Interessen Deutschlands bestimmen die Auswahl der Partner, die sich vornehmlich in Nord- und Westafrika sowie im Nahen Osten finden: Die ersten Partnerländer waren der Irak, Jordanien, Tunesien, Mali und Nigeria, 2018 kamen Burkina Faso und Niger hinzu – bis heute stehen diese Länder im Fokus der Ertüchtigungsinitiative.
Darüber hinaus gibt es Einzelprojekte auch in anderen Ländern wie auf dem Westbalkan oder flankierend zu EUEuropäische Union- und UNUnited Nations-Einsätzen, für die Regionalorganisation G5-Sahel und die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWASEconomic Community of West African States. Mittlerweile wurden rund 350 Projekte mit einem Gesamtvolumen von über 600 Millionen Euro angestoßen.
Eine Auswahl einiger Schwerpunktprojekte zeigt, wie vielfältig und flexibel die Ertüchtigungsinitiative wirkt.
Geschützte geländegängige Krankenwagen für den Transport Verwundeter, mobile Feldlazarette für die Erstversorgung: Mit diesen Maßnahmen wird die Rettungskette der Streitkräfte verbessert. Die sanitätsdienstliche Versorgung ist ein wichtiger Baustein für die Durchhaltefähigkeit im Kampf gegen Terroristen und Extremisten. Auch die Stärkung von Pionierkräften steht im Fokus: Der Bau von Straßen und die Beseitigung von improvisierten Sprengfallen hilft der Bevölkerung wie den Streitkräften – die notwendigen Fahrzeuge werden durch die Ertüchtigungsinitiative gestellt. Für in Krisenregionen schnell zu errichtende Feldlager bekommt Burkina Faso geschützte Fahrzeuge, Zelte und Container sowie Schanzkörbe. Für den unabhängigen Betrieb sorgen Brunnenbohrgeräte sowie Wasseraufbereitungs- und -abfüllanlagen.
Die Grenzsicherung hat für Niger eine herausgehobene Bedeutung. Dafür erhalten die nigrischen Streitkräfte Bodenradargeräte, um auch in der Tiefe des Raumes aufklären zu können, und Kleindrohnen, um mögliche Bedrohungen identifizieren zu können. Zudem stehen durch die Ertüchtigungsinitiative mehr als 80 LkwLastkraftwagen in unterschiedlichen Größen zur Verfügung, damit die Truppen für die Grenzsicherung mobil sind. Zusätzlich werden die Soldaten auch dafür ausgebildet, die Fahrzeuge selbst zu reparieren und instand zu halten.
Unser Ertüchtigungsansatz zielt darauf ab, Staaten und Regionalorganisationen in fragilem Umfeld zur eigenständigen Übernahme von Sicherheitsverantwortung in einem umfassenden Sinne zu befähigen. In dem Maß, wie regionale und lokale Akteure gestärkt werden, kann das deutsche und internationale Engagement in Krisenregionen angepasst und langfristig vermindert werden.Weißbuch 2016
In Mali wurden Munitionsbunker gebaut, damit die Munition der Streitkräfte geschützt aufbewahrt werden kann. Das Personal wurde in der sicheren Lagerung von Munition geschult. Das erhöht zum einen die Einsatzfähigkeit der malischen Streitkräfte, trägt zum anderen aber auch unmittelbar zur Sicherheit der Bevölkerung in der umliegenden Region bei. Realisiert wurde das Projekt durch ein ortsansässiges Architektenbüro und regionale Baufirmen - und hat so auch positive Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft.
Außerdem haben die malischen Streitkräfte geschützte Fahrzeuge erhalten, um ihre Soldaten vor Sprengfallen geschützt transportieren zu können. Damit die Fahrzeuge nachhaltig betrieben werden können, wurden auch Bergefahrzeuge, eine mobile Werkstatt und Ersatzteile bereitgestellt und Mechaniker ausgebildet.
Seit 2017 werden die Radarstationen der libanesischen Küstenwache modernisiert. So soll – Hand in Hand mit der Beobachtermission UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon der Vereinten Nationen – die 225 km lange Küste überwacht und der Schmuggel von Waffen unterbunden werden. Dazu werden die Sensoren der Stationen verbessert, die Datenleitungen ausgebaut und Bedienpersonal ausgebildet. Damit die Radarstationen unabhängig von der normalen Stromversorgung arbeiten können, werden sie außerdem mit Solarzellen ausgestattet.
Dass die Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung auch ein besonders flexibles Instrument ist, zeigt der Wiederaufbau des Marinestützpunkts Beirut im Libanon: Nachdem die verheerende Explosion in Beirut im August 2020 große Teile des Hafens zerstört hatte, wird der Bau eines multifunktionalen Komplexes mit Werkstätten, Büros, Unterkünften und einer Kantine durch Deutschland finanziert. Damit wird der Libanon über deutlich bessere Wartungs- und Instandsetzungsmöglichkeiten für seine Marineeinheiten verfügen.
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