Unteroffizierschulen in Niger, eine Landebahn in Mali, Grenzsicherungsanlagen in Tunesien – die Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung hat sich seit ihrem Beginn 2016 schnell etabliert. Im Fokus liegen vor allem nord- und westafrikanische Länder. Ertüchtigung ist als Instrument der deutschen Sicherheitspolitik nicht mehr wegzudenken.
Für die Umsetzung der Ertüchtigungsinitiative ist im BMVgBundesministerium der Verteidigung das Referat Politik II 3 verantwortlich. „Wir wollen unseren Partnern mit der Ertüchtigungsinitiative helfen, selbst für Sicherheit in ihrem Land und Stabilität in der Region zu sorgen“, erklärt der Leiter, Oberst Jörg Dronia. Das Motto lautet frühzeitige „Hilfe zur Selbsthilfe“. Staaten sollen unterstützt werden, bevor sie in eine Krise geraten. Konflikte sollen verhindert werden, bevor sie ausbrechen und einfache Mittel nicht mehr reichen. Fachleute sprechen dabei von local ownership. „Die Akteure wissen selbst am besten, was sie brauchen. Oft fehlen ihnen aber das Material und die Fähigkeiten, um dies umzusetzen“, sagt Dronia. Hier setzt die Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung an. „Wir wollen schnell, flexibel und bedarfsorientiert helfen.“
Die Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung verbindet klassische Instrumente der internationalen militärischen Zusammenarbeit: Beratung, Ausbildung, Ausstattung bis zum Aufbau von Infrastruktur. Auch die Lieferung von militärischem Gerät ist möglich – ein Alleinstellungsmerkmal und wesentlicher Unterschied zum Ausstattungshilfeprogramm der Bundesregierung, das nur zivile Güter bereitstellt und langfristige Projekte fördert. „Die Partner erhalten kein Geld, sondern geben ihren Bedarf an, der dann von uns geprüft und finanziert wird. Wenn es möglich ist, wird direkt vor Ort beschafft. Dadurch profitiert auch die lokale Wirtschaft“, erklärt Dronia.
Über 350 Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 500 Millionen Euro sind mittlerweile angestoßen worden. Das Auswärtige Amt und das BMVgBundesministerium der Verteidigung teilen sich die Verantwortung. Über die Ausgaben entscheiden die Ressorts gemeinsam, ein Unikat in der Bundesregierung. Beide Ministerien stimmen sich eng ab und führen eine gemeinsame Projektliste. „Die Zusammenarbeit ist sehr gut. Vor Ort werden wir von Botschaften, Einsatzkräften und militärischen Beratern unterstützt“, erklärt der Oberst. Im 2016 eingerichteten Titel im Bundeshaushalt waren ursprünglich 100 Millionen Euro für die Ertüchtigungsinitiative vorgesehen. Heute beläuft sich das Budget auf rund 130 Millionen Euro. Im nächsten Jahr soll es auf 175 Millionen Euro ansteigen – „ein Beleg für den Erfolg und die Bedeutung der Ertüchtigungsinitiative“, unterstreicht Dronia.
Das Spektrum der Partner ist breit: Es reicht von internationalen Organisationen wie ECOWASEconomic Community of West African States und G5-Sahel bis zu den Partnerländern: Irak, Jordanien, Tunesien, Mali und Nigeria. Seit 2018 gehören auch Burkina Faso und Niger dazu. Alle Partner müssen sich an menschenrechtliche und rechtsstaatliche Standards halten. Jedes Projekt wird genau dokumentiert: Ziele, Vereinbarungen, Evaluationskriterien und Abrechnungsregeln. Die Anforderungen sind hoch, sagt Dronia. Sie ändern aber nichts am großen Interesse: „Das Feedback ist sehr gut, weil die Projekte oft schnell sichtbare Erfolgserlebnisse erzielen. Wir achten auch darauf, dass wir den Partnern auf Augenhöhe begegnen. Am Ende wollen wir schließlich alle gute Ergebnisse.“ Projektabbrüche sind die Ausnahme und finden nur statt, wenn sich die sicherheitspolitische Bewertung grundlegend geändert hat.
Auch 2020 soll der Schwerpunkt auf afrikanischen Partnerstaaten und -organisationen liegen. Hinzu kommen Projekte im Irak, Jordanien oder dem Libanon. „Uns ist es wichtig, Flexibilität und Kontinuität zu verbinden – und nachhaltig zu wirken“, sagt Dronia. So haben zum Beispiel die malischen Streitkräfte neben geschützten Fahrzeugen auch Bergefahrzeuge, eine mobile Werkstatt und Ersatzteile erhalten. Die Ertüchtigungsinitiative soll kein nationales Instrument bleiben. Darum hat die Bundesregierung die Idee einer „Enable und Enhance Initiative“ auf EUEuropäische Union-Ebene eingebracht. Bis zu einer europäischen Umsetzung geht Deutschland mit gutem Beispiel national weiter voran.
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