Annegret Kramp-Karrenbauer besucht die zweite Sitzung des Digitalrates im Ministerium. In der Coronakrise würden die Vorteile der Digitalisierung sichtbar, so der Tenor – dies müsse stärker genutzt werden.
Der Ton streikt, die Videokonferenz muss kurz unterbrochen werden. Die Verteidigungsministerin nimmt es gelassen. Annegret Kramp-Karrenbauer kennt die Tücken der ITInformationstechnik genauso gut wie alle anderen Angehörigen der Bundeswehr. Ein Neustart des Rechners schafft schließlich Abhilfe: Die zweite Sitzung des Digitalrates im Verteidigungsministerium kann fortgesetzt werden. Es geht doch.
Was bei der ersten Sitzung des Expertengremiums vor einem halben Jahr als Option für künftige Sitzungen angedacht worden war, ist inzwischen gängige Praxis geworden: digitale Besprechungen. Corona macht es nötig. „Wie wollen wir in Zukunft arbeiten? Wie müssen wir uns für die Digitalisierung aufstellen?“, fragt die Ministerin in die virtuelle Runde. Es gelte, sich nicht in Einzelheiten zu verzetteln, sich nicht in der Komplexität des Themas zu verlieren. Es geht ums große Ganze – trotz widerspenstiger Technik.
„Corona zeigt, dass vieles möglich ist, was vorher undenkbar war“, sagt Kramp-Karrenbauer. Aus der Not heraus könne vieles bewegt werden – wie beispielsweise das Thema mobiles Arbeiten zeige. Und auch wenn die ITInformationstechnik-Sicherheit gerade für die Bundeswehr eine große Herausforderung sei, dürfe das unter vielen Angehörigen der Bundeswehr verbreitete Sicherheitsdenken digitale Innovationen nicht verhindern. Stattdessen gehe es nun vor allem um eines: Umsetzungsgeschwindigkeit.
Besonders geschwind unterwegs: Die „Schnellboote“ – Digitalisierungsprojekte, die sowohl in der Planung als auch in der Umsetzung rasch voranschreiten. Ein Beispiel: die Software für die kostenfreie Nutzung des Bahnverkehrs. „Ab sofort können alle Soldatinnen und Soldaten ihre eToken für das Bahnfahren per App herunterladen“, meldet BWI-Geschäftsführer Martin Kaloudis Vollzug. Ein anderes weit fortgeschrittenes Digitalisierungsprojekt ist die Einführung einer virtuellen Arbeitsumgebung zwischen den Dienstsitzen des Verteidigungsministeriums. Schon ab Sommer sollen die ersten Mitarbeiter in Bonn und Berlin testweise damit arbeiten.
Das stimmt zuversichtlich – auch aus Sicht von Generalleutnant Michael Vetter, der im Ministerium die Abteilung Cyber- und Informationstechnik leitet. Die Cyberagentur – ein gemeinsames Projekt mit dem Innenministerium – wird in Kürze gegründet; an dem Institut sollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum Thema Cybersicherheit forschen. Vetter zeigt sich überzeugt, dass die Chancen der Digitalisierung – auch wegen Corona – nun endlich allen Bundeswehrangehörigen klar geworden sind. „Wir müssen das jetzt noch offener kommunizieren“, meint Vetter. Digitalisierung von oben anzuordnen, funktioniere nicht. „Wir müssen die Leute abholen und mitnehmen“, so der Abteilungsleiter.
Um das Verwaltungshandeln zu erleichtern, wird auf Datenanalyse gesetzt. Sogenannte Dashboards zeigen den Fortschritt optisch an. So kann zum Beispiel gezeigt werden, wie viel CO2Kohlendioxid-Emissionen durch den Verzicht auf Dienstreisen und Videokonferenzen eingespart werden können. Das ist der Vorschlag von Lena-Sophie Müller von der Initiative D21. Sie möchte die Vorteile der Digitalisierung stärker in den Vordergrund gerückt sehen, um mehr Akzeptanz für die Maßnahmen zu erzeugen. „Nachhaltigkeit eignet sich praktisch wie auch politisch als Anwendungsbeispiel. Durch Dashboards werden die Vorteile der Digitalisierung nachvollziehbarer und greifbarer“, sagt Müller. Die Lehren aus der Coronakrise sollten künftig spürbar in die Umsetzung der Schwerpunktthemen digitale Souveränität, Schnellboote und Nachhaltigkeit einfließen, so die einhellige Meinung des Digitalrats.
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