Zur Information und Diskussion über militärisch-operative Aspekte eines möglichen Einsatzes bewaffneter Drohnen durch die Bundeswehr hat das BMVgBundesministerium der Verteidigung eine Präsentation mit anschließender Diskussion unter Leitung des Parlamentarischen Staatssekretärs im BMVgBundesministerium der Verteidigung, Peter Tauber, veranstaltet.
Diese „Präsentation zu militärisch-operativen Aspekten bewaffneter Drohnen“ richtete sich an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Um möglichst vielen Interessierten die Gelegenheit zur Teilnahme zu ermöglichen, fanden zwei Veranstaltungen statt: am Montag, 25. Mai im Deutschen Bundestag, und am Dienstag, 26. Mai in der Vertretung des Freistaates Bayern beim Bund. Am Dienstag konnte die „Präsentation zu militärisch-operativen Aspekten bewaffneter Drohnen“ auch von 13 bis 15 Uhr per Livestream verfolgt werden. Die Aufzeichnung des Livestreams steht hier zur Verfügung.
Tauber sagte am Montag im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestags zum Auftakt der ersten von insgesamt vier Informationsveranstaltungen: Trotz Corona gebe es Themen, die nicht außer Acht gelassen werden dürften. Sie interessierten eine breite Öffentlichkeit. So das Thema bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr. Dieses werde gemäß einer Koalitionsvereinbarung vor der Entscheidung des Deutschen Bundestages breit diskutiert. Das BMVgBundesministerium der Verteidigung sei dabei ein Akteur. „Ich habe mich auch sehr über die faire Teilnahme an der Debatte in den sozialen Netzwerken gefreut“, sagte Tauber zum bisherigen Verlauf der Diskussion. Mit dieser Veranstaltung solle das Thema weiter unterfüttert werden.
Tauber hatte sich bereits im Vorfeld für die Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr ausgesprochen. Diese dienten vor allem dem Schutz der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Einsatz. Nach Ansicht des Parlamentarischen Staatssekretärs im BMVgBundesministerium der Verteidigung handelt es sich bei diesem Thema derzeit um eine der wichtigsten und kontroversesten sicherheitspolitischen Debatten in Deutschland. Klar sei , dass die Entscheidung des Deutschen Bundestages über eine mögliche Beschaffung von bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr überhaupt erst nach dieser breit geführten gesellschaftlichen Debatte fallen könne, so Tauber.
Die Bundeswehr setze bereits jetzt geleaste Beobachtungsdrohnen vom Typ Heron 1 im Einsatz ein. Die Drohnenpiloten der Bundeswehr steuerten sie vom Einsatzland aus. Sie fühlten so, wie die Truppe im Einsatzland fühle. Das werde auch im Falle eines möglichen Einsatzes bewaffneter Drohnen wie der Heron TP so sein.
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Generalleutnant Bernd Schütt, Abteilungsleiter Strategie und Einsatz im BMVgBundesministerium der Verteidigung, moderierte die Veranstaltung. Er betonte, der Schwerpunkt dieser Veranstaltungen liege auf den militärischen Aspekten des Themas. Es sei hoch aktuell. Denn bewaffnete Drohnen, welche Deutschlands Partner bereits einsetzten, seien schon jetzt integraler Bestandteil der Einsatzrealität. Schütt sprach sich aus Sicht eines militärischen Führers für die Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Einsatz aus. „Die Drohne bedeutet Schutz für die Truppe. Sie meldet Gefahr – sie beruhigt die Nerven der Truppe.“
Während der Präsentation wurde zunächst erläutert, welche besonderen Fähigkeiten ein Remotely Piloted Aircraft System bietet. Über die Darstellung von Bedrohungsszenarien am Beispiel des Einsatzgebietes in Afghanistan und den hier geltenden Einsatzregeln, den Rules of Engagement, kam es zum Kern der Präsentation. Im Mittelpunkt standen Fragen, wofür die Bundeswehr bewaffnete Drohnen benötigt, und wie und unter welchen Rahmenbedingungen diese eingesetzt werden könnten. Viele Fragen zu diesen Themenfeldern wurden den Experten der Bundeswehr in der Folge von den Abgeordneten und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gestellt. Es ging oft um facettenreiche Details, die wertvolle Beiträge zu den Meinungsbildern der Parlamentarier lieferten.
Fragen wie etwa: „Wie läuft der Entscheidungsprozess ab? Wie sieht das Einsatzkonzept aus? Entscheidet am Ende noch der Mensch oder künstliche Intelligenz einer Maschine?“ Und: „Wird die Risikolosigkeit einer Drohne dazu führen, dass sie leichtfertiger eingesetzt wird?“ Oder: „Schildern Sie die Einsatzszenarien bitte noch etwas genauer!“ Und auch: „Wenn wir diese Waffen beschaffen, was muten wir damit den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zu?“
Die vortragenden Offiziere der Bundeswehr gingen umfassend und differenziert auf die Fragen ein. Oberstleutnant i. G. Jan Smekal, Abteilung Planung im BMVgBundesministerium der Verteidigung, und Oberst Matthias Ehbrecht, Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr, führten zu ihren Erfahrungen aus dem Einsatzgebiet Afghanistan aus. Ihre Erläuterungen aus der Einsatzrealität wurden mit Schaubildern, Skizzen und Videos illustriert.
Smekal, ehemaliger Tornado-Aufklärungspilot der Luftwaffe, verfügt unterdessen über zehn Jahre Erfahrung als Pilot der Aufklärungsdrohne Heron 1. Er sagte den Parlamentariern, er sei in den Einsatz nach Afghanistan gegangen, um dort die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zu unterstützen. In dieser Zeit habe er aus seinen konkreten Erfahrungen heraus einen Wandel vollzogen. Denn in gewissen Situationen habe er mit der Aufklärungsdrohne nicht mehr helfen können, weil ihm damit zum Schutz von Truppen am Boden keine Waffen zur Verfügung gestanden hätten. Deshalb befürworte er heute bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr.
Smekal zog den Vergleich zu seinen Flugerfahrungen im Tornado-Cockpit zu denen des Drohnen-Piloten, ohne diese Funktionen gegeneinander auszuspielen. Es sei so, dass der Pilot am Himmel mit seinen Gedanken nicht so unmittelbar am Geschehen am Boden involviert sein könne, wie es der Drohnen-Pilot am Schirm sei. Er bekomme ein detaillierteres Lagebild durch eine Reihe von Beratern und weiteren Informationen. Genauer als der Pilot im Kampfjet könne der Drohnenpilot daher Details der Einsatzsituation erkennen: Kinder, die in Dörfern spielen. Das deute zum Beispiel auf eine vergleichsweise sichere Situation für Patrouillen hin. Oder das Gegenteil, das Gefahr signalisiere: Aufständische, die eine Panzerfaust auf den Schultern mit sich führten. Das sei ebenfalls genau zu erkennen, wie Videos zeigten. Smekal wählte diese Beispiel, weil er deutlich machen wollte: Bewaffnete Drohnen können im Ernstfall sehr genau und lange beobachten, wertvolle Hinweise zur Beurteilung der Lage liefern, und dann auch Ziele präzise bekämpfen. Das minimiere das Risiko für die Zivilbevölkerung.
Mit teils aufrüttelnden Videosequenzen machte Smekal deutlich, dass in diesen konkreten Situationen mit Beobachtungsdrohnen allein nicht geholfen werden konnte. So etwa, als Aufständische gefangene afghanische Polizisten töteten. Hier hätte eine bewaffnete Drohne zum Schutz der Gefangenen eventuell noch eingreifen können. Nur mit einer Beobachtungsdrohne sei der Drohnenpilot in dieser Situation „verdammt zum Zuschauen“. Davon gehe eine hohe emotionale Belastung aus, diese könne „emotional erdrückend“ sein.
Smekal trat dem Zerrbild eines angeblich enthemmten Drohnenpiloten am Joystick klar entgegen. Das könne bei Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr nicht der Fall sein. Nach dem Prinzip des „offenen Cockpits“ würden alle Entscheidungen dokumentiert. Deutsche Drohnen-Piloten handelten auf der Grundlage eines klaren Mandats des Bundestags, klarer Einsatzregeln auf Basis des Völkerrechts und gemäß den Grundsätzen der Inneren Führung. Smekal illustrierte dies mit dem Bild einer festen Bodenplatte, auf der die deutschen Soldatinnen und Soldaten handelten. Diese sei eingezäunt, was er als Einhegung des Handlungsfundaments mit klaren Regeln verstanden wissen wollte. Ein Fundament, auf dem der Mensch sich die letzte Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Drohnen stets vorbehalte. So sei es auch möglich, dass Einsätze bis kurz vor Abschluss abgebrochen werden könnten.
Oberst Matthias Ehbrecht berichtete plakativ von seinen Erfahrungen aus dem Einsatzgebiet Afghanistan. Aus seiner Zeit im deutschen Feldlager Camp Pamir im afghanischen Kundus. Es gebe dort seit Jahren eine signifikante Bedrohung der deutschen Soldatinnen und Soldaten durch Steilfeuer. Zum Teil seien während seiner Zeit sechs Raketenangriffe auf das Camp pro Tag registriert worden. Er schilderte Situationen, in denen, wie er sagte, „die Kameradinnen und Kameraden großes Glück gehabt hätten“. Aufnahmen von Raketeneinschüssen dokumentierten seinen Bericht. In diesen Momenten, so Ehbrecht, hätten sich alle im Feldlager bewaffnete Drohnen zum Schutz gewünscht. Sie würden eine Fähigkeitslücke der Bundeswehr schließen.
Tauber dankte abschließend für die Fragen der Parlamentarier, für die Informationen der Soldaten, für ihre teils persönlichen und emotionalen Schilderungen aus dem Einsatz – und für eine faire, offene und breite Diskussion.
Diese über zwei Tage angesetzte „Präsentation zu militärisch-operativen Aspekten bewaffneter Drohnen“, inklusive Livestream und Berichterstattung per Twitter, fand im Kontext eines breit angelegten, crossmedial und interaktiv geführten gesellschaftlichen Dialogs statt.
Dazu hatte das BMVgBundesministerium der Verteidigung am 11. Mai zum Auftakt eine Podiumsdiskussion mit Expertinnen und Experten aus Bundeswehr, Politik, Wissenschaft, Kirchen und Vertretern weiterer gesellschaftlicher Institutionen gestartet und dabei die Öffentlichkeit via Twitter und E-Mail eingebunden. Es folgte am 18. Mai ein Livechat mit Tauber und dem Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn.
In dieser Folge stellte die „Präsentation zu militärisch-operativen Aspekten bewaffneter Drohnen“ für Abgeordnete des Deutschen Bundestages und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen weiteren Beitrag des BMVgBundesministerium der Verteidigung zur gesellschaftlichen Debatte zum Thema dar.
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