Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat ihre französische Amtskollegin Florence Parly in Paris besucht. Beide Ministerinnen haben erneut die Absicht unterstrichen, gemeinsam Triebwerke des neuen Kampfflugzeuges „Next Generation Weapon System“ (NGWSNext Generation Weapon System) zu entwickeln. Nahe der französischen Hauptstadt besichtigten sie die zukünftigen Produktionshallen und weihten eine neue Werk- wie Forschungsstätte für den Flugzeugantrieb ein. Abschließend wurde ein deutsch-französisches Partnerschaftsabkommen zur gemeinsamen Produktion unterzeichnet – mit der Option für weitere Partner.
Beide Ministerinnen überzeugten sich vor Ort von den Möglichkeiten der Entwicklung: Von Hydraulikpressen, die glühenden Stahl zu Triebwerksteilen formen, bis zu filigranen Wachsmodellen, die im Schmelzofen mit Stahl ausgegossen werden. Roboterarme und Menschenhände sorgen für Feinarbeit und High-Tech „Made in Europe“: „Diese Kumulierung von Technologie ist beeindruckend“, sagte von der Leyen vor Triebwerkschaufeln, Brennkammern und Hitzeschilden. Die eingeweihte Produktionshalle ist zugleich Forschungsplattform, denn hier soll das erste Turbinenmodell für das neue Kampfflugzeug entwickelt werden. Der Antrieb des Kampfjets muss höchste aerodynamische Anforderungen erfüllen, da er wesentlich für die Flugeigenschaften verantwortlich ist.
„Exzellenz wird erreicht, wenn man nach Perfektion strebt“, so die französische Verteidigungsministerin. Die neue Forschungseinrichtung sei ein Ort „geistiger Innovation“, sagte Parly. Sie sprach der deutsch-französischen Industrie ihr Vertrauen aus, denn „Talent, Kreativität und Beharrlichkeit“ seien hier zuhause. „Hier wird die Zukunft gemacht“, stimmte ihr Ursula von der Leyen zu. „Deutschland und Frankreich vertiefen ihre Zusammenarbeit zum Nutzen unserer Länder, der EUEuropäische Union und unserer Verteidigung“, erklärte die Ministerin. Das deutsch-französische Verhältnis ist für sie ein Schulterschluss: „Wir sind Freunde und wir sind Partner – gleichrangig und auf Augenhöhe.“ Für andere europäische Länder, beispielsweise Spanien, sei das Rüstungsprojekt aber nicht verschlossen, sondern weit geöffnet. Den Startschuss gab sie daher demonstrativ auf Englisch: „Get down to work now, make it fly!“
Der Strahlantrieb soll vom französischen Technologiekonzern Safran Aircraft Engines und dem deutschen Unternehmen MTU Aero Engines aus München entwickelt werden. Beide Unternehmen arbeiten seit über 50 Jahren zusammen. Safran Aircraft Engines produziert beispielsweise Antriebssysteme für den Transportflieger Airbus A 400M, das französische Kampfflugzeug Rafale, aber auch Triebwerke für Ariane-Raketen der Europäischen Weltraumorganisation (ESAEuropean Space Agency). Das Unternehmen MTU, die „Motoren- und Turbinen-Union“, ist der führende Triebwerkshersteller Deutschlands. Im neuen Projekt soll MTU die Niederdruckturbine sowie die Hoch- und Niederverdichter produzieren. Safran ist für die Brennkammer, Hochdruckturbine und Nachbrenner verantwortlich.
Deutschland und Frankreich führen ihre Luftstreitkräfte gemeinsam in die Zukunft: Die Entwicklung des „Next Generation Weapon System“ (NGWSNext Generation Weapon System) ist in den Wirkverbund des neuen „Future Combat Air System“ (FCASFuture Combat Air System) eingebettet. NGWSNext Generation Weapon System ist als bemanntes Kampfflugzeug der nächsten Generation geplant. Es soll taktische Kampfflugzeuge der dritten und vierten Generation, wie Tornado, Eurofighter oder Rafale, sukzessive ersetzen. Das NGWSNext Generation Weapon System soll aber auch unbemannte Systeme wie Drohnen einsetzen können.
Die Schlüsseltechnologie FCASFuture Combat Air System beschreibt kein einzelnes Flugzeug, „sondern einen Systemverbund“, so die Militärische Luftfahrtstrategie des deutschen Verteidigungsministeriums. FCASFuture Combat Air System soll als „System of Systems“ ab 2040 alle Komponenten im Luftkampf verbinden – bemannt wie unbemannt. Ziel ist ein Großsystem für verschiedene Einzelsysteme. Mehr als 20 Jahre bis zur Einsatzreife scheinen weit entfernt, doch 2040 ist in der Luftfahrttechnik fast schon „morgen“. Die FCASFuture Combat Air System-Entwicklung führt zwar Frankreich an, ist aber vor allem „ein Symbol für die militärische Zusammenarbeit beider Länder“, so Florence Parly.
Deutschland und Frankreich kooperieren traditionell in der Verteidigung: Rüstungsvorhaben der Luftstreitkräfte werden seit Jahrzehnten multinational bewältigt, wie der Eurofighter oder A400M zeigen. „Aus Fehlern haben wir aber gelernt“, wie von der Leyen erklärte. Multilaterale Kooperation dient dem europäischen Dialog, Wirtschaftlichkeit und Fortschritt. Schulterschlüsse in der Entwicklung, und Produktion reduzieren die Kosten und die Typenvielfalt der Nationen. Das NGWSNext Generation Weapon System und FCASFuture Combat Air System sind vom Umfang wie vom Technologieanspruch eines der wichtigsten Projekte der europäischen Verteidigungspolitik: Es sichert Technologiehoheit und Handlungsfähigkeit für die nächsten Dekaden.
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