Der INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces) wurde am 8. Dezember 1987 in Washington vom US-Präsidenten Ronald Reagan und dem sowjetischen Staatschef Michael Gorbatschow unterzeichnet. Nach der Ratifizierung durch den US-Senat trat der Vertrag mit der Unterzeichnung und dem Austausch der Ratifizierungsurkunden durch die beiden Staatschefs bei ihrem Gipfeltreffen in Moskau am 1. Juni 1988 in Kraft.
Der Vertrag gilt als historisches Rüstungskontrollabkommen. Er ist bis heute ein zentrales Element der Rüstungskontrollpolitik. Der Vertrag ist ein wichtiger Baustein europäischer Sicherheit. Er sieht die Abschaffung aller landgestützten ballistischen Raketen und Marschflugkörper mit kürzerer Reichweite von 500 bis 1000 Kilometern sowie mit einer mittleren Reichweite von 1000 bis 5500 Kilometern vor. Auf Schiffen und Flugzeugen basierte Systeme sowie landgestützte atomare Kurzstreckensysteme (Short Range Nuclear Forces) mit einer Reichweite unter 500 Kilometern sind nicht im INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrag erfasst.
Diese Systeme mussten binnen 3 Jahren samt Abschussvorrichtungen und Infrastruktur von beiden Seiten vernichtet werden. Der Vertrag verbietet Produktion und Tests. Weiter sah er für beide Vertragspartner das Recht auf Inspektion vor, wodurch Abbau und Verschrottung überwacht werden konnten. Im Jahre 2001 endete das Inspektionsrecht – damit galt das Vertragswerk als umfassend erfüllt.
Laut Artikel 15 gilt der INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrag auf unbegrenzte Zeit. Es wird jedoch weiter ausgeführt: „Jede Vertragspartei ist in Ausübung ihrer staatlichen Souveränität berechtigt, von diesem Vertrag zurückzutreten, wenn sie entscheidet, dass durch außergewöhnliche Ereignisse eine Gefährdung ihrer höchsten Interessen eingetreten ist.“ Entsprechend hat die US-Regierung den Vertrag gekündigt, weil ihrer Ansicht nach Russland mit einem neuen Rüstungsprogramm gegen das Regelwerk verstößt. Somit läuft der INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrag am 2. August 2019 aus.
Der INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrag ist im Kontext der sicherheitspolitischen Entwicklungen zwischen den Supermächten USA und Sowjetunion insbesondere seit Mitte der 1970er Jahren zu sehen, hier besonders im Hinblick auf die Effekte auf Europa. In dieser Zeit hatte die Sowjetunion mit der Stationierung moderner Mittelstreckenraketen vom Typ SS 20 begonnen, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden konnten. Die NATONorth Atlantic Treaty Organization stufte diese als massive Bedrohung für Westeuropa ein. Die SS 20 war ihren Vorgängerwaffensystemen SS 4 und SS 5 an Reichweite, Präzision, Verlegefähigkeit und Durchschlagskraft überlegen. Zudem waren atomare Mittelstreckenraketen bislang in kein relevantes Vertragswerk zwischen den beiden Supermächten gefasst.
Auf diese neue Bedrohungslage antwortete 1979 der Westen mit dem NATONorth Atlantic Treaty Organization-Doppelbeschluss. Maßgeblichen Anteil daran hatte der damalige Kanzler der Bundesrepublik Deutschland und frühere Verteidigungsminister Helmut Schmidt. In seiner Rede am International Institute for Strategic Studies in London im Oktober 1978 mahnte Schmidt die Notwendigkeit einer Reaktion des Westens auf die sowjetischen Aufrüstungsbestrebungen an. Der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Doppelbeschluss sah die Stationierung von amerikanischen Pershing II-Mittelstreckenraketen und Cruise Missile-Marschflugkörpern in Westeuropa für den Fall vor, dass die Sowjetunion ihre atomaren Mittelstreckenwaffen nicht abbauen würde. Mit den Elementen Abschreckung und Dialog war der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Doppelbeschluss am Harmel-Bericht orientiert.
Die Bemühungen zwischen West und Ost um Rüstungskontrolle im Bereich atomarer Mittelstreckenwaffen in Europa waren vielfältig. Auch die Bundesregierungen unter den Kanzlern Helmut Schmidt und Helmut Kohl waren intensiv darum bemüht, die Lage zu entspannen – auch mit Hilfe der Pendeldiplomatie von Außenminister Hans-Dietrich Genscher.
Im November 1981 wurden Abrüstungsverhandlungen zwischen den USA und der Sowjetunion in Genf aufgenommen. Dabei kam es im Juli 1982 zu einer Verabredung zwischen den Unterhändlern der beiden Supermächte Paul Nitze und Yuli Kvitsinsky, mit der sie dem Ziel der Beseitigung von Mittelstreckenraketen aus Europa ein gutes Stück näher gekommen zu sein schienen. Aber die Regierungen beider Staaten lehnten den Vorschlag ab. Allerdings konnte bis zum Herbst 1983 – binnen einer gesetzten Vierjahresfrist seit dem NATONorth Atlantic Treaty Organization-Doppelbeschluss – bei den Genfer Gesprächen kein Durchbruch erzielt werden.
Als Konsequenz daraus wurde ab November 1983 die Stationierung atomarer US-Mittelstreckenwaffen in Westeuropa eingeleitet – als Antwort des Westens auf die im vollen Gange befindliche Stationierung sowjetischer SS 20. Amerikanische Pershing II und Cruise Missiles wurden bis 1987 in den NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten Belgien, Großbritannien, Italien und auch der Bundesrepublik Deutschland stationiert. Der Deutsche Bundestag beschloss am 22. November 1983 die Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland. Diese bedeutenden sicherheitspolitischen Entwicklungen bewegten die Zivilgesellschaften in West und Ost sehr – mit extrem kontroversen Debatten.
Nach einer rüstungskontrollpolitischen Eiszeit stand das Jahr 1985 im Zeichen neuer Bemühungen um Abrüstung. Die USA und die Sowjetunion nahmen ihre Verhandlungen um Abrüstung atomarer Mittelstreckenwaffen wieder auf. Der neue Staatschef der Sowjetunion, Michael Gorbatschow, stand für innen- und außenpolitische Reformen. So schafften US-Präsident Ronald Reagan und der sowjetische Staatschef Michael Gorbatschow nach Gipfel-Treffen 1985 in Genf und 1986 in Reykjavik am 8. Dezember 1987 in Washington den Durchbruch mit der Unterzeichnung des INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrags in Washington.
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