Ende Januar 2017 hat Deutschland als Rahmennation die Führung eines multinationalen Bataillons, auch Battlegroup genannt, in Litauen übernommen und stellt dafür in Kürze die dritte Rotation. Beschlossen wurde die als „verstärkte Vornepräsenz“ (Englisch: Enhanced Forward Presence, abgekürzt EFPEnhanced Forward Presence) bezeichnete Stationierung auf dem NATONorth Atlantic Treaty Organization-Gipfel in Warschau im Juli 2016. Sie dient dem Sicherheitsbedürfnis der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten Polen, Litauen, Lettland und Estland, die sich aufgrund der Annexion der Krim und eine fortgesetzte Destabilisierung der Ukraine durch Russland bedroht fühlen.
Gleichzeitig erhofft sich die NATONorth Atlantic Treaty Organization durch EFPEnhanced Forward Presence einen Dialog mit Russland zu erreichen. Zwischen den Gastnationen und der NATONorth Atlantic Treaty Organization wurde vereinbart, dass die multinationalen Truppen halbjährlich gewechselt werden. Es gibt also keine dauerhafte Stationierung in den genannten Staaten. Auch dies ist ein Zeichen an Russland, dass die NATONorth Atlantic Treaty Organization ihre Mitglieder schützt, aber nicht an einem Konfrontationskurs interessiert ist. Die USA haben die Führung in Polen übernommen, Kanada und Großbritannien die in Lettland und Estland.
Die multinationale Battlegroup in Litauen besteht hauptsächlich aus einer deutschen Stabs- und Versorgungskompanie, einer deutschen, einer niederländischen, einer kroatischen Panzergrenadierkompanie, einer verstärkten norwegischen und französischen Panzergrenadierkompanie sowie einer belgischen Logistik-Komponente. Geführt wird die Battlegroup von Deutschland, das etwa 450 Soldaten entsendet. Belgien entsendet 60, Kroatien etwa 180 Soldaten, Norwegen 200 Soldaten und die Niederlande rund 250 Soldaten. Hinzu kommen Franzosen, Luxemburger und Isländer. Und falls erforderlich, etwa bei Übungsvorhaben, können zusätzlich 200 Pioniere, Artilleristen, Soldaten der Flugabwehr, Aufklärer und ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrsoldaten zeitweise nach Litauen verlegt werden. Der militärische Kernauftrag lautet: ausbilden, üben, abschrecken. Insgesamt bestehen die Battlegroups aus jeweils 1.000 multinationalen Soldaten, die die Kräfte der Gastländer verstärken.
Das Panzergrenadierbataillon 122 aus dem bayerischen Oberviechtach leistete mit den Verbänden der Panzerbrigade 12 die Pionierarbeit und stellte von Januar bis März 2017 die Einsatzbereitschaft her. Stützpunkt ist eine Kaserne der litauischen Streitkräfte nahe der Kleinstadt Rukla, etwa hundert Kilometer von der Hauptstadt Vilnius entfernt. Dort galt es zunächst die nötige Infrastruktur vor Ort sowie den Sanitätsbereich auf- und auszubauen. Der Verband verlegte mit seiner kompletten Ausrüstung und allen Gefechtsfahrzeugen, einschließlich der dazugehörigen Munition, nach Litauen.
Anfang August setzten Soldaten des Panzergrenadierbataillons 371 aus dem sächsischen Marienberg, genannt „Marienberger Jäger“, den Auftrag fort. In diese Zeit fiel auch der Besuch von Bundespräsident Steinmeier, der sich vor Ort ein Bild von den Aufgaben der Battlegroup verschaffte.
Gemeinsam mit den litauischen Streitkräften, allen voran der Iron Wolf Brigade, die über Großgerät wie die Panzerhaubitze 2000 oder den GTKGepanzertes Transport-Kraftfahrzeug Boxer verfügt, wurden die Übungsserien Iron Wolf und Flaming Thunder (Artillerieübung mit scharfem Schuss) aus dem Vorjahr fortgesetzt. Die Gefechtsübungen dienen in erster Linie dazu, einzuüben, wie das Vorrücken feindlicher Kräfte verzögert werden kann. Sie werden auf dem größten Truppenübungsplatz Litauens, Pabrade, ausgeführt. Gleichzeitig dienen diese Übungen dazu, dass sich die multinationalen Kräften sowie die litauischen Streitkräfte aneinander anpassen.
350 Soldaten des Jägerbataillons 292 der deutsch-französischen Brigade aus Donaueschingen werden im Februar 2018 als dritter Rotationsverband die Führung der EFPEnhanced Forward Presence-Battlegroup übernehmen. Zuvor bereitete sich dieser Verband im Simulationszentrum für Rahmenübungen in Pfullendorf mit Soldaten aus Frankreich, Kroatien und den Niederlanden auf die gemeinsame Stationierung in Litauen vor.
Die bisherige multinationale Zusammenarbeit hat offenbart, dass es im Bereich englischer Sprachkenntnisse unter den verschiedenen Nationen noch Defizite gibt, die behoben werden müssen. Auch was die schnelle Verlegefähigkeit schweren Materials über mehrere Staatsgrenzen hinweg angeht, hat es im vergangenen Jahr gehapert. Hier will die am 11. Dezember gegründete EUEuropäische Union-Verteidigungsunion eingreifen, indem bürokratische Hürden auf nationalen Ebenen abgeschafft werden sollen. Außerdem wird mit einem Netzwerk an Logistikzentren in Europa in den nächsten Jahren die Verlegefähigkeit von Truppen, Gerät und Material beträchtlich gesteigert werden. Das erste Jahr „verstärkte Vornepräsenz“ hat dafür entscheidende Erkenntnisse geliefert.
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