Mit seiner jährlichen Bevölkerungsbefragung leistet das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) einen Beitrag zur wissenschaftlichen Politikberatung des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVgBundesministerium der Verteidigung), zur sicherheits- und verteidigungspolitischen Forschung und zur öffentlichen Diskussion über Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die Studie wird seit 1996 realisiert und stellt damit eine der längsten Zeitreihen sicherheits- und verteidigungspolitischer Umfragen in Deutschland dar.
Im Mittelpunkt der Studie stehen vor allem die folgenden Themenbereiche: Einstellungen zum außen- und sicherheitspolitischen Engagement Deutschlands, Haltungen der Bevölkerung zur Bundeswehr, Meinungen zur Höhe der Verteidigungsausgaben sowie zum Personalumfang der Bundeswehr sowie die Einstellungen zu den Aufgabenbereichen und Auslandseinsätzen der Bundeswehr.
Die Bevölkerungsbefragung liefert wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu den Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger zur Bundeswehr, zur Haltung zu politischen Entscheidungen, nicht zuletzt zu den Auslandseinsätzen, sowie zu gesellschaftlichen Präferenzen und Prioritäten. Mit der Publikation der Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung leistet das ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr einen Beitrag zur Transparenz und demokratischen Kontrolle der Streitkräfte.
Studienkonzept und Fragebogen hat das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) erarbeitet. Die letzte Bevölkerungsbefragung hat das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Ipsos im Zeitraum vom 18. Juli bis 26. August 2020 durch computergestützte persönliche Interviews (CAPI) erhoben.
Befragt wurden 2.277 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger. Die realisierte Stichprobe ist repräsentativ für die in Privathaushalten lebende deutsche Bevölkerung ab 16 Jahren. Die Auswertung der Daten erfolgte am ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr.
Die Bundeswehr genießt ein breites gesellschaftliches Renommee, das nochmals höher ist als in den vergangenen Jahren. Alle verwendeten Indikatoren weisen in dieselbe Richtung: Die Streitkräfte sind angesehen und erfahren Vertrauen.
Dies geht quer durch die gesellschaftlichen Gruppen. 82 Prozent der Befragten haben eine positive Einstellung zur Bundeswehr, was einem Zuwachs von sechs Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr entspricht und den höchsten Wert der letzten zehnJahre darstellt. Bei 58 Prozent der Bürgerinnen und Bürgern genießen die Soldatinnen und Soldaten ein hohes Ansehen, was einer Steigerung von drei Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Und auch das Vertrauen in die Bundeswehr hat mit 85 Prozent (+fünf Prozentpunkte im Vergleich zu 2019) einen neuen Höchstwert erreicht.
Der gewachsene Zuspruch für die Bundeswehr ist auch auf die Leistungen der Streitkräfte im Inland, etwa bei der Corona-Hilfe, zurückzuführen.
Für 63 Prozent der Befragten ist die Bundeswehr ein attraktiver Arbeitgeber für junge Menschen. Eine absolute Mehrheit von 58 Prozent der jüngeren Umfrageteilnehmer (16 bis 29 Jahre) teilt diese Einschätzung. 52 Prozent der Befragten geben an, dass sie sich in Gesprächen über das Thema Berufswahl positiv über die Bundeswehr äußern würden. Viele würden Freunden, Bekannten und Verwandten die Streitkräfte als Arbeitgeber empfehlen.
Die Bevölkerungsmehrheit hat von den einzelnen Auslandseinsätzen der Bundeswehr wenigstens schon einmal etwas gehört oder gelesen, ohne aber konkrete Fakten zu kennen. Je nach Auslandseinsatz liegt dieser Anteil zwischen 47 und 74 Prozent. Allerdings ist der Anteil in der Bevölkerung, der angibt, wenigsten einige Fakten zu den Einsätzen zu kennen, deutlich geringer: Je nach Einsatz sind es 13 bis 29 Prozent.
Im Vergleich zum Vorjahr ist das subjektive Informationsniveau der Bevölkerung nochmals gesunken: Nahezu die Hälfte der Befragten (48 Prozent) fühlt sich grundsätzlich schlecht über die Auslandseinsätze der Bundeswehr informiert. Lediglich 16 Prozent fühlen sich gut informiert.
Im Vergleich zum Vorjahr ist auch die Bekanntheit der einzelnen Auslandseinsätze der Bundeswehr insgesamt leicht zurückgegangen. Dennoch ist die öffentliche Zustimmung zu vielen Auslandseinsätzen der Bundeswehr im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.
75 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass Deutschland seine Interessen gegenüber den USA selbstbewusster vertreten sollte. Nur noch 29 Prozent sprechen sich dafür aus, dass Deutschland in außenpolitischen Fragen in Übereinstimmung mit den USA handeln sollte.
Ungeachtet dessen ist eine relative Mehrheit von 45 Prozent der Bürgerinnen und Bürger davon überzeugt, dass die USA in die Verteidigung Europas eingebunden bleiben sollten.
Die Präferenz der Bürgerinnen und Bürger für eine multilaterale Ausrichtung der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist sehr stark ausgeprägt. Die deutsche Bevölkerung misst insbesondere der NATONorth Atlantic Treaty Organization große Bedeutung für die Sicherheit Deutschlands bei.
Nahezu drei Viertel der Befragten (71 Prozent) stehen hinter Deutschlands Mitgliedschaft im nordatlantischen Verteidigungsbündnis. 60 Prozent sind der Auffassung, dass sich Deutschland sicherheits- und verteidigungspolitisch im Rahmen der NATONorth Atlantic Treaty Organization engagieren sollte.
Eine klare Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unterstützt auch die EUEuropäische Union-Verteidigungszusammenarbeit: 65 Prozent vertreten die Auffassung, dass Deutschland sich sicherheits- und verteidigungspolitisch gemeinsam mit den Staaten der EUEuropäische Union engagieren sollte und 66 Prozent der Befragten sprechen sich für eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EUEuropäische Union aus. 57 Prozent sind davon überzeugt, dass die EUEuropäische Union als eigenständiger sicherheits- und verteidigungspolitischer Akteur auftreten sollte.
Eine relative Mehrheit von 47 Prozent der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer befürwortet zudem den Aufbau einer gemeinsamen europäischen Armee. Diese signalisieren damit Unterstützung für eine mögliche Entwicklungsperspektive, die über die enge militärische Kooperation nationaler Streitkräfte hinausgeht.
Die Bevölkerung positioniert sich 2020 wie in den Vorjahren eindeutig zur Höhe des Verteidigungsetats: 42 Prozent der Befragten sind für eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben, etwas weniger (40 Prozent) stimmen dafür, die Ausgaben gleich zu halten und lediglich 12 Prozent plädieren für eine Verringerung des Verteidigungsbudgets.
Für den zukünftigen militärischen Personalumfang der Bundeswehr zeigt sich ein ähnliches Meinungsbild: Für eine Erhöhung sprechen sich 42 Prozent aus, keinen Veränderungsbedarf sehen ebenfalls 42 Prozent und 10 Prozent befürworten eine Reduzierung der Anzahl der Soldatinnen und Soldaten. Die Bürgerinnen und Bürger begrüßen also weiterhin mit großer Mehrheit einen personellen Aufwuchs der Streitkräfte oder eine Beibehaltung des aktuellen Niveaus.
Deutlich gestiegen ist die öffentliche Zustimmung zur Bewaffnung von Drohnen. Eine relative Mehrheit von 41 Prozent der Bürgerinnen und Bürger vertritt inzwischen die Auffassung, dass bewaffnete Drohnen zur Ausrüstung der Bundeswehr gehören sollten. Das entspricht einem Zuwachs von zehn Prozentpunkten gegenüber der letzten Befragung zu diesem Thema aus dem Jahr 2014. Nur etwas mehr als ein Viertel (26 Prozent) der Befragten lehnt aktuell die Ausrüstung der Bundeswehr mit bewaffneten Drohnen ab.
Eine große Mehrheit der deutschen Bevölkerung fühlt sich persönlich sicher (72 Prozent) und auch die Sicherheitslage in Deutschland wird mehrheitlich (65 Prozent) positiv bewertet. Im Kontrast dazu steht die Wahrnehmung der weltweiten Sicherheitslage, die nur von wenigen Bürgerinnen und Bürgern als sicher (23 Prozent) und von einer relativen Mehrheit (43 Prozent) sogar als unsicher eingeschätzt wird.
Der Corona-Pandemie zum Trotz haben sich die Bewertungen der persönlichen, nationalen und weltweiten Sicherheitslage im Vergleich zum Vorjahr nicht wesentlich verändert.
Wie bereits im Vorjahr fühlen sich die Bürgerinnen und Bürger primär durch eine Mischung aus ökologischen (Klimawandel), ökonomischen (Inflation) und innenpolitischen (Zuwanderung) Risikofaktoren in ihrer persönlichen Sicherheit bedroht. Die Sorge vor der Corona-Pandemie kommt als vierter Faktor hinzu.
Eine Mehrheit (58 Prozent) der Bürgerinnen und Bürger spricht sich für eine aktive deutsche Außen- und Sicherheitspolitik aus. Bei der Wahl der außen- und sicherheitspolitischen Instrumente besteht eine klare Präferenz für diplomatische Mittel.
Dennoch akzeptiert die Mehrheit der Bevölkerung Ausbildungs- (64 Prozent) und Stabilisierungseinsätze (61 Prozent) der Bundeswehr als legitime Mittel in der Außen- und Sicherheitspolitik. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Zustimmungswerte zu beiden Einsatztypen merklich gestiegen (Ausbildungseinsätze +vier Prozentpunkte; Stabilisierungseinsätze +fünf Prozentpunkte).
Damit erfahren Ausbildungs- und Stabilisierungseinsätze der Bundeswehr als Mittel der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik inzwischen mehr öffentliche Zustimmung als Wirtschaftssanktionen (57 Prozent).
Die öffentliche Zustimmung zu vielen Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. Dieser größere Zuspruch verteilt sich dabei auf Auslandseinsätze im gesamten Aufgabenspektrum der Bundeswehr.
Den größten Zuspruch erfahren der EUTMEuropean Union Training Mission-Einsatz in Mali zur medizinischen Versorgung und Ausbildung malischer Sicherheitskräfte und Sanitäter (51 Prozent; +ein Prozentpunkt im Vergleich zu 2019), die Operation Sea Guardian zur Seeraumüberwachung im Mittelmeer (49 Prozent; +fünf Prozentpunkte), der Atalanta-Einsatz vor der Küste Somalias zur Überwachung der Seegebiete und Eindämmung der Piraterie (44 Prozent; +ein Prozentpunkt), der KFORKosovo Force-Einsatz im Kosovo zur Stabilisierung der Balkanregion (44 Prozent; +drei Prozentpunkte) und die multinationalen Kampfgruppen im Rahmen der NATONorth Atlantic Treaty Organization Enhanced Forward Presence in Litauen zur gemeinsamen Ausbildung und Übung (40 Prozent; +drei Prozentpunkte).
Ansprechpartner für Presseanfragen:
ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr Pressestelle
ZMSBwPressestelle@bundeswehr.org
+49 331 9714-400
Projektleiter:
Dr. Markus Steinbrecher
MarkusSteinbrecher@bundeswehr.org
+49 331 9714-486
Leiter Forschungsbereich Militärsoziologie:
Dr. Heiko Biehl
HeikoBiehl@bundeswehr.org
+49 331 9714-549
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