Die Bundesregierung legt ein Positionspapier zur rechtlichen Einordnung von Operationen im Cyber- und Informationsraum vor. Für sie sollen vergleichbare Regeln gelten wie für konventionelle Operationen.
Die Digitalisierung schreitet weltweit rasant voran, doch das Internet ist vielfach noch immer eine rechtliche Grauzone. Insbesondere gilt dies für die Regulierung zwischenstaatlicher Konflikte: Während die Staatengemeinschaft für konventionelle Auseinandersetzungen einen Konsens gefunden und diesen im Völkerrecht kodifiziert hat, ist dies im Cyber- und Informationsraum noch nicht der Fall.
Bislang gibt es keine gemeinsame Auffassung dazu, was im Rahmen von Cyberoperationen erlaubt ist und was nicht. Das nutzen manche Staaten für ihre Zwecke. In der konventionellen Kriegsführung ist der Einsatz von Giftgas beispielsweise verboten. Gezielte Attacken auf Zivilisten gelten ebenfalls als Kriegsverbrechen. Im Netz gibt es keinen vergleichbaren Konsens. Deshalb hat die Bundesregierung jetzt ein Positionspapier zur Anwendung des Völkerrechts im Cyberraum vorgelegt, um die internationale Diskussion über das im Cyberraum anwendbare Recht in Schwung zu bringen.
Deutschland ist überzeugt, dass das internationale Recht inklusive der UNUnited Nations-Charta und dem internationalen humanitären Völkerrecht ohne Einschränkungen auch im Kontext des Cyberspace angewandt werden mussAus dem „Positionspapier zur Anwendung des Völkerrechts im Cyberraum" vom März 2021
Das Positionspapier, welches vom Auswärtigen Amt mit Unterstützung des Verteidigungsministeriums erarbeitet wurde, lehnt sich inhaltlich eng an das Tallinn-Manual 2.0 an. Dieses Dokument aus dem Jahr 2017 widmet sich als unverbindliche, wissenschaftliche Studie des NATONorth Atlantic Treaty Organization Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence dem im Cyberraum anwendbaren Völkerrecht.
Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass das Völkerrecht auch im Cyber- und Informationsraum zur Anwendung kommt. Der Grundsatz der territorialen Souveränität solle auch für das Internet gelten, da auch digitale Infrastrukturen innerhalb von Landesgrenzen lägen. In der Folge seien Cyberangriffe gegebenenfalls als völkerrechtswidrige Eingriffe in die territoriale Souveränität zu bewerten, gegen die sich die betroffenen Staaten mit digitalen und konventionellen Mitteln zur Wehr setzen könnten.
Ob ein Angriff von einem Staat oder von einem mit einem Staat verbundenen Akteur wie etwa einem Hackerkollektiv ausgeht, ist dabei unerheblich. Völkerrechtliche Gegenmaßnahmen sollen jedenfalls dann erlaubt sein, wenn ein Angriff mit dem eindeutigen Einverständnis eines Staates erfolgte.
Die Bundesregierung plant, das Positionspapier auch auf internationaler Ebene zur Debatte zu stellen. Abzuwarten bleibt, wie der Vorstoß Deutschlands in der internationalen Gemeinschaft aufgenommen wird.
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