Die Verteidigungsministerinnen und -minister der Europäischen Union haben am 30. August im Schwerpunkt die weitere Ukraine-Unterstützung, die EUEuropäische Union-Krisenreaktionsfähigkeiten sowie die Situation in der Sahelregion beraten. Die Parlamentarische Staatssekretärin Siemtje Möller hat Verteidigungsminister Boris Pistorius bei dem Treffen vertreten.
Spanien hat am 1. Juli den Vorsitz der EUEuropäische Union-Ratspräsidentschaft übernommen und war deshalb Gastgeber des informellen Treffens in Toledo nahe der Hauptstadt Madrid. Gemeinsam mit Belgien und Ungarn bildet Spanien das Präsidentschaftstrio bis Ende 2024. In ihrem gemeinsamen Achtzehnmonatsprogramm dieser Präsidentschaft will das Ländertrio angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und den damit einhergehenden globalen politischen Herausforderungen erreichen, dass die Europäische Union ihre Resilienz und Handlungsfähigkeit im Bereich Sicherheit und Verteidigung stärkt und somit die Ziele des Strategischen Kompasses umsetzt.
Eines dieser Ziele ist die Schaffung einer EUEuropäische Union-Schnelleingreifkapazität für die rasche Entsendung von bis zu 5.000 Soldatinnen und Soldaten. Mit dieser Eingreiftruppe soll schnell auf Krisensituationen außerhalb der EUEuropäische Union reagiert werden können. Die Ministerinnen und Minister haben dazu in Toledo die Fortschritte beim Aufbau dieser Rapid Deployment Capacity (EU RDCEU Rapid Deployment Capacity) erörtert. Laut Strategischem Kompass der EUEuropäische Union soll die Truppe 2025 einsatzbereit sein. Zugleich sollen mit der Aufstockung des Militärischen Planungs- und Durchführungsstabes (MPCCMilitary Planning and Conduct Capability) auch die Führungsstrukturen der EUEuropäische Union gestärkt werden. Deutschland engagiert sich intensiv bei der Aufstellung der EUEuropäische Union-Eingreiftruppe.
In Toledo haben die Verteidigungsministerinnen und -minister erneut die fortlaufende Unterstützung der Ukraine bekräftigt. „Seit anderthalb Jahren wird das Land von einem grausamen Krieg überzogen“, sagte Staatssekretärin Möller am Rande des Treffens. Die EUEuropäische Union und ihre Mitgliedstaaten verurteilen den brutalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Seit Beginn der russischen Invasion haben die EUEuropäische Union und ihre Mitgliedstaaten mehr als 77 Milliarden Euro an Unterstützung für die Ukraine und ihre Bevölkerung zur Verfügung gestellt. Davon allein rund 21 Milliarden Euro an militärischer Unterstützung.
Seit Ende 2022 läuft darüber hinaus die militärische Unterstützungsmission EUMAMEuropean Union Military Assistance Mission zur Ausbildung ukrainischer Soldatinnen und Soldaten. Eines der beiden Missionshauptquartiere befindet sich in Strausberg bei Berlin. In Deutschland sollen bis Jahresende rund 10.000 ukrainische Einsatzkräfte ausgebildet werden, erklärte die Staatssekretärin. Es gehe darum, „die Durchhaltefähigkeit der Ukraine nachhaltig zu unterstützen und zu stärken“.
Der aktuelle Stand bei der EUEuropäische Union-Munitionsinitiative zur beschleunigten Lieferung, Beschaffung und Produktion von Munition für die Ukraine wurde ebenfalls beraten. „Munition ist ein kritischer Faktor“, betonte die Staatssekretärin. Mit der Initiative soll die langfristige Steigerung der europäischen Munitionsproduktion zugunsten der Ukraine und der EUEuropäische Union-Mitgliedstaaten ermöglicht werden, indem die industriellen Produktionskapazitäten für Munition und Flugkörper durch die EUEuropäische Union finanziell unterstützt werden.
Die Munitionsinitiative kommt voran. Wir haben mittlerweile einige Rahmenverträge unterzeichnen können, die auch weiterhin unseren Partnernationen offenstehen. Das ist ein gutes Zeichen, denn es kommt hier wesentlich darauf an, die Ukraine mit Munitionsnachschub zu versorgen.Parlamentarische Staatssekretärin Siemtje Möller
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine stellt den europäischen Markt für Verteidigungsgüter vor große Herausforderungen, da die europäischen Länder ihre Anstrengungen verstärkt haben, um den dringenden Verteidigungsbedarf der Ukraine zu decken. Der Rat der Europäischen Union hatte sich deshalb im März auf einen dreigleisigen Ansatz verständigt, mit dem der Ukraine innerhalb eines Jahres eine Million Artilleriegeschosse zur Verfügung gestellt werden sollen – durch Lieferungen aus Beständen und gemeinsamen Beschaffungen. Aber auch die Bestände der EUEuropäische Union-Mitgliedstaaten sollen wieder aufgefüllt werden.
Die Situation in der Sahelregion – insbesondere in Niger – wurde in Toledo ebenfalls beraten. Deutschland beteiligt sich mit bewaffneten Streitkräften an der militärischen Partnerschaftsmission EUMPMEU Military Partnership Mission Niger. Die Europäische Union führt den Einsatz und unterstützt dabei, die Kapazitäten der nigrischen Streitkräfte aufzubauen. Nach dem Putsch in Niger ist die Lage im Land jedoch noch unübersichtlich. „Selbstverständlich hat die Lage Auswirkungen auf die Rückverlegung unseres MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali-Kontingentes“, so Staatssekretärin Möller.
Für die derzeit in Niger stationierten rund 100 deutschen Soldatinnen und Soldaten gebe es allerdings „keine Anzeichen für eine erhöhte Gefährdungssituation“. Die Europäische Union erkennt die aus dem Putsch in Niger hervorgegangenen staatlichen Autoritäten nicht an. Deutschland und die EUEuropäische Union unterstützen die diplomatischen Bemühungen der Afrikanischen Union und der Regionalorganisation ECOWASEconomic Community of West African States.
Am Vortag haben sich die Ministerinnen und Minister bereits im EUEuropäische Union SatCen Hauptquartier in Torrejón de Ardoz bei Madrid getroffen. Mit Blick auf die Vorgaben des Strategischen Kompasses und der EUEuropäische Union Space Strategy for Security and Defence (EUEuropäische Union SSSD) wurde die künftige Entwicklung der Einrichtung diskutiert. Im März wurde die erste EUEuropäische Union-Weltraumstrategie für Sicherheit und Verteidigung vorgelegt. Das Satellitenzentrum der EUEuropäische Union liefert mit seinen Daten zur Erdbeobachtung (Satelliten- und Luftbilder) eine globale Lagebeobachtung und Frühwarnhinweise zu potenziellen Krisensituationen. Es unterstützt damit die Entscheidungsfindung der EUEuropäische Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASPGemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik).
„Die sichere Nutzung des Weltraumes, insbesondere die Satellitenkommunikation und -navigation sowie Erdbeobachtungsdaten, ist für viele zivile Lebensbereiche unerlässlich geworden“, wird in der Nationalen Sicherheitsstrategie Deutschlands festgestellt. Gleichzeitig habe die militärische Nutzung des Weltraumes für moderne Streitkräfte eine erhebliche Bedeutung gewonnen. Daher wird die Bundesregierung dem Weltraum als strategische Dimension verstärkte Aufmerksamkeit widmen und die deutschen Fähigkeiten auf diesem Gebiet ausbauen.
Deutschland arbeitet dabei eng mit den EUEuropäische Union- und NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partnern zusammen. Im EUEuropäische Union SatCen warb Staatssekretärin Möller deshalb auch für das PESCOPermanent Structured Cooperation-Projekt Common Hub for Governmental Imagery (CoHGI), bei dem Deutschland Projektkoordinator ist. Acht weitere europäische Länder beteiligen sich an dem Projekt, bei dem der Austausch satellitengestützter Daten zwischen den Mitgliedstaaten und der EUEuropäische Union erleichtert werden soll.
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