Am 15. September 2020 fand der strategisch-politische Dialog „Streitkräfte im digitalen Zeitalter„ im Rahmen der deutschen EUEuropäische Union-Ratspräsidentschaft statt. Bei dem durch das Verteidigungsministerium organisierten strategisch-politischen Dialog diskutierten Expertinnen und Experten aus EUEuropäische Union-Institutionen und -Mitgliedstaaten virtuell die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung sowie neuer Technologien. Im Vordergrund stand die Frage nach der Bedeutung digitaler Resilienz und digitaler Souveränität für die Streitkräfte.
Die Digitalisierung der Streitkräfte der EUEuropäische Union-Mitgliedstaaten ist ein zentrales Zukunftsthema und trägt unmittelbar zur Stärkung der Handlungsfähigkeit der EUEuropäische Union bei. Fest steht: Die europäische Zusammenarbeit in diesem Bereich muss noch enger werden.
Generalleutnant Michael Vetter, Leiter der Abteilung Cyber/Informationstechnik (CITCyber- und Informationstechnik) und Chief Information Officer (CIOChief Information Officer) im Verteidigungsministerium, eröffnete den Dialog. „Die Digitalisierung bietet jedoch nicht nur Chancen“, so Vetter. „Sie erhöht auch die Verwundbarkeit der europäischen Bürger, Unternehmen und öffentlichen Infrastrukturen für Bedrohungen aus dem Cyber- und Informationsbereich.“ Daher müsse die Widerstandsfähigkeit der EUEuropäische Union auch im digitalen Raum und durch digitale Lösungen gefestigt werden. Die Beschleunigung der Umsetzung der Digitalisierung, aber auch Resilienz und digitale Souveränität seien laut Vetter die aktuellen Themen, die einen entscheidenden Einfluss auf die Weiterentwicklung der Streitkräfte und das Gefechtsfeld von morgen haben werden. Die COVID-19Coronavirus Disease 2019-Pandemie habe zudem die Notwendigkeit verdeutlicht, digitale Technologien dafür einzusetzen, dass agiles Handeln ermöglicht wird, um sich lageangepasst verhalten zu können.
Die digitale Widerstandsfähigkeit ist auch auf europäischer Ebene eine wichtige Aufgabe, insbesondere für Operationen und Missionen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik). Das erste Panel wurde daher durch eine Keynote von Generalmajor Giovanni Manione, dem stellvertretenden Generaldirektor des Militärstabs der Europäischen Union, eröffnet. „Die COVID-Pandemie hat schnelle Entscheidungen und Implementierungen erzwungen und war somit auch eine Chance für die Digitalisierung der Streitkräfte.“ Dabei stellt aber die damit verbundene starke Nutzung von Commercial-off-the-shelf-Produkten durchaus eine Herausforderung für das Militär dar. „Härtung ist erforderlich, um die Führungsfähigkeit auch ‚under attack#en‘ sicherzustellen.“
Um digital resilienter zu werden, bedarf es einer Stärkung der nationalen und europäischen digitalen Souveränität. Hierfür „müssen wir ein gemeinsames europäisches Verständnis der digitalen Souveränität entwickeln“, sagte Vetter. „Aus unserer Sicht umfasst die digitale Souveränität fünf Handlungsfelder: Einsatz vertrauenswürdiger ITInformationstechnik, Aufbau von Schlüsseltechnologien, Aufrechterhaltung der zentralen Befehls- und Kontrollfähigkeiten, Steigerung der Innovationsfähigkeit und Förderung digitaler Kompetenzen.“ Digitale Souveränität bedeute, über die notwendigen Fähigkeiten im Cyber- und Informationsbereich zu verfügen, um den verfassungsmäßigen Auftrag sicher, unabhängig und frei von unerwünschtem Einfluss Dritter zu erfüllen.
Die Thematik digitale Souveränität ist in den EUEuropäische Union-Institutionen und Mitgliedstaaten bereits länger präsent. „Die Hälfte der eingereichten PESCOPermanent Structured Cooperation-Projekte im Jahr 2019 wiesen einen Bezug zur Digitalisierung auf“, sagte Olli Ruutu, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Europäischen Verteidigungsagentur. Ruutu betonte, dass digital-militärische Anforderungen klar europäisch definiert und standardisiert werden müssen, denn nur ein gemeinsamer Ansatz sei hier erfolgversprechend.
Die Notwendigkeit der Interoperabilität zwischen den Partnern fand auch bei den weiteren hochrangigen Teilnehmern Zustimmung. So betonte unter anderem Cecilia Bonefeld-Dahl, Direktorin von Digitaleurope, dass sich digitale Souveränität immer in unterschiedlichen Strängen entwickle. Kein Staat werde jemals führend in allen digitalen Domänen sein können. Digitale Expertise und Stärke werden sich immer auf unterschiedliche Staaten verteilen. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, käme der Kooperation in der Europäischen Union und der NATONorth Atlantic Treaty Organization hohe Priorität zu.
Der strategisch-politische Dialog ist der Beginn einer Reihe von Veranstaltungen, die aus Konferenzen, Tagungen, Vorträgen und Seminaren bestehen werden. Diese unterstützen den Austausch und die Entwicklung eines gemeinsamen europäischen Verständnisses für die Digitalisierung. Diese Reihe wird in der Konferenz CODE 2020 des Forschungsinstituts CODE für Cybersicherheit von Bundeswehr und Bundesregierung an der Universität der Bundeswehr München am 10. November gipfeln. Hier lädt Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer zu einer Debatte über Cybersicherheit und digitale Souveränität in der Europäischen Union ein.
2. Panel Anforderungen der Streitkräfte an eine Digitale Souveränität: Olli Ruutu, stv. Chief Executive, Europäische Verteidigungsagentur; Jakub Boratynski, Direktor Digitale Gesellschaft, Vertrauen und Cybersicherheit (acting), Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien, Europäische Kommission; Cecilia Bonefeld-Dahl, Direktorin, Digitaleurope; Antonio Missiroli, Assistant Secretary General for Emerging Security Challenges, NATONorth Atlantic Treaty Organization; GenLt Michael Vetter, Abteilungsleiter Cyber/ITInformationstechnik, BMVgBundesministerium der Verteidigung; Moderation: Daniel Fiott, Institut der Europäischen Union für Sicherheitsstudien |
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